"Die Politik schweigt": Morde an älteren Frauen nehmen zu

"Die Politik schweigt": Morde an älteren Frauen nehmen zu
Frauenorganisationen kritisieren die Frauenpolitik der Regierung in Krisenzeiten. Die Gewalt an Frauen steige, heißt es.

Drei österreichische Frauenorganisationen haben am Freitag die Frauenpolitik der türkis-grünen Bundesregierung in Krisenzeiten scharf kritisiert.

Die Situation sei "ganz massiv bedenklich", sagte Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischer Frauenrings. Auf die Pandemie folge nun die Teuerungs- und Energiekrise. Diese werde vor allem eins sein: "Unleistbar für viele Frauen und Kinder." Frauenverachtung, Alltagssexismus, Femizide und Gewalt gegen Frauen hätten zugenommen, so Frieben. "Das ist etwas, das wir auch nicht hinnehmen wollen." Zudem sehe sie auch in Österreich eine Mobilmachung konservativer Politiker gegen die Fristenlösung, nachdem der Supreme Court das Recht auf Abtreibung in den USA gekippt hat. Zu all diesen Problemen "schweigt die Politik", kritisierte Frieben.

Viele Betretungsverbote 
Jeden Tag wird in Wien eine zweistellige Zahl an Betretungsverboten ausgesprochen. 
Allein heuer waren es seit Jahresbeginn bis 24. Mai 1.596

Gip-Support
Seit Juli 2021 gibt es den Gip-Support (Gewalt in der Privatsphäre). Das sind 120 speziell geschulte Polizeibeamte,  die Gefährdungslagen für Opfer einstufen und auch Betretungsverbote aussprechen können 

Telefonnummern
Polizeinotruf :  133 
Frauenhelpline: 0800 222 555
Männernotruf:  0800 246 247

Frauen könnten die Kumulation der Krisen nicht mehr bewältigen, seien psychisch am Ende. Die Entlastungen der Regierung, wie der Familienbonus, würde vor allem Geringverdienerinnen nicht erreichen, monierte Frieben. Es brauche endlich Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Auch im Pensionsrecht brauche es "ganz massive" Anstrengungen, um Altersarmut von Frauen entgegen zu wirken, sagte Frieben. "Frauenanliegen sind offenbar keine Anliegen der Regierung."

Gewalt an älteren Frauen steigt

Man fordere schon länger 228 Millionen Euro jährlich für den Gewaltschutz und die Gleichstellungspolitik, sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Frauenhäuser. Es brauche 3.000 Vollzeit-Arbeitsplätze, um diese Aufgaben bewältigen zu können. Alleine 2021 habe es 31 Femizide und 63 Mordversuche gegeben.

"Besonders besorgniserregend ist auch die steigende Zahl an Femiziden an älteren Frauen", sagte Rösslhumer. Zum Vergleich: 2021 wurden 9 von 31 Femizide an Frauen über 60 Jahre begangen. Heuer fanden bisher  10 von 20 Femiziden an älteren Frauen statt. Es brauche also gezielte Gewaltschutzmaßnahmen für ältere Frauen schließen, mit Koordinationsstellen in den einzelnen Bundesländern.

Es gebe eine tief sitzende Frauenverachtung in Österreich. Im Internet oder im Haushalt: "Egal, wo sich Frauen aufhalten, begegnen sie Gewalt", sagte Rösslhumer. Zu viele "toxische Männlichkeiten" könnten sich im Patriarchat ausleben. "Die Gewaltausübenden, die Täter, werden immer noch nicht ausreichend zur Verantwortung gezogen." Bei der Gleichstellung der Geschlechter bewege man sich nicht vorwärts, sondern zurück.

Umsetzung der Istanbul-Konvention

Man bemühe sich um die Umsetzung der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen, die Österreich ratifiziert hat. Derzeit würden aber noch die finanziellen Mittel dafür fehlen, sagte Rosa Logar, Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie.

Sehr positiv sei, dass eine Beratungsstelle "Bakhti" für migrantische Mädchen von Sozialministerium eingerichtet worden sei und die Mittel für Gewaltschutzzentren aufgestockt wurden, so Logar.

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