Dachdecker als PV-Monteure: Wie die ÖVP die Lehre aufwerten will

Dachdecker als PV-Monteure: Wie die ÖVP die Lehre aufwerten will
ÖVP-Minister wollen den Lehrberuf aufwerten, ein neues Bildungsprogramm soll ab Herbst 2024 starten – und unter anderem bei der Energiewende helfen.

Der Dachdecker als Photovoltaik-Spezialist, der Rauchfangkehrer als Energieeffizienz-Berater: Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass sich Menschen mit Lehre künftig besser weiterbilden können.

Derzeit gibt es für die 230 Lehrberufe in Österreich 80 Meister- und 40 Befähigungsprüfungen. Der Gesetzesentwurf zur Höheren Beruflichen Bildung (HBB), den Arbeitsminister Martin Kocher und Bildungsminister Martin Polaschek (beide ÖVP) am Dienstag präsentiert haben, soll das Angebot deutlich erweitern.

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"Meilenstein statt Sackgasse"

Inwiefern? Der akademische Bildungsweg bietet acht Ausbildungsstufen – bis hin zum Doktorat. Bei der beruflichen Bildung ist spätestens bei Stufe 6 – etwa einem Meister – Schluss. Mit der HBB sollen anschließend an eine Lehre oder berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMHS) nun folgende Optionen dazukommen: „Höhere Berufsqualifikation“ (Stufe 5), „Fachdiplom“(Stufe 6) und „Höheres Fachdiplom“ (Stufe 7). Wie am akademischen Bildungsweg gilt: Man muss eine Stufe nach der anderen bewältigen. „Die Höhere Berufliche Bildung ist ein Vehikel, wo die Lehre als Meilenstein einer Karriere gesehen wird und nicht als Sackgasse. Es soll nachher mehr geben als die schon existierenden Meister- und Befähigungsprüfungen“, sagt Kocher.

Solche Weiterbildungsmöglichkeiten seien in Zeiten des Arbeitskräftemangels „enorm wichtig“, ergänzt Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer. Fokus: Berufe im IT-Bereich, dem Handwerk oder für die Umsetzung der Energiewende. Und auch die Nachfrage sei vorhanden: Mehr als die Hälfte der Lehrlinge würden gerne eine weiterführende Ausbildung machen.

Offene Fragen

Beschlossen werden soll das Gesetz kommendes Jahr. So könnten im Herbst 2024 die ersten Ausbildungen starten.

Wo? Laut Kocher etwa bei Weiterbildungsanbietern wie dem WIFI, die dann auch die Prüfungen abnehmen würden. Zentrale Fragen sind aber noch offen: Welche Branchen die Weiterbildungen anbieten werden, wie lange sie dauern und was sie kosten. Kühnel vergleicht das Modell dennoch bereits mit der Einführung der Fachhochschule (FH) vor 30 Jahren. „Wir erwarten, dass das langsam wächst. Wir haben damals auch fünf FH-Lehrgängen begonnen, mittlerweile sind es 500.“ Kocher glaubt sogar, dass „es einer der Meilensteine in Österreichs Bildungspolitik ist, der in zehn bis 15 Jahren als sehr großer Schritt gesehen werden wird.“ Vorreiter ist Österreich nicht: In der Schweiz gibt es die Höhere Berufliche Bildung seit rund 20 Jahren, in Deutschland seit drei.

Polaschek betont, dass die HBB es einfacher mache, in Österreich erworbene Qualifikationen mit jenen im Ausland zu vergleichen. „Damit geben wir auch in den Lehrberufen die Möglichkeit, dass die Qualifikationen, die sie erwerben, richtig eingeordnet werden“, sagt Polaschek. Wer die neuen Kurse dann absolviert hat, erhält übrigens keinen Titel, aber ein Zertifikat.

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