Den Erwachsenen weit voraus: Wie Schüler nebenbei das Programmieren lernen

Den Erwachsenen weit voraus: Wie Schüler nebenbei das Programmieren lernen
Beim Schulbesuch zeigt die MSi Feuerbachstraße dem KURIER, wie Coding im Unterricht integriert werden kann. Die Digitalisierungsministerin nennt das eine wichtige Kompetenz für den Arbeitsmarkt der Zukunft.

Programmieren - das stellt man sich ja immer sehr trocken vor: allein vor einem Schirm sitzen, in einem abgedunkelten Zimmer, in dem maximal das Surren der auf Hochtouren arbeitenden Lüftung des Rechners zu hören ist.

Und dann steht man auf einmal in einem Turnsaal voll mit 12-Jährigen, die - ihre iPads in der Hand - an zusammengeschobenen Tischen sitzen. Jeder von ihnen weiß wahrscheinlich mehr über Coding, also das Programmieren, als der durchschnittliche österreichische Erwachsene. Und man merkt: Es ist hoch an der Zeit, antiquierte Vorstellungen vom einsamen Programmierer im dunklen Zimmer zu verwerfen.

Der Turnsaal ist jener der Mitteschlule mit Informatikschwerpunkt (MSi) Feuerbachstraße im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Die Schule ist auf das spielerische Erlernen von Coding spezialisiert. Außerdem läuft gerade die EU Coding Week, eine Initiative, die der Bevölkerung das Programmieren und digitale Kompetenzen näherbringen soll.

Im Turnsaal stehen aus diesem Grund auch Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck und Iris Rauskala, Leiterin der Präsidialsektion im Bildungsministerium. Die Schülerinnen und Schülern zeigen ihnen, wie sie Coding in den unterschiedlichsten Fächern nutzen. Wie sie etwa Rechnungen, die sie auf einen Papierzettel geschrieben haben, mit dem iPad scannen und digital die Lösung erhalten, oder wie sie Schrittzähler in ihre im Werkunterricht hergestellten Geldbörsen eingebaut haben.

"Laut Studien werden die heutigen Schüler und Schülerinnen zu 65 Prozent in Berufen arbeiten, die es in dieser Form heute noch nicht gibt", sagt Klaus-Jürgen Spätauf, Informatiklehrer an der MSi Feuerbachstraße. Die Kinder würden vieles können, nachdem es ihnen das erste Mal gezeigt wurde, ihr digitales Verständnis sei ein ganz anderes als das der Erwachsenen. "Früher hat man ihnen gezeigt, wie sie Plakate basteln, heute lernen sie, wie sie digitale Präsentationen gestalten", sagt Spätauf. Dieses "Handwerkszeug zu vermitteln" ist für ihn die zentrale Aufgabe von Schule im 21. Jahrhundert.

Während Spätauf erzählt, muss er aufpassen. Über den Boden rasen bunt blinkende Bälle, die die Schüler digital steuern.

Und die Ministerin selbst? Kann sie eigentlich programmieren? Sie habe in den 80er Jahren ein Wahlfach besucht und dabei die Grundzüge gelernt, erzählt sie. Vor allem am zukünftigen Arbeitsmarkt würden IT-Fachkräfte aber besonders gebraucht. Hier mangle es derzeit an 24.000 Spezialisten. "Und Programmieren kann auch total kreativ sein", sagt Schramböck. Sie wünscht sich, dass auch ein Pflichtfach "Digitale Bildung" schon bald in den Lehrplänen zu finden sein wird. Laut Bildungsministerium könnte das ab übernächstem Schuljahr der Fall sein.

Aufmerksam machen möchte die Digitalisierungsministerin aber auch auf eine Alternative - gerade für Schülerinnen und Schüler der Allgemeinbildenden Höheren Schulen, bei denen digitale Kompetenz im Unterricht oft zu kurz komme: Derzeit wird das Modell einer zweijährigen MINT-Lehre (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) österreichweit ausgerollt, das in Oberösterreich bereits sehr erfolgreich war. Das sei eine gute Möglichkeit, zwischen der Matura und dem Studium in diese Fächer und die jeweiligen Unternehmen hineinzuschnuppern und so vielleicht neue Interessensgebiete zu entdecken, sagt die Ministerin.

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