Elitenförderung heißt auch, das Handwerk zu fördern

Lehre aufwerten. Statt sinnlos Berufe zu akademisieren, sollte lieber die in Westösterreich funktionierende Fachkräfteausbildung gestärkt werden.

Europameister! Österreich hat bei Bildungstests ja selten Grund zu jubeln, doch in der vergangenen Woche gewannen heimische Lehrlinge und junge Fachkräfte die "EuroSkills 2014". Weltweit ist Österreich Vorbild für die Berufsausbildung, obwohl sie im eigenen Land immer weniger gilt. OECD-Experten reden uns nämlich seit Jahr und Tag ein, die Zahl der Akademiker dringend zu erhöhen. Seither hat selbst der schwindligste Bachelor-Abschluss ein höheres Ansehen als ein Meister, obwohl dessen Berufsaussichten und Verdienstchancen häufig deutlich besser sind.

Westlich von St. Pölten funktioniert die Lehrlingsausbildung ja noch hervorragend – bei den EuroSkills fiel vor allem Oberösterreich auf: Von dort kamen sieben Auszeichnungen, aus Vorarlberg vier, aus Wien nur eine. In der Ostregion hat die Überforderung der Pflichtschulen mit Integrationsaufgaben zuerst das Image der Hauptschule und dann jenes der handwerklichen Berufe beschädigt. Hier wächst die Zahl der Jugendlichen ohne Qualifikation und Perspektive in erschreckendem Maße. Auch wenn sie von staatlichen Lehrwerkstätten aufgefangen werden, sind diese jungen Leute für den freien Markt oft nicht gerüstet. Ihnen fehlen manchmal simpelste Fähigkeiten, etwa Pünktlichkeit. Sie zu motivieren, sich nicht auf ein Leben als Mindestsicherungsempfänger einzustellen, ist eine unterschätzte Herausforderung für die Politik. Das ganze Land braucht Fachkräfte – je gebildeter, desto besser.

Daher ist es absurd, dass man zwar von der Schule fordert, Stärken zu stärken – in der Bildungspolitik aber darauf vergisst. Der Wettbewerbsvorteil der dualen Ausbildung ließe sich ausbauen. Statt Geld für Gesamtschulmodelle in Regionen zu stecken, wo es gar kein Gymnasium gibt (Zillertal, Bregenzerwald: dort sind die Hauptschulen ohnehin quasi Gesamtschulen), könnte man eine Modellregion "Lehre mit Matura" schaffen. Solche Schulen gibt es derzeit kaum, sie hätten aber großes Zukunftspotenzial. Das meinen übrigens auch erfolgreiche Unternehmer wie KTM-Chef Stefan Pierer.

Schüler, die es nicht bis zur Matura schaffen, könnten ja in die "normale" Lehrlingsausbildung abzweigen – vielleicht aber später einen höheren Abschluss nachholen. "Elite ist das Einzige, was zählt", meinte Genetiker Markus Hengstschläger Donnerstagabend bei einer Veranstaltung in Wien. Er hat recht – und das gilt natürlich auch für das Handwerk.

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