Erinnern am Heldenplatz: "Der Typ ist da oben gestanden und hat gesprochen"

Erinnern am Heldenplatz: "Der Typ ist da oben gestanden und hat gesprochen"
Vor allem Jugendliche sollen bei Rundgängen verstehen lernen, warum der 8. Mai ein Tag der Freude ist.

Es ist das Fest der Freude, das Österreich am 8. Mai begeht. Doch um die Bedeutung dieses Datums und damit den Grund zur Freude zu verstehen, muss man auch das Dunkel kennen. Jenes Dunkel, das der Nationalsozialismus über Österreich, Europa und schließlich die Welt gebracht hat.

Heute ist es eine Gruppe Jugendlicher von Jugend am Werk, die auf dem Wiener Heldenplatz steht und nach oben zum Balkon über dem Haupteingang der Neuen Burg blickt. Der 19-jährige Sebastian weiß, warum dieser Ort für die Geschichte Österreichs so zentral ist: „Der Typ ist da oben gestanden und hat gesprochen“, sagt er.

Natürlich weiß Sebastian, dass „der Typ“ Adolf Hitler hieß, und weil er sich für Geschichte interessiert, weiß Sebastian auch, dass Hitler 1938 von diesem Balkon aus vor 250.000 jubelnden Anhängern den Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich verkündet hat. Doch das so auszuformulieren, das merkt man, ist ihm zu gruselig.

Der „Hitler-Balkon“ ist nur eine Station des zweistündigen Rundgangs, an dem die Jugendlichen heute teilnehmen. Es folgen unter anderem das Deserteursdenkmal oder das äußere Burgtor. Im Vorfeld zum Fest der Freude bietet das Mauthausen-Komitee die Rundgänge kostenlos an – nicht nur, aber vor allem für junge Menschen. „Auch für die Überlebenden war Jugendarbeit immer von besonderer Bedeutung“, sagt Christa Bauer, Geschäftsführerin des Mauthausen-Komitees Österreich.

Von Lueger bis Waldheim

Die heutige Jugendgruppe befindet sich gerade in der Ausbildung, um Gärtner zu werden. In der Berufsschule haben sie zwar Politische Bildung, aber nicht Geschichte, erzählt der 18-jährige Maximilian. Darum interessiert ihn, was die Guides Stephan Turmalin und Erik Stettler erzählen, besonders. Und obwohl sie keinen Geschichtsunterricht haben, wissen die Jugendlichen viel über den Krieg, die Verbrechen der Nazis und auch den 8. Mai. „Eigentlich sollte er ein Feiertag sein“, sagt Sebastian.

Wer nun genau Kurt Waldheim war, dabei tun sich die Jugendlichen dann schon schwerer, dafür diskutieren sie mit den Guides darüber, was mit der Lueger-Statue passieren soll oder erklären dem KURIER, warum sie sich nicht darauf verlassen, dass für immer Frieden in Österreich sein wird. „Es wiederholt sich alles, weil es halt Menschen sind“, sagt Sebastian. Und heutzutage, glaubt er, hätten es die Nazis sogar noch leichter – wegen der fremdenfeindlichen Stimmung und der schnelleren Verbreitung von Fake News über Social Media.

Wie um das zu betonen, hält Rundgang-Leiter Erik Stettler ein Bild der jubelnden Menge aus dem März 1938 hoch. „Ein bisschen davon ist in jedem von uns“, sagt er. Dann zeigt er ein Bild vom Lichtermeer auf dem Heldenplatz 1993, als gegen das Anti-Ausländer-Volksbegehren protestiert wurde. „Aber auch ein bisschen hiervon. Wenn wir es schaffen, dass das hier stärker ist“, sagt er und hält das Bild vom Lichtermeer hoch, „dann haben wir es geschafft.“

Rundgänge finden kostenlos von 25. 4. bis 8. 5. statt, Anmeldungen unter www.festderfreude.at

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