Staatsschutz deckt russische Desinformationskampagne in Österreich auf

Staatsschutz deckt russische Desinformationskampagne in Österreich auf
Eine Bulgarin steht im Verdacht, für Russland spioniert zu haben und maßgeblich für die Durchführung einer von dort aus gesteuerten Desinformations-Operation gegen die Ukraine verantwortlich zu sein.

Zusammenfassung

  • Ermittler der DSN deckten eine russische Desinformationskampagne in Österreich auf, die von einer bulgarischen Verdächtigen organisiert wurde.
  • Ziel der Kampagne war es, die öffentliche Meinung gegen die Ukraine zu beeinflussen und pro-russische Stimmungen zu fördern.
  • Die Operation umfasste sowohl Online- als auch Offline-Aktivitäten und nutzte rechtsextreme Symbolik, um demokratische Werte zu untergraben.

Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat bei Spionageermittlungen gegen eine Bulgarin "eine umfangreiche russische Desinformationskampagne in Österreich" aufgedeckt. 

Die Frau soll maßgeblich für die Durchführung einer von Russland aus gesteuerten Desinformationsoperation verantwortlich gewesen sein, teilte die DSN am Montag in einer Aussendung mit. Zweck dieser verdeckten Kampagne war es, die öffentliche und politische Meinung zum Nachteil der Ukraine und Vorteil Russlands zu manipulieren.

Laut Staatsanwaltschaft Wien ist das alles schon seit Dezember bekannt.

Verbindungen zu Marsalek

Die Frau ist laut Sprecherin des zuständigen Innen-Staatssekretärs Jörg Leichtfried (SPÖ) "derzeit auf freiem Fuß." Die Sprecherin bestätigte weiters, dass Verbindungen zwischen der Bulgarin und einer mutmaßlich im Auftrag von Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek in Großbritannien agierenden Zelle bestehen. Jüngst waren in einem spektakulären Fall der Spionage für Russland in London zwei Frauen und ein Mann aus Bulgarien schuldig gesprochen worden.

Die Bulgarin war am 7. Dezember wegen mutmaßlicher Beteiligung am geheimen Nachrichtendienst zum Nachteil der Republik festgenommen worden. Damals war ihr die Bespitzelung von hochrangigen Personen wie DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner oder profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer vorgeworfen worden. Trotz einer U-Haft-Forderung der Staatsanwaltschaft wurde sie am 10. Dezember vom Landesgericht für Strafsachen auf freien Fuß gesetzt.

Zelle bei Ermittlungen aufgedeckt

Das DSN stieß bei der der Auswertung von Datenträgern, die bei einer Hausdurchsuchung bei der verdächtigen Bulgarin im Dezember vergangenen Jahres vollzogen worden war, auf Hinweise der Desinformationskampagne. Chat-Nachrichten enthielten detaillierte Planungen der von Russland gesteuerten Zelle. Die Verdächtige dürfte darin eine erhebliche Rolle gespielt haben.

Weiterführende Ermittlungen ergaben, dass eine für den russischen Geheimdienst arbeitende Zelle bereits wenige Wochen nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine  tätig geworden war. Für Anfang 2022 wurde eine breit angelegte Desinformationskampagne in deutschsprachigen Ländern mit Schwerpunkt Österreich geplant.

Zelle aus Russland gesteuert - Verdächtige geständig

Die Bulgarin diente laut derzeit vorliegenden Erkenntnissen als nachrichtendienstliche Kontaktperson und nahm übermittelte Sendungen mit aktionsrelevantem Materialien entgegen. Russische Nachrichtendienste dürften sie weiters mit der Verteilung dieser Inhalte in Deutschland und Österreich beauftragt haben.

Die Tatverdächtige dokumentierte erfolgte Aktionen, diese Dokumentationen wurden auch an Mittäterinnen und Mittäter, die in Russland sowie in Großbritannien aufhältig waren, übermittelt. Die Verdächtige ist geständig, insbesondere im Jahr 2022 für die Zelle tätig gewesen zu sein.

Desinformation zum Nachteil der Ukraine

Das direkte Ziel dieser Desinformation-Zelle war es, die öffentliche Meinung negativ gegen die Ukraine sowie Präsident Wolodymyr Selenskij zu beeinflussen und somit - auf übergeordneter Ebene - pro-russische Stimmungsbilder zu generieren.

Um dies zu erreichen, griff man sowohl zu Aktivitäten in der medialen Landschaft im Internet als auch zu Offline-Aktionen, etwa mittels Aufkleber oder Graffiti. Die optische und inhaltlich Ausgestaltung dieser Aktionen sollte den Anschein erwecken, als ob pro-ukrainische Aktivisten die Verfasser und Urheber seien. Inhaltlich griffen die tatsächlichen Urheber aber zu gestalterischen und sprachlichen Motiven, die in der breiten Öffentlichkeit auf sofortige Ablehnung stoßen, allen voran rechtsextreme Symbolik und nationalistische Aussagen und Chiffren.

Leichtfried: "Bilden uns unsere Meinung lieber selbst"

"Die Verbreitung von falschen Narrativen, Fake News und manipulativen Inhalten untergräbt das Vertrauen in unsere Institutionen und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so Leichfried. Die Verbreitung von Desinformation habe das Potenzial, Wahlen zu beeinflussen, politische Instabilität zu fördern und die demokratische Gesellschaft zu gefährden. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Meinungsbildung in der Politik und in der Öffentlichkeit von außen gesteuert wird. Wir Österreicherinnen und Österreicher bilden uns unsere Meinung lieber selbst." 

Erfreut reagierte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Er gratulierte seinem Staatssekretär via Instagram "zu diesem wichtigen Erfolg im Kampf gegen Desinformation", ergänzt um ein Emoji, das einen angespannten Bizeps zeigt. 

Auch die mitregierenden Neos zeigten sich erfreut, dass "eine umfangreiche russische Desinformationskampagne gegen Österreich (...) aufgedeckt" worden sei. Europaabgeordneter Helmut Brandstätter und Sicherheitssprecher Douglas Hoyos verwiesen in einer Aussendung auf das Maßnahmenpaket gegen Spionage im Regierungsprogramm. Brandstätter zeigte diesbezüglich auch auf die größte Parlamentspartei. "Trollfabriken produzieren diese Lügen, die FPÖ und die von ihr finanzierten Medien verbreiten sie munter weiter", betonte er.

Desinformation als Mittel der hybriden Kriegsführung

Russland setzt seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine gezielt Desinformationskampagnen ein. 

Durch die Verbreitung von Falschinformationen soll die öffentliche Meinung zum Nachteil der Ukraine manipuliert werden. Mittels des Anbringens von Propagandamaterial an symbolträchtigen Örtlichkeiten wie Ehrendenkmälern oder Gedenkstätten mit jüdischem oder russischem Bezug, sollen Zweifel an den demokratischen Werten der Ukraine geschürt werden. In diesem Zusammenhang stellen solche Desinformationen und Kampagnen einen bedeutenden Faktor in der hybriden Kriegsführung Russlands dar.

Kommentare