Tag X für die Sportvereine, und Blumenerde ist das neue Klopapier
Ein bisschen was hat der für Sport zuständige und selbst (passiv) sportbegeisterte Werner Kogler ja schon bei der Pressekonferenz am Montag verraten. Als erstes werden jene Sportstätten aufsperren dürfen, die im Freien sind. Klingt logisch. Und von diesen werden jene zuerst dran kommen, auf denen man Sport aus einer gewissen Entfernung ausüben kann. Tennis ist so eine Sportart mit dem zweitgrößten Verband Österreichs. Golf (auch mehr als 100.000 Aktive) lässt sich auch trefflich ohne Körperkontakt spielen. Bogenschießen, Stocksport und einige andere auch noch. Heikler ist das schon beim Fußball, denn selbst wenn man auf die aus dem TV bekannten Jubelszenen bei einem Tor verzichtet, so ist eine ordentliche Grätsche oder ein Gerangel bei einem Laufduell mit 2 Meter Abstand wohl nur schwer vorstellbar.
Zigtausende blicken also heute gebannt auf den Zeitplan des Ministers - und auf die Begleitmaßnahmen. Aus zumindest noch vor Ostern gut informierten Kreisen hört man, dass Leistungssportler schon demnächst, Hobbyspieler ab Anfang Mai wieder die körperkontakt-freien Sportarten ausüben dürfen. Beim Tennis könnte das dann so aussehen: kein Seitenwechsel, kein Handshake vor oder nach dem Spiel, kein Doppel, kein Bespucken der Tennisbälle. Pressekonferenz des Vizekanzlers, wie gewohnt im Live-Stream heute um 11 Uhr auf kurier.at.
Der Run auf die Märkte
Ich habe zuletzt mit einem Filialleiter eines Supermarktes telefoniert. Er hat mir gesagt, er werde Freitag, den 13. März, nie vergessen. Es war der Tag des Market-Runs auf Klopapier. Offenbar fürchteten alle Menschen, dass es ausgehen könnte und dann ...
Gestern war der Tag der Blumenerde. Ab 7 Uhr früh stellten sich Menschen vor den Baumärkten und Gartencentern an und ließen die Blumenerde erzittern. Und das trotz eher kühler Temperaturen. Hat irgendwer die Sorge, dass Blumenerde ausgehen könnte? Im Ö1-Abendjournal wurde ein Käufer zitiert, dass er Silikon für die Fuge in der Küche brauche. Eine unaufschiebbare Beschaffung, quasi systemrelevant, keine Minute durfte verloren werden. Natürlich steht jedem das Recht auf einen Einkauf von was auch immer zu. Dass man dafür aber das Anstellen im Baumarkt in Kauf nimmt, scheint psychologisch aber wohl andere Gründe zu haben. Vielleicht war es einfach auch nur das Gefühl, mal raus zu wollen, wenn man nun endlich wieder darf oder beim historischen Moment der Baumarktöffnung einfach selbst dabei zu sein. Und jeden Tag, an dem man die Küchenfuge betrachtet, kann man an diesen Tag zurückdenken. Erinnerungsfoto also.
Der Dienstag nach Ostern ist aber nur ein Vorgeschmack auf das, was ab 2. Mai bei den Friseuren los sein wird. Dazu mein Lieblings-Tweet von Stefan Sengl, dem ehemaligen Wahlkampfberater von Christian Kern: "Früher waren Premierenkarten bei den Salzburger Festspielen ein Zeichen, dass man gute Kontakte hat. Heute ist es ein Friseurtermin am 2. Mai." Chapeau, wurde im KURIER-Daily-Podcast übrigens zum Tweet des Tages gewählt.
Ruhe in der City
Auch der Autor dieser Zeilen musste am ersten Tag natürlich was Dringendes und Unaufschiebbares erledigen. Und fand auf Wiens sonst meistfrequentierter Einkaufsstraße so gut wie keine Käufer vor. Die untenstehenden Bilder am Wiener Graben und am Kohlmarkt wurden am Dienstag kurz nach 17 Uhr geschossen. Im sodann besuchten Geschäft war man trotzdem zufrieden. Einige wenige Kunden sind eben besser als gar keine. Zumindest hatte man auch keine Probleme mit der Kundenanzahl pro Quadratmeter.
Noch weniger frequentiert waren hingegen nur die Bundesgärten und die neuen Fußgängerstraßen, um die ja wochenlang gerittert wurden wie seinerseits um die Begegnungszone auf der Mariahilfer Straße. Eine Kollegin aus der Redaktion, deren Wohnung nun plötzlich in ein einer Begegnunszone liegt (aus datenschutzrechtlichen Gründen nennen wir die konkrete Straße hier nicht), zählte genau zwei Fußgänger auf der Straße. Eigentlich hatte sie sich schon zuvor gewundert, warum exakt ihre Straße auserkoren wurde. Sie gilt als sehr schöne Wohngegend, aber keine klassische Flaniermeile mit Geschäften. Wie auch immer: Wir werden das beobachten - auch dann, wenn das Wetter wieder besser wird.
Und noch ein Reality Check zu den Ausgangsbeschränkungen - funktioniert noch immer sehr gut (siehe unten).
Österreich gegen Deutschland
Auch wenn wir noch nicht Fußballspielen dürfen und wir ja das letzte Länderspiel gegen die Deutschen in Klagenfurt gewonnen haben, werden auch bei der Corona-Krise immer gerne Vergleiche zwischen Österreich und Deutschland herangezogen. Und man wird das Gefühl nicht los, dass wir bei der Einhaltung der freiheitsbeschränkenden Regeln braver sind als die großen Nachbarn. Die Zahlen, die Apple auf ihren Bewegungsdaten veröffentlicht, bestätigen dieses Bild, allerdings nur in geringem Ausmaß. Im Vergleich zu Anfang Jänner fahren wir um 65% weniger mit dem Auto, die Deutschen nur um 54%. Nur beim Gehen sind die Deutschen nun wieder aktiver geworden. Während wir um 61% weniger gehen, haben sich die Deutschen auf minus 32% zurückgekämpft. Interpretationen überlasse ich gerne Ihnen. Aber bald ist ja das Tennisspielen ohnehin wieder gestattet.
Im Übrigen: Bei der gesundheitlichen Bekämpfung der Krise liegen wir mit den Deutschen - zum Glück - ziemlich exakt gleichauf. Im europäischen Spitzenfeld.
Kommentare