Es gibt zahlreiche Strategien. Neben der Verschiebung von Vermögen in Steueroasen, nennt die Expertin den „Umzug in nicht oder niedriger besteuernde Länder“ als Option. Dem könne man entgegenwirken, indem die Steuerpflichtigkeit auch nach dem Wegzug für einen bestimmten Zeitraum besteht. Weitere Strategie: Vermögen auf einen längeren Zeitraum verschenken, um die Freibeträge voll zu nutzen. Dagegen hilft ein längerer Durchrechnungszeitraum – die SPÖ hat für ihre Erbschaftssteuer 30 Jahre gewählt. Schratzenstaller nennt zudem die Nutzung von „Anlagemöglichkeiten wie Lebensversicherungen, die begünstigt besteuert werden“ als Umgehungsstrategie. Und: Vermögen könne auch in steuerbefreite Stiftungen oder den betrieblichen Bereich verschoben werden. Die einzige Gegenmaßnahme: eine breite Bemessungsgrundlage mit wenigen Ausnahmen. „Je mehr Steuerausnahmen es gibt, desto mehr Möglichkeiten für Steuervermeidungsstrategien gibt es“, sagt die Ökonomin.
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Wie will die SPÖ gegensteuern?
Man habe Ausweicheffekte beim aktuellen Konzept bereits eingerechnet. Laut SPÖ gebe es aber konkrete Möglichkeiten, Umgehungen der Regelungen zu verhindern, sagt SPÖ-Klubobmann Philip Kucher. So könne die Steuerpflicht auch im Falle eines Umzugs in Ausland nachwirken. Auch der lange Rechnungszeitraum von 30 Jahren solle verhindern, dass die Freibeträge zur Umgehung genutzt werden. Außerdem wolle man Privatstiftungen genauso besteuern, wie das Vermögen von Bürgern.
Wie hoch ist der bürokratische Aufwand bei Vermögenssteuern?
1993 hat mit Ferdinand Lacina ausgerechnet ein SPÖ-Finanzminister die Vermögenssteuer abgeschafft. Das Argument: Es habe primär Unternehmen getroffen. „Bei einer laufenden Vermögensteuer muss regelmäßig bewertet, die Steuerschuld ermittelt und vom Steuerpflichtigen entrichtet werden“, sieht auch Schratzenstaller einen eher hohen Aufwand.
Kann man Einnahmen aus Vermögenssteuern überhaupt seriös schätzen?
„Generell sind solche Aufkommensschätzungen mit gewissen Unsicherheiten behaftet, weil die sehr Vermögenden in den Vermögensschätzungen, die wie jene der OeNB oder der EZB auf Befragungen beruhen, unterrepräsentiert sind“, sagt Schratzenstaller. Die Forschung arbeite an besseren Schätzung – etwa durch die Integration von Reichenlisten. Punktgenaue Ergebnisse seien aber nicht möglich.
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Wie gerecht ist Österreichs Steuersystem?
Österreich hat im EU-Vergleich hohe Steuern auf Arbeit. „Gerade in den unteren und mittleren Einkommen ist die Belastung durch arbeitsbezogene Abgaben hoch“, sagt die Expertin. Gleichzeitig sei die Besteuerung von Vermögen und Erbschaften gering. „Eine aufkommensneutrale Verschiebung der Steuerlast weg von Arbeit hin zu Erbschaften würde die Beschäftigungsfreundlichkeit des Abgabensystems stärken und es sozial ausgewogener machen“, sagt Schratzenstaller. „Eine Erbschaftssteuer kann auch zu mehr Chancengleichheit beitragen.“ Sollte Österreich wieder eine Erbschaftssteuer einführen, empfiehlt die sie deshalb die Abgaben auf Arbeit im Ausmaß der neuen Einnahmen zu senken.
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