Die Rückkehr der Schlepper-Mafia

Seit Jahresbeginn wurden in Deutschland mehr Aufgriffe verzeichnet.
Zahl der Aufgriffe verfünffacht / Polizeiexperte sieht Professionalisierung.

Die Schleppermafia hatte ein gutes halbes Jahr Pause. Die Transporte der Flüchtlinge übernahmen ab dem vergangenen Sommer die Staaten, etwa per Bahn. Doch die kriminellen Organisationen haben die Zeit genützt. Sie haben aufgerüstet und sich professionalisiert. In Deutschland hat sich die Zahl der Aufgriffe von Migranten innerhalb der ersten drei Monate des Jahres bereits verfünffacht.

Konkrete Zahlen liegen für Österreich noch nicht vor. Aber Oberst Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt ortet auch hier eine "sichtbare" Zunahme von Schlepperaktivitäten vor allem an der Ostgrenze. So seien in den vergangenen Tagen wieder extreme Großaufgriffe zu verzeichnen gewesen, wobei es sich um Gruppen von bis zu 25 Menschen gehandelt habe. Es wirkt wie ein Déjà-vu, das später in der Tragödie von Parndorf endete, als 71 Menschen in einem Kühl-Transporter starben. Die Schlepper-Banden kehren zurück. Die vergangenen Monate haben sie entlang der gesamten Ostroute zum Aufrüsten genützt. Am Wochenende wurde etwa ein Hubschrauber in der Ukraine beschlagnahmt, der für Schleppungen eingesetzt wurde.

Abwehrmaßnahmen

Dabei scheinen alle Maßnahmen zur Abwehr kaum zu greifen. So ist die bulgarisch-serbische Grenze offiziell geschlossen, in Belgrad kommen dennoch täglich 50 bis 100 neue Flüchtlinge an. "Wir haben derzeit verstärkt Aufgriffe, die aus Ungarn kommen. Trotz Zauns, wohlgemerkt", betont Tatzgern.

Die meisten der aktuellen Flüchtlinge traten in Mazedonien und Serbien ihre Reise per Schlepper an. Die Migranten werden sogar via arabischsprachiger Facebookseiten angesprochen, berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Dort werden Routen verschiedenster Art angeboten, wie in einem Reisebüro. "Wir bieten Bootsfahrten von der Türkei nach Italien für 6000 Dollar pro Person", wirbt ein Schmuggler in der Türkei. Es gibt Varianten via Sudan und Libyen, je nach Länge des Fußmarsches durch die Wüste wird es günstiger. Wer mehr als zwei Stunden selbstständig gehen kann, spart etwa zehn bis zwanzig Prozent. Für Jugendliche gibt es Ermäßigungen, Kleinkinder dürfen gratis mit.

Dass die Routen immer rascher geändert werden, ist auch der Polizei nicht entgangen. "Früher wurde mit einer Masche monatelang agiert, nun stellen sich die Gruppierungen schneller um", erklärt Tatzgern. Um auf der Fahrt keine Mitarbeiter zu verlieren, sind auch immer seltener Schlepper mit dabei. Viele der Transporte, etwa per Zug oder zu Fuß, werden ohne Begleitung durchgeführt. Diese sehen die Flüchtlinge nur mehr an neuralgischen Punkten ihrer "Reise".

Migrantenjäger

Auf dem Balkan eskaliert die Situation zunehmend. In Bulgarien gibt es bereits private Migrantenjäger. Dinko Valev aus Jambol etwa setzt sogar zwei alte sowjetische Schützenpanzer ein, um Flüchtlinge aufzustöbern – und gilt in breiten Kreisen als "Volksheld".

Die Kriminalisten befürworten jedenfalls die von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner angestrebten Absperrmaßnahmen an der Ostgrenze. "Wir brauchen eine klare Grenzkontrolle, aber ein Ventil für die legale Einreise", sagt Tatzgern. "Wenn nicht jeder Flüchtling so eine Chance bekommt – und das wird so sein –, wird es problematisch." Die Zahl der Schleppungen werde weiter steigen, meint der Experte. Das Bundeskriminalamt möchte aber verhindern, dass die Zustände wieder so schlimm werden, dass sich das Parndorf-Drama wiederholt.

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