Corona-Quarantäne: Virologin hält Verkürzung auf acht Tage für denkbar

Der Forderung nach Halbierung erteilt Virologin Puchhammer-Stöckl eine Absage. Und warnt vor einer Überlastung der Spitäler, wenn gleichzeitig zu viele krank werden.

Fast 2.900 Neuinfektionen gab es in den vergangenen 24 Stunden. Viel beunruhigender ist für Gesundheitsexperten aber, dass derzeit rund 1.400 Personen in den Spitälern behandelt werden, mehr als 200 davon auf Intensivstationen.

"Die Zunahme ist besorgniserregend", sagt auch Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der MedUni Wien am Dienstag in der "ZiB2". Und die Zahlen dürften noch deutlich ansteigen. 

Angesprochen auf die aktuellen Corona-Beschränkungen - und ob sie ausreichen, sagt sie: "Ich denke, man muss sehr stark auf die Bevölkerung setzen. Es bringt nichts, Maßnahmen zu verhängen, an die sich niemand hält."

In vielen Ländern gebe es bereits wieder (teilweise) Lockdowns. Einen kompletten Lockdown - inklusive Schulschließungen - hält die Virologin nicht für sinnvoll. Schulen sollten immer offen bleiben. Man sollte abwarten, wie sich die Zahlen entwickeln. 

Kürzlich hat Puchhammer-Stöckl in einem Mail an das Gesundheitsministerium gewarnt, dass die Pandemie außer Kontrolle geraten könnte, da das Contact Tracing an seine Grenzen stoße. "Die Nachverfolgung wird immer schwieriger, das Infektionsgeschehen diffuser", erklärt sie in der "ZiB2". Solange es irgendwie gehe, müsse man versuchen, die Infektionen nachzuverfolgen. 

Und wenn es nicht mehr geht? "Dann muss man ganz stark in den Schutz der Vulnerablen gehen", sagt sie und verweist auf Pandemie-Pläne, die der Aufrechterhaltung der Versorgung dienen. 

So weit sei es jetzt noch nicht, es müsse uns aber bewusst sein, "dass man viele Infektionen schon jetzt nicht mehr erwischt". Besonders im Westen Österreichs, etwa in Salzburg, wurde bereits Alarm geschlagen. 

Franz Allerberger von der Gesundheitsagentur Ages meinte kürzlich in einem Interview: "Wir werden alle das Virus kriegen, wenn wir nicht vorher sterben." Ob sie das auch so sieht?

Puchhammer-Stöckl lacht kurz. Und erklärt dann: "Diese Infektion ist in über 80 Prozent der Fälle eine harmlose. Vor allem Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben kein Problem. Ab 50 beginnt es schwierig zu werden, und ab 65 ist es eine wirklich dramatische Erkrankung. Das wissen wir alle."

Kein Platz mehr für andere Kranke

Das Problem sei nicht die Erkrankung selbst, sondern: "Wenn gleichzeitig eine Million Menschen am Virus erkranken, dann kann man sich ausrechnen, was das für die Intensivstationen bedeutet."

Es gehe dann nicht mehr allein um Covid, sondern auch um andere Krankheiten. In Italien habe sich gezeigt, dass viele Menschen nicht am Virus gestorben seien, sondern an anderen Krankheiten. Sie wären nicht gestorben, wenn es für sie einen Platz im Spital gegeben hätte, erklärt die Virologin. 

"Nirgends ohne Maske"

Irritiert zeigte sie sich über eine andere Aussage Allerbergers: Er hatte zum wiederholten Mal die Wirksamkeit der Mund-Nasen-Schutzmaske bezweifelt.

Es kämen ständig neue Studien heraus, die zeigten, wie wirksam die Maske sei, betont sie. Freilich biete sie keinen 100-prozentigen Schutz, sie könne aber die Virenlast deutlich beschränken. Und von der Menge an Viren, die einen Menschen erreicht, hänge es ab, ob man sich infiziert. "Ich bin nirgends ohne Maske unterwegs", betont Puchhammer-Stöckl. 

Acht statt zehn Tage

Auch in der aktuellen Debatte um die Verkürzung der Quarantäne-Zeit findet die Virologin deutliche Worte: Kanzler Sebastian Kurz hatte zuletzt gesagt, eine Verkürzung von aktuell zehn auf fünf oder sieben Tage sei denkbar, wenn die Wissenschaft es hergebe.

Fünf oder sieben Tage - das gebe die Wissenschaft nicht her, sagt Puchhammer-Stöckl. "Die Inkubationszeit dauert fünf bis sieben Tage, aber auch danach entwickeln viele noch Symptome. Erst nach dem zehnten Tag sind 95 Prozent nicht mehr infektiös." 

Man könne also "vielleicht" zwei Tage heruntergehen, meint die Virologin. "Acht Tage - kürzer würde ich es nicht als sinnvoll empfinden." 

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