Das Geld der Parteien - nur unüberprüfbare Behauptungen?

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Eine kritische Bilanz des vor fünf Jahren beschlossenen "Transparenzpakets" zieht eine Allianz zivilgesellschaftlicher Akteure.

Vor fünf Jahren gab sich die Politik ein neues "Transparenzpaket": Versprochen wurde, dass die Parteifinanzen nun umfassend öffentlich gemacht und transparent werden.

Heute herrscht Ernüchterung: Mit 200 Millionen Euro Steuergeld werden Österreichs Parteien jährlich finanziert. Doch die Plattform parteispenden.at zeigt: offengelegte Rechenschaftsberichte sind mangelhaft und undurchsichtig. Und der Rechnungshof moniert, dass Vergehen praktisch nicht überprüft, geschweige denn geahndet werden können.

"Wir haben jetzt ein grobes Bild mit vielen dunklen Flecken", fasst Mathias Huter von der NGO "Forum Informationsfreiheit" zusammen. Eineinhalb Jahre lang haben er und sein Team Berichte gesammelt und Auskünfte eingeholt. Anders als in vielen Staaten, gibt es in Österreich keine zentrale Stelle, die alle Zahlen veröffentlicht. Ansprechpartner sind hier der Rechnungshof, die Bundesländer und die Gemeinden. Und das, berichtet Huter, lief nicht immer problemlos: "Einige Male mussten wir bis zu Verwaltungsgericht gehen, um Auskunft zu bekommen."

Huter und seine Kollegen haben nun die Daten zusammengefügt, sie sind auf www.parteispenden.at einsehbar.

Wichtigste, weil einzige wirkliche Quelle, sind die Rechenschaftsberichte der Parteien. Seit 2012 müssen sie jährlich ihre Berichte vorlegen – mit einer Verzögerung von zwei Jahren.

Diese "Jahresbilanz" gleicht der eines Einmannunternehmens: Einnahmen und Ausgaben der Bundes- und Landesparteien werden auf einer Seite abgehandelt. Der Rechnungshof kontrolliert diese Unterlagen, darf aber bei Verdachtsmomenten keine Dokumente oder Rechnungen nachfordern. Die Zahlen sind also im Grunde nicht überprüfbare Behauptungen.

Scharfe Kritik vom Rechnungshof

In einem 2015 veröffentlichten Bericht übte der Rechnungshof bereits daran Kritik: Die Qualität der Rechenschaftsberichte sei zu verbessern. Weitreichende Einschau- und Prüfrechte sollten dem Rechnungshof erlaubt werden. Weiters wird eine Ausweitung der Sanktionen bei Verstößen gefordert. Auch Huter hält das für nötig. Seiner Meinung nach sollten schwere Vergehen zu Strafverfahren führen: „Die Staatsanwaltschaft könnte dann aktiv werden.“ Das könne präventiv und im Ernstfall effektiv sein.

Rechtlich nicht zu einem Bericht verpflichtet sind die Vorfeldorganisationen wie die Sozialistische Jugend (SPÖ) oder der Bauernbund (ÖVP). Letztere unterstützen ihre Mutterparteien regelmäßig mit Spenden. Welche Organisationen wie hoch gefördert werden, wird in den Rechenschaftsberichten der Parteien nicht angegeben. Hier wäre laut Huter ebenfalls mehr Transparenz nötig.

Zweithöchste Parteifinanzierung weltweit

Die Höhe der bekannten Beträge auf parteispenden.at führt die Relevanz der Thematik vor Augen: 62 Millionen Euro aus Steuermitteln erhielt die ÖVP 2015 (aktuellere Zahlen wurden noch nicht veröffentlicht), 57 Millionen die SPÖ. Die FPÖ kam auf 37 Millionen Euro und die Grünen auf 25 Millionen Euro. 2015 wurde das Team Stronach noch mit 6,6 Millionen Euro gefördert. Die Neos erhielten 5,3 Millionen. Mit den Beträgen für Kleinstparteien und lokale Listen ergibt das insgesamt 198,7 Millionen Euro in einem Jahr. Damit ist Österreich, laut einer Studie der deutschen Universität Oldenburg, nach Japan das Land mit der höchsten öffentlichen Parteifinanzierung weltweit.

Spenden für Kleinparteien existentiell

Zwar machen die Gelder vom Staat den Bärenanteil aus, doch auch Spenden sind nicht unwesentlich. Die Sozialdemokraten erhielten 1,91 Millionen Euro und die ÖVP 1,19 Millionen im Jahr 2015. Aber auch die Neos lukrieren sehr viel über Spenden, 2015 insgesamt 1,36 Millionen. Bei den zwei Kleinparteien machen Spenden einen sehr hohen Anteil am Gesamtbudget aus, teils sogar existentiell hoch. Deshalb müsse jede Gesetzesänderung zu dem Thema mit Bedacht geschehen, so Huter. Er fordert, dass auch kleinere Spenden sofort offengelegt werden. Derzeit betrifft das nur Summen über 50.000 Euro.

