Abschiebungen zur Abschreckung

Die Rückführungen wurden um 40 Prozent gesteigert. Die Abgeschobenen sollen damit in ihrer Heimat die Lügen der Schlepper widerlegen
Mit Massenrückführungen will Österreich die falschen Versprechen der Schlepper widerlegen.

In einem afghanischen Dorf spielen Schlepper via iPad ihren Zuhörern die "Einladung" der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vor. Dass sie im Autobus ein Plakat des österreichischen Innenministeriums gelesen haben, wonach es keine Chance auf Asyl gibt, haben sie spätestens nach dieser Szene vergessen. Und nachdem der Sohn eines Nachbarn bereits regelmäßig Geld aus Deutschland schickt, glauben sie dem Schlepper alles.

Erst, wenn der Sohn des Nachbarn als Abgeschobener wieder im Dorf sitzt, hat auch die österreichische Plakat- und Radiokampagne eine Chance auf Wahrnehmung.

Schlüssel zum Erfolg

Politiker und Experten in Österreich sind sich einig: Der Kampf gegen die Schlepper kann nur mit Abschiebungen gewonnen werden. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil bringt es auf den Punkt: "Ich halte das Thema Rückführungen für den wesentlichen Schlüssel in der Lösung der Flüchtlingssituation. Schutzbedürftigen muss geholfen werden, aber wer kein Anrecht auf Asyl hat, muss entweder freiwillig oder zwangsweise in seine Heimat gebracht werden. Wenn es uns in Europa nicht gelingt, den Rechtsstaat durchzusetzen, senden wir ein fatales Signal aus: Egal, ob ihr Asyl bekommt oder nicht, ihr könnt jedenfalls bleiben."

In Pakistan gibt es zwar zwei Spannungsgebiete und fallweise auch Naturkatastrophen, doch das rund 200 Millionen Menschen zählende Land kann mithilfe von UNHCR und NGOs die 1,4 Millionen Binnenvertriebenen recht gut managen.

Kriegsflüchtlinge, Erdbeben- und Hochwasseropfer aus Pakistan schlagen sich in der österreichischen Flüchtlingsstatistik auch nur marginal nieder. Bauern und Hirten können sich die Schlepperkosten von bis zu 8000 Euro gar nicht leisten. Die in Österreich ankommenden Flüchtlinge sind nach Erfahrung der Behörden meist Vertreter der Mittelschicht. Jener Mittelschicht, die angesichts einer desaströsen Wirtschaftspolitik Angst vor der Armutsfalle hat. Den Vernehmungsbeamten des Bundesasylamtes sagen sie oft ganz klar: "Ich wurde von der Familie geschickt."

Letztendlich ist es den Menschen im Herkunftsland egal, welchen Status der "Entsandte" hierzulande hat. Wichtig ist nur, dass er Geld schickt. Und wenn es nur die paar Euro sind, die er während einer Haft erhält, die er gerade wegen eines Drogendeliktes absitzt. Berichte über die Lage der Menschen in der EU und die Schwierigkeiten an der Reiseroute sind in pakistanischen Medien eher spärlich.

25.475 Afghanen kamen im Vorjahr nach Österreich, was das Fünffache des Jahres 2014 bedeutet. Und die pakistanischen Asylanträge haben sich mit 3432 gegenüber dem Vorjahr versechsfacht. Wie viele zusätzlich mit gefälschten syrischen Reisepässen ins Land kamen, traut sich bei den Behörden niemand zu schätzen. Ähnlich ist die Lage in großen Teilen Afrikas. Etwa in Mali, wo die Geldsendungen der Migranten die europäische Entwicklungshilfe bei Weitem übersteigen. Es freut zwar die Weltbank, wenn Geld von Europa ins schwer verschuldete Afrika fließt. Doch die europäischen Gesellschaften werden zunehmend unduldsamer.

Sparen für Tickets

Bei einem KURIER-Lokalaugenschein am Markt der Hauptstadt Bamako redeten die Leute ganz offen darüber. So erzählte eine Marktstandlerin, dass der Nachbar bereits einen Sohn in Frankreich positioniert habe, der Geld schickt. Der Nachbar spart die Beträge zusammen, um auch für den zweiten Sohn ein Ticket zu kaufen. Und alle anderen Nachbarn sparen jetzt auch für ihre Söhne. Ob der Sohn des Nachbarn wirklich ein erfolgreicher Hotelkoch ist, wie er behauptet, oder ob er wegen illegaler Geschäfte in Paris ständig auf der Flucht vor der Polizei ist, interessiert in Bamako niemand.

Gestoppt könnten die Reisevorbereitungen am Markt in Bamako nur werden, wenn plötzlich der erste Sohn nach einer Abschiebung wieder dasteht, und alle sehen: Die Reise ist kein Geschäft.

Wolfgang Taucher, Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, erklärt gegenüber dem KURIER, dass derzeit Abschiebungen auf Hochtouren laufen würden.

Der letzte Charterflieger habe Donnerstag Richtung Pakistan abgehoben. Heuer wurden bereits 10 Charter-Flüge nach Pakistan, Nigeria und Kosovo abgewickelt. Das wäre eine Steigerung von 40 Prozent gegenüber 2014. Außerdem seien nur die Charter-Abschiebungen effektiv, weil so die Abgeschobenen wirklich in ihrer Heimat ankommen.

Freiwillige Rückkehrer könnten dagegen leicht zum Bumerang werden. 354 Afghanen und 131 Pakistani haben im vergangenen Jahr ein zweites Mal versucht, einen Asylantrag zu stellen. Auch für Taucher führt kein Weg vorbei an Abschiebungen: "Es geht um die Glaubwürdigkeit des Asylsystems in Österreich und um die Enttarnung der falschen Versprechen der Schlepper."

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