Als Corona-Prognoserechner hat man es dieser Tage nicht leicht. Bei der Beurteilung, wie angespannt die Corona-Lage derzeit in Österreich ist, ergibt sich für die Experten und Expertinnen ein unterschiedliches Bild, je nachdem, ob sie auf die Statistik der offiziell registrierten Fallzahlen, das Abwassermonitoring oder die Spitalsbelegung schauen.
Statt der gegenwärtig rund 6.000 Neuinfektionen pro Tag, die sich aus den offiziellen Meldungen ergeben, schätzt Komplexitätsforscher Peter Klimek vom Complexity Science Hub in Wien die aktuelle Zahl inklusive Dunkelziffer auf etwa 15.000, wie er in der ZIB2 erklärte: „Die gemeldeten Zahlen sind für uns kaum noch aussagekräftig.“
Das liegt vor allem daran, dass viel weniger Menschen in Österreich regelmäßig Covid-Tests durchführen als noch vor einigen Monaten.
Testzahl sinkt
Mit der neuen Absonderungsrichtlinie – Verkehrsbeschränkungen statt Quarantäne – wollte das Gesundheitsministerium das eigentlich ändern und das Testen wieder ankurbeln. Die Überlegung: Wenn Positive nicht mehr zwangsläufig tagelang abgesondert zu Hause bleiben müssen, würden die Menschen sich nicht mehr scheuen, regelmäßig Tests zu machen.
Der Plan ist nicht aufgegangen. Zumindest noch nicht. Die neue Verordnung gilt seit 1. August. Seither ist die Zahl der behördlich angebotenen PCR-Tests sogar leicht zurückgegangen, jene der Antigen-Tests ist in etwa gleich geblieben.
Was also tun, um eine valide Zahlenbasis für Prognosen und in weiterer Folge das Setzen von Maßnahmen zu haben? Ein ordentliches Monitoring braucht es laut Klimek auch, um die Zahl der schweren Verläufe bestimmen zu können.
„Kein Blindflug“
Verschiedene Expertinnen und Experten argumentieren dazu in Richtung einer eigenen Testgruppe. „Man muss keine Corona-Politik im Blindflug machen“, sagte Virologin Dorothee von Laer schon vor einiger Zeit im KURIER. „Man braucht eine repräsentative Kohorte, die regelmäßig getestet wird, um die Inzidenz zu bestimmen. Das schafft jedes Marktforschungsinstitut und das kostet einen Bruchteil der vielen Milliarden, die wir für alles Mögliche ausgeben.“ Eine solche Kohorte wäre insbesondere wichtig, um die Durchseuchung bzw. das Immunitätsniveau in der Bevölkerung zu ermitteln.
Auf Anfrage des KURIER heißt es aus dem Gesundheitsministerium, es gebe bereits ein ähnliches Modell, im Rahmen dessen bestimmte Bevölkerungsgruppen laufend getestet werden, um dadurch Zahlen zum Infektionsgeschehen erhalten. Dieses Programm ist an der medizinischen Universität angesiedelt. Die Experten der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO) hätten allerdings bereits eine Ausweitung angeregt. Diese stehe aktuell zur Diskussion.
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