Dauerthema Mindestsicherung: SPÖ-interne Debatte zum Jahresende

Dauerthema Mindestsicherung: SPÖ-interne Debatte zum Jahresende
Darabos widerspricht seinem Parteifreund Sozialminister Alois Stöger. Der Aufbruch von burgenländischen Beziehern in Richtung Wien sei möglich.

Burgenlands Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ) erwartet in Sachen Mindestsicherung durchaus "Wanderbewegungen" zwischen den einzelnen Bundesländern, wenn diese ihre eigenen Regelungen umgesetzt haben. Er müsse seinem Parteifreund, Sozialminister Alois Stöger, diesbezüglich widersprechen, erklärte Darabos am Mittwoch in Eisenstadt.

"Ich glaube schon, wenn die Bundesländer unterschiedliche Regelungen haben, dass es da und dort zu Wanderbewegungen kommen kann", meinte Darabos. Auch der Aufbruch von burgenländischen Mindestsicherungsbeziehern in Richtung Wien sei dann durchaus möglich. Er sei "enttäuscht", dass es auf Bundesebene zu keiner Lösung in dieser Sache gekommen sei.

Zu den derzeitigen Verhandlungen über die künftige Regulierung der Mindestsicherung im Burgenland wollte sich Darabos nicht äußern. Es herrsche "Nachholbedarf". Derzeit gebe es im Burgenland rund 2.800 Mindestsicherungsbezieher, davon seien 248 Personen Asylberechtigte. Die durchschnittliche Ausschüttung der Mindestsicherung im Burgenland betrage rund 300 Euro.

Stöger hofft auf selbstständige Lösungen

"Verschiebungen erwarte ich mir nicht", hatte Sozialminister Stöger am Dienstag gesagt. Dass durch die Verländerung der Mindestsicherung Wanderbewegungen in jene Bundesländer stattfinden, die attraktivere Regelungen anbieten Er ermuntert nun jene Länder, die kompromissbereit waren, selbstständig Modelle umzusetzen, die bereits mit dem Bund vereinbart waren.

Schuld am Scheitern, wie sie ihm etwa von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) zugewiesen wird, weist Stöger von sich: "Der Bund hat seine Aufgabe wahr genommen." Er sei froh, dass weiterhin alle Mindestsicherungsbezieher (dank Geldern des Bundes) krankenversichert seien. Dass manche Länder, konkret Nieder- und Oberösterreich ihrerseits nicht bereit gewesen seien, ihren Teil zu einer neuen 15a-Vereinbarung beizutragen, sei "zur Kenntnis zu nehmen".

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka ist nach wie vor ein Verfrechter einer bundeseinheitlichen Lösung. Die derzeitige sei nicht optimal, sagte er kürzlich zur APA.

Weiterhin Fleckerlteppich

Bisher haben die Länder die konkrete Ausgestaltung der Mindestsicherung teilweise schon selbst geregelt. Das passierte auf Grundlage einer sogenannten 15a-Vereinbarung, welche die Kompetenzen und Aufgabenbereiche von Bund und Ländern erläutert. Diese Vereinbarung zur Mindestsicherung läuft allerdings mit Ende 2016 aus. Eine bundeseinheitliche Lösung scheiterte mehrmals in Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Auch zwischen den einzelnen Ländern gehen die Ansichten auseinander.

Das Auslaufen bedeutet in der Theorie, dass Länder ihre Systeme noch unterschiedlicher ausgestalten könnten, als sie es ohnehin schon tun. Auf der anderen Seite zahlt der Bund gemäß der Vereinbarung die Krankenversicherung für Mindestsicherungsbezieher. Dazu wäre er nicht mehr verpflichtet, auch wenn Alois Stöger bereits zugesagt hat, dass der Bund die Kosten auch weiterhin übernehmen werde.

Das bedeutet, dass vorläufig weiterhin in jedem Bundesland unterschiedliche Regeln gelten. Die schwarzen Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich haben ihre Regelungen im laufenden Jahr mit Kürzungen verschärft. Das nährte Befürchtungen, dass Mindestsicherungsbezieher wegen der höheren Auszahlungen nach Wien abwandern und die Bundeshauptstadt überlasten könnten. Schon jetzt stemmt Wien mit rund 200.000 das Gros der Mindestsicherungsbezieher. Insgesamt haben 284.374 Personen im Jahr 2015 zu irgendeinem Zeitpunkt Mindestsicherung bezogen.

Neue Flüchtlinge im System

Insbesondere aufgrund der hohen Zahl anerkannter Flüchtlinge wird mit einem Ansteigen der Zahl der Bezieher gerechnet. In Wien waren 2015 17 Prozent aller Mindestsicherungsempfänger Asylberechtigte (31.505 Personen). Im ersten Halbjahr 2016 gab es bereits 6.420 sogenannte Neuanfälle aus dieser Gruppe.

In Wien ist die Reform der Mindestsicherung noch nicht vorangekommen, obwohl es immer wieder Absichtserklärungen gab. Das Thema steht nun für 2017 auf der Agenda. Kürzungen solle es keine geben, hieß es aus dem Rathaus. Als Alternative hat die zuständige Sozialstadträtin Sonja Wehsely Wartefristen für Zugezogene vorgeschlagen, um den Druck auf die Stadt zu reduzieren. Dem stehen die Grünen skeptisch gegenüber. Die Verhandlungen zwischen SPÖ und Grünen sollen aber schon erste Ergebnisse gebracht haben, was die teilweise Auszahlung der Mindestsicherung als Sachleistungen betrifft, sagte die Sozialsprecherin der Wiener Grünen, Birgit Hebein, kurz vor Weihnachten im ORF-Radio.

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