Auch durch Sponsoren nahmen SPÖ (565.137 Euro), FPÖ (424.044 Euro) und ÖVP (336.051 Euro) 2015 hohe Beträge ein. Beim Sponsoring zahlt ein Werber an den Veranstalter eines Events, wie einer Konferenz, eine vereinbarte Summe, um bei der Veranstaltung Marketing betreiben zu dürfen. Die höchsten Einnahmen durch Inserate, etwa in Parteizeitungen, hatte mit 416.194 Euro die SPÖ. Doch nicht alle Parteien setzen auf Einnahmen über Spenden, Sponsoring, oder Inserate: vergleichsweise geringe 51.533 Euro nahmen die Grünen in allen drei Bereichen gemeinsam ein.

Problematisches Naheverhältnis

Ein Kritikpunkt bei Inseraten und Sponsoring ist die hohe Deklarationsgrenze. Erst ab 3.500 Euro müssen Inserenten bekannt gegeben werden und ab 12.000 Euro Sponsoren. Behörden und staatliche Unternehmen werben immer wieder bei Parteiveranstaltungen, oder inserieren in Zeitungen von Parteien. Huter: "Wir wissen nichts über den Umfang." Oft würden in den Aufsichtsräten Parteimitglieder sitzen. "Das ist ein problematisches Naheverhältnis."

"Ähnlich undurchsichtig sind die Geschäfte zwischen öffentlicher Hand und parteieigenen Firmen“, so Huter. SPÖ und ÖVP würden jeweils etwa 50 Firmen besitzen. Und 50 Millionen Euro beträgt laut Huter das jährliche Geschäftsvolumen der Parteiunternehmen von rot und schwarz mit staatlichen Behörden. Detaillierte Informationen sind nicht zugänglich. "Diese Intransparenz sorgt für Misstrauen", ist Huter überzeugt, nur wenn alles offengelegt werde: "kann der Verdacht nichtig gemacht werden."

Nicht alles bleibt ungestraft

Parteispenden.at nimmt sich auch der Wahlkampfausgaben an. Eigentlich dürfen pro Wahl nicht mehr als sieben Millionen Euro ausgegeben werden. Doch wie die Zahlen der Website zeigen, sehen das Österreichs Parteien nicht so genau: das Team Stronach hat bei der letzten Nationalratswahl 2013 die Obergrenze um 6,5 Millionen Euro überschritten, die Volkspartei um 4,2 Millionen. Dafür wurde die ÖVP zu 300.000 Euro Strafe verdonnert und das Team Stronach zu 567.000. Bei der SPÖ zahlte man 15.000 Euro Strafe für 326.874 Euro zu hohe Ausgaben. Nicht alles bleibt ungestraft.

Kritiker fordern eine frühere Offenlegung der Einkünfte und Ausgaben – unbedingt schon während des Wahlkampfes. Das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte empfiehlt Österreich einen Zwischenbericht vor dem Wahlgang einzuführen, um die Wähler über die Finanzierung der Kampagnen zu informieren.

Wo ist die Verhältnismäßigkeit?

Huter sieht bei all den Geldkanälen die Verhältnismäßigkeit nicht. Österreich habe sich für ein aus öffentlicher Hand finanziertes Parteisystem entschieden um Korruption vorzubeugen. "Warum muss trotzdem über Parteifirmen, Sponsoring und Co. Geld eingenommen werden?"

(Benjamin Schlöglhofer)

Die Plattform "Echte Transparenz" liefert nach fünf Jahren eine kritische Bestandsaufnahme des Transparenzgesetzes. "Natürlich hat es auch Fortschritte gebracht, wir legen aber eine umfangreiche Mängelliste vor", sagt Politologe Hubert Sickinger. Gemeinsam mit Marion Breitschopf (Transparenzplattform meineabgeordneten.at), Mathias Huter (vom Forum Informationsfreiheit) und Florian Skrabal von der Rechercheplattform Dossier.at hat Sickinger am Freitag die neue Plattform vorgestellt.

"Jeder ist seinem Arbeitsbereich auf Lücken gestoßen, die nun ausführlich dokumentiert vorgestellt werden", sagt Sickinger. "Wir hoffen, dass unsere Kritikpunkte vor allem am Parteiengesetz in der Öffentlichkeit aufgegriffen werden und sich auch die Kandidaten und die Parteien dazu äußern."

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