Türkis-Grün spendet in Coronakrise - Kickl kontert mit der Bibel

Türkis-Grün spendet in Coronakrise - Kickl kontert mit der Bibel
Aktion der Bundesregierung, Monatsgehälter zu spenden, zog weite Kreise: Einige Länder sowie ÖVP- und SPÖ-Klub machen mit. Aber nicht alle sind von der Idee überzeugt.

Die türkis-grüne Regierung hat mit ihrer Aktion, als "Zeichen des Zusammenhalts in der Coronakrise" ihre Netto-Monatsgehälter zu spenden, am Montag einen Domino-Effekt ausgelöst: Einige Landesregierungen zogen nach.

Am Dienstag meldete dann auch der ÖVP-Klub im Parlament, dass insgesamt 101 Mandatare (im National- und Bundesrat) eine soziale Organisation mit 150.000 Euro unterstützen wollen. Und auch die SPÖ will mit ihren 65 Abgeordneten insgesamt 65.000 Euro spenden. 

Die Aktion brachte der Regierung aber nicht nur Nachahmer, sondern auch viel Kritik ein. Zum Beispiel, aber nicht nur, von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl

Kickl zitiert Matthäus 6,3 und 6,4

Auf KURIER-Nachfrage, ob sich der FPÖ-Klub der Aktion anschließen werde, schmiert Kickl den Christlichsozialen ausgerechnet ein Bibelzitat um die Nase:

"(3) Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, (4) auf dass dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten."

Was er damit sagen will? Hunderttausende Österreicher, so Kickl, haben ihren Job verloren oder ihre wirtschaftliche Basis, stünden vor den Trümmern ihrer Existenz. "Das verdanken sie den Corona-Maßnahmen der Regierung, deren Unterstützung für Wirtschaftstreibende und Arbeitnehmer nur halbherzig ist." 

Grundsätzlich wäre die Spende der Netto-Monatsgehälter, die alle Regierungsmitglieder angekündigt haben, "eine freundliche Geste", sagt er - sie sei aus seiner Sicht aber Teil der "ÖVP-Inszenierungskampagne", und eine "heuchlerische Show mit gönnerhaftem Beigeschmack". So gesehen sei laut Kickl das gesamte Kapitel 6 aus Matthäus lesenswert. 

Der FPÖ-Klubchef betont: "Wenn jemand helfen will, tut er das und redet nicht groß darüber." Seine Abgeordneten entscheiden selbst, in welcher Art sie in der Coronakrise ihren Beitrag leisten. 

Grüne spenden jeden Monat

Der grüne Klub wird sich an der Aktion der Regierung einstweilen nicht beteiligen, heißt es auf KURIER-Nachfrage am Mittwoch. 

Betont wird, dass die Abgeordneten ohnehin jeden Monat spenden. Fünf Prozent des Bruttogehalts seien als fixer Beitrag vorgeschrieben. Das Geld gehe an Bürgerinitiativen und Rechercheplattformen, die sich u.a. im Umweltbereich einsetzen. Im Jahr 1991 wurde dafür ein eigener Verein gegründet. An den "BIV" sei in 25 Jahren mehr als eine Million Euro gegangen.

Die Zurückhaltung des Juniorpartners der ÖVP - und auch anderer Regierungsmitglieder in den Ländern (siehe Bericht unten) - dürfte daran liegen, dass man sich von dem Vorstoß überfallen gefühlt hat.

Bereits am Wochenende kursierte, dass Kanzler Sebastian Kurz überlegt, als symbolischen Akt einen Teil der Gehälter von Bundespolitikern zu kürzen - das geht aber nur per Gesetzesänderung. Spenden ist da einfacher. So entschied man sich am Montag für diese Einmal-Aktion. 

Offenbar ohne das zu akkordieren: Mit den Landeshauptleuten soll es an dem Tag eine Videokonferenz gegeben haben, sie erfuhren von der Spendenaktion aber erst später aus den Medien. 

Politik unter Zugzwang

Ob man der Regierung tatsächlich eine Inszenierung vorwerfen kann, ist allerdings fraglich: Immerhin wurde die Aktion bis dato bei keiner Pressekonferenz - und davon gibt es täglich gleich mehrere - aufs Tapet gebracht. Offen ist auch noch, an wen die Regierungsmitglieder konkret spenden. 

Dennoch stehen die Politiker des Landes jetzt unter Zugzwang: Wer jetzt nicht mitmacht, muss befürchten, schlecht dazustehen.  

Gleichzeitig nutzen die Parteien die Gelegenheit,  eigene politische Forderungen als Alternative zur Spende in den Vordergrund zu rücken. 

Neos fordern Kürzung der Parteienförderung

Zum Beispiel die Neos: "Anstatt eines einmaligen, symbolischen Akts, der kaum wirklich Geld bringt, schlagen Neos vor, einen Teil der Parteienförderung für das Jahr 2020 einzubehalten", sagt Neos-Vizeklubchef Niki Scherak. 

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Niki Scherak.

Bei einer Kürzung um ein Viertel bliebe ein zweistelliger Millionenbetrag als Spielraum im Budget. "Wir schlagen vor, diesen Betrag für nötige Ausgaben im Bildungsbereich, der den Schülern direkt zu Gute kommt, zweckzuwidmen", so Scherak. 

Als Alternative zur Spende des Netto-Monatsgehalt biete sich auch der Kauf von Gutscheinen für die Bevölkerung an. Damit könnten gleichzeitig Geschäfte in der eigenen Region unterstützt werden. Scherak erklärt: "Das wäre eine direkte Unterstützung in Form von Liquidität und Zuversicht, die hilft, Betriebe und Arbeitsplätze zu stabilisieren." 

SPÖ spendet 65.000 Euro für Frauen

Der SPÖ-Klub mit seinen 65 Abgeordneten wird das „Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen“ mit 65.000 Euro unterstützen.

SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner erklärt, dass ihre Abgeordneten - so wie hunderttausende Österreicher - regelmäßig für verschiedene Organisationen spenden. "Eine einmalige Spende kann Probleme natürlich nicht nachhaltig lösen, aber sie kann kurzfristig eine Erleichterung schaffen. In dieser schweren Zeit möchten wir dort unterstützen, wo es an vielem mangelt - das sind gerade auch Einrichtungen für Frauen in Not.“

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SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek sagt: „Die Coronakrise hat Existenzängste von Frauen und die Gefahr häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder massiv verschärft. Der Druck auf Alleinerzieherinnen ist enorm gestiegen und viele Frauen haben durch die Krise ihr Einkommen oder den Unterhalt verloren.“

Und auch von den Roten wird im Rahmen der Spendenfrage ein politisches Thema mitgeliefert. "Noch viel wichtiger ist aber, dass Frauenberatungsstellen endlich nachhaltig mehr öffentliche Mittel erhalten müssen. Dafür setzt sich die SPÖ weiter mit ganzer Kraft ein", sagt Rendi-Wagner

 

Hinweis: Dieser Artikel wurde im Laufe des Mittwoch zwei Mal aktualisiert bzw. ergänzt. Neu dazu kamen die Statements von FPÖ und SPÖ

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