Was die A1-Episode auch zeigt: Österreich findet keinen Anschluss an das digitale Handelsnetz. Vor allem beim Einzelhandel, von der Waschmaschine bis zum HDMI-Kabel, ziehen immer öfter die heimischen Händler die Reißleine und geben auf.
Untätig zusehen, die die Umsätze ins Ausland abwandern, will auch die Bundesregierung nicht. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck ließ schon mit ihrer Idee eines virtuellen „Kaufhaus Österreich“ aufhorchen. Ihr Ministerium arbeite „mit Hochdruck“ an der Umsetzung, konkret gehe es darum, die Webshops digital zu bündeln und somit leichter auffindbar zu machen. Auf diese Weise sollten vor allem die Klein- und Mittelunternehmen leichter in den Onlinehandel einsteigen und Kunden erreichen können.
Derzeit würden bereits Gespräche mit Vertretern der Branche stattfinden, um das Projekt auf eine breite Basis zu stellen. Schramböck wolle durch das „Kaufhaus Österreich“ vor allem die Online-Sichtbarkeit der heimischen Händler erhöhen, denn aktuell seien erst 20 Prozent im E-Commerce tätig.
Für den Wirtschaftsforscher und Ökonomen Michael Böheim ist das Projekt Schramböcks grundsätzlich eine gute Idee: „Weil es österreichische Unternehmen in die Auslage stellt. Es kommt halt auf die Umsetzung an, langfristig kann das nämlich nur erfolgreich sein, wenn die Anbieter zumindest gleich gut wie Amazon sind. Sonst werden die Kunden wieder abwandern“, nimmt sich der Experte kein Blatt vor den Mund.
Denn die wenigsten seien bereit, mehr Geld für ein Produkt zu zahlen, nur weil das Geschäft rot-weiß-rot sei. Reüssieren könnte man vor allem, wenn man jene Lücken schließe, die Amazon offenlasse, etwa Spezialisierung – vom Sportfachgeschäft bis zur Sat-Anlage, oder wenn regionale Waren angeboten werden. Stimmen müsste aber vor allem die Dienstleistung an sich – Amazon nimmt problemlos alle bestellten Waren wieder zurück, dieses Verhalten vermisse er noch stark beim Onlinehandel in Österreich.
„Ich bin gespannt, wo man einen Markt findet, der für Kunden relevant ist“, kommentiert Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes und damit Sprecher großer Handelskonzerne, die Initiative der Regierung. Aus seiner Sicht ist freilich jede Unterstützung für heimische Internethändler „unterstützenswert“.
Will: „Wir erwarten uns von der Politik aber vor allem Rahmenbedingungen für ein Fair Play im Onlinehandel.“ Also Lösungen in nach wie vor ungeklärten Steuerfragen sowie Kontrollen bei der Versteuerung von Onlinebestellungen aus EU-Drittstaaten wie China, das über Alibaba immer mehr Pakete nach Europa und Österreich schickt. Ein Trend, der sich wohl nicht mehr stoppen lässt.
Aus Sicht von Will darf Amazon jedenfalls nicht per se verteufelt werden. Im Gegenteil. Schließlich haben österreichische Klein- und Mittelunternehmen allein im Vorjahr rund 300 Millionen Euro über die Plattform umgesetzt.
Unbestritten ist auch, dass Corona dem Onlinehandel einen Schub verliehen hat. Allen voran dem Lebensmittelhandel, der Zuwachsraten von 30 Prozent meldet. Klingt viel, ist aber relativ. Der Online-Anteil im Lebensmittelhandel ist laut Schätzungen des Handelsverbandes damit von 1,5 auf 1,9 Prozent gestiegen. Im Branchenvergleich werden traditionell vor allem Kleider, Schuhe‚ Bücher und Elektronikgeräte online gekauft.
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