Ende im monströsen Grasser-Prozess: "Irgendwann ist genug gesagt"
Man könnte es fast schon als Ironie des Schicksals bezeichnen: Ausgerechnet am Tag der Budgetdebatte, wo ein Staatshaushalt mit einem Rekordminus von 21 Milliarden Euro beschlossen wird, hält der ehemalige Nulldefizit-Finanzminister Karl-Heinz Grasser seine Schlussrede beim Buwog-Prozess. Früher kämpfte er um einen ausgeglichenen Haushalt, gestern kämpfte er um seine Existenz.
Es sind durchaus emotionale Worte zum Prozessfinale, die Grasser an die Richterin Marion Hohenecker (bei ihr bedankte sich der Ex-Minister für die faire Prozessführung) und die Schöffen richtet. Seine Hauptbotschaft: Das Gericht habe ihm das Vertrauen in die Justiz wieder zurückgegeben, das er bei den Ermittlungen gegen ihn verloren hatte. Der frühere Justizminister Wolfgang Brandstetter habe ihm nämlich damals – in Anwaltsfunktion – sinngemäß gesagt, die Staatsanwälte „wollen Sie hängen sehen, warum auch immer“. Das habe ihm Angst gemacht, so Grasser. Aber er sei unschuldig und hoffe auf ein „gerechtes Urteil“.
Nach elf Jahren Ermittlungen und Prozess kam der Zweitangeklagte Walter Meischberger zu dem Schluss: „Irgendwann ist genug gesagt.“ Die Sache liege entscheidungsreif am Tisch. Trotz aller „schiefen Optik“ habe er rechtmäßig gehandelt. Die lange Verfahrensdauer habe ihn nachhaltig geschädigt. „Elf Jahre meines Lebens kann mir niemand zurückgeben, auch das Gericht nicht, aber vielleicht meine Reputation.“
Neues aufgetaucht
Vor dem Start der Schlussworte gab es wiederum ein kleines Überraschungsmoment, das einmal mehr die Ermittlungsmethoden der Staatsanwaltschaft infrage stellte. Juristen-Urgestein Herbert Eichenseder, er vertritt Grassers Ex-Vermögensberater Norbert Wicki, legte die Einstellung des Verfahrens gegen die Schweizerin Sibylle R. bereits 2016 vor. Gegen sie wurde wegen Beweismittelfälschung, Geldwäsche und Begünstigung ermittelt.
Welche Rolle spielte die Schweizerin? Sie war Managerin bei Grassers Ex-Vermögensberater Wicki, der auch auf der Anklagebank sitzt. Sämtliche relevanten Verträge, die im Buwog-Prozess eine große Rolle bei den Geldflüssen spielen – etwa der Kreditvertrag zwischen Meischberger und der Mandarin-Gesellschaft, der Treuhandvertrag zwischen Grasser und der Mandarin – tragen die Unterschrift der Schweizerin.
Jetzt kommt das Kuriosum: Genau wegen derselben Delikte und desselben ausermittelten Sachverhalts hat Oberstaatsanwalt Gerald Denk am 20. Juli 2016 (genau einen Tag nach der Einstellung des Verfahrens gegen die Schweizerin) Anklage gegen Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Gerald Toifl (er ist der Ex-Anwalt von Meischberger) und Grassers Ex-Vermögensberater Wicki eingebracht. Weder Wicki noch Toifl haben allerdings die Verträge unterschrieben, sondern die Schweizerin Sibylle R. Bei der Schweizerin reichte der Sachverhalt nicht für eine Anklage, aber bei den anderen schon? Eine interessante Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft.
Kommentare