Alles auf Anfang: Kein Freitesten, Lockdown bis 24. Jänner - mindestens
Das Projekt Freitesten ist gescheitert - und zwar wegen einer Blockade der Opposition. Zu viele Fragen waren zuletzt offen, zu knapp war die Begutachtungszeit der Gesetzesnovelle und zu hoch sind noch immer die Corona-Infektionszahlen.
Im Nationalrat hätte das Gesetz zum Freitesten zwar mit Stimmen von Türkis und Grün beschlossen werden können, im Bundesrat haben aber SPÖ, FPÖ und Neos eine knappe Mehrheit und hätten das Gesetz um bis zu acht Wochen blockieren können.
Die Regierung gab ihr Vorhaben deshalb auf - und erklärte, dass ein vorzeitiges Freitesten aus dem Lockdown ab 18. Jänner nicht möglich sein werde. Handel, Dienstleistungen, Gastronomie und Veranstaltungen bleiben damit noch bis (mindestens) 24. Jänner gesperrt.
Anschober: "Gemeinsamer Arbeitsprozess startet"
Nach einer Aussprache mit den Oppositionsparteien geht Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nun zurück an den Start: Er sieht Chancen für Teilbereiche der geplanten Teststrategie - nämlich für die Testungen von Berufsgruppen und jene im Zusammenhang mit dem Zutritt zu Veranstaltungen.
„Die Fraktionen sind bereit, einen gemeinsamen Arbeitsprozess zu starten“, sagte Anschober im Anschluss an das Gespräch am Montagnachmittag. In seinem Ministerium werden bis Freitag rechtliche Vorschläge erarbeitet - unter Berücksichtigung der bisherigen Kritik. Nächste Woche soll der Vorschlag dann in einem Gesundheitsausschuss verhandelt werden.
Nach dem Gespräch sehe er "keine prinzipielle Ablehnung" der Oppositionsparteien, er zeigte aber auch Verständnis dafür, dass es "keinen Blankoschein und keine Vorabzustimmung für etwas geben kann, das man im Detail noch nicht kennt".
Keine "Blanko-Aussagen" zu Lockdown-Ende
Auf die Frage, wie es nach dem 24. Jänner weitergeht, sagte Anschober: "Wir haben jetzt eine Klärung mit der Opposition und wir haben Ziele definiert, aber wir werden uns mit den europäischen Ländern noch abstimmen in Bezug auf die neuen Mutationen." Wie berichtet, gibt es eine neue Virus-Mutation, die wohl auch schon in Österreich angekommen ist.
Der Gesundheitsminister will um 15 Uhr in einer Pressekonferenz darüber informieren. Was das Lockdown-Ende betrifft, betonte Anschober deshalb noch einmal: "Wir gehen jetzt einmal Schritt für Schritt vor und haben und keine Blanko-Aussagen für die nächsten Monate. Das ist in der derzeitigen Situation etwas verfrüht."
"Lockdown ist Lockdown"
Am Montagvormittag hatte ÖVP-Klubobmann August Wöginger bereits bestätigt, dass die Möglichkeit des Freitestens angesichts der am Sonntag angekündigten Blockade der Opposition entfällt. Aus seiner Sicht werden damit werden Handel, Gastronomie, Tourismus - und auch Schulen - erst am 24. Jänner öffnen können, sagte er. "Die Opposition hat sich geschlossen einbetoniert", so der Klubchef zur APA. Auf die Frage, ob auch die Schulen geschlossen bleiben, antwortete Wöginger: "Ja, Lockdown ist Lockdown."
Anschober ließ den Schulstart zunächst noch offen, zu Mittag stellte Bildungsminister Heinz Faßmann aber klar, dass die Schulen nach derzeitiger Rechtslage vom Lockdown unberührt seien und - wie immer geplant - am 18. Jänner wieder der Präsenzunterricht starten soll.
Opposition war gegen Novelle
Ursprünglich war ja geplant, dass jene, die sich einer Testung unterziehen, bereits eine Woche früher Vorteile lukrieren können - etwa den Besuch von Kultur- und Sportevents oder den Einkauf von Gütern, die man nicht täglich braucht, beispielsweise Kleidung oder Bücher. Zudem sollten persönliche Dienstleister wie Friseure mit 17. Jänner wieder Kunden empfangen können.
Eine entsprechende Novelle, die das Freitesten ermöglicht hätte, war am 31. Dezember in Begutachtung geschickt worden. Am Sonntag hatte aber die Opposition aus unterschiedlichen Gründen angekündigt, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern.
SPÖ gegen "Drohgebärde" der Regierung
Die Opposition wollte am Montag von Schuldzuweisungen in ihre Richtung nichts hören. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagte nach der Sitzung des Hauptausschusses im Parlament, ausschlaggebend für die Verlängerung oder das Ende des Lockdowns könnten ausschließlich die Infektionszahlen sein.
Alle Experten würden diese derzeit als "zu hoch" einschätzen. Die tägliche Neuinfektionsrate müsse weiter gesenkt werden, "sonst droht uns ein vierter Lockdown im Februar", dies dürfe nicht passieren. Man werde erst Ende dieser Woche wissen, ob die Zahlen rückläufig sind - "darauf basierend ist die Entscheidung zu treffen, ob es einen Lockdown bis Mitte Jänner oder bis 24. Jänner braucht", so Rendi-Wagner.
Der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer sprach von "Drohgebärden" der Regierung - die Opposition ließe sich weder "für blöd verkaufen" noch "politisch erpressen". Er hatte seiner Partei bereits vor zwei Tagen empfohlen, gegen das Freitesten zu stimmen.
Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger meinte: "Es wird andauernd gepfuscht und man gibt anderen die Schuld". Bundeskanzler Kurz und Gesundheitsminister Anschober würden mit der Verlängerung des Lockdowns wie trotzige Kleinkinder auf das Nein der Opposition reagieren. "Das politische Niveau in Österreich ist auf dem Tiefststand und die Demokratie ist in großer Gefahr", so Abwerzger.
Das Freitesten, wie es die ÖVP geplant hätte, wäre laut Abwerzger verfassungsrechtlich "mehr als bedenklich" gewesen. Kanzler Kurz verkenne, dass es um Arbeitsplätze und Umsätze gehe.
Übrigens wird Deutschland seinen Lockdown aufgrund schlechter Corona-Zahlen wohl auch um zwei bis drei Wochen, also bis Ende Jänner, verlängern.
Massentests starten wie geplant
Obwohl das Projekt Freitesten vorerst gescheitert ist, starten am Freitag, 8. Jänner, in Wien wieder Massentests. Bis 17. Jänner kann man sich, wie gehabt, an drei Standorten - in der Stadthalle, in der Marxhalle und in der Messe Wien - testen lassen. Anmeldungen für Wien, Oberösterreich (außer Linz), die Steiermark und das Burgenland, sind ab sofort möglich (oesterreich-testet.at).
Verlängert wurden am Montagvormittag wie erwartet die derzeit geltenden Ausgangsbeschränkungen im weitere zehn Tage. Die Verlängerung im Hauptausschuss ist notwendig, da die Ausgangsbeschränkungen laut dem Covid-Gesetz maximal für zehn Tage verfügt werden dürfen und dann einer Verlängerung bedürfen.
"Freitesten": Puchhammer-Stöckl sieht das kritisch
Aus epidemiologischer Sicht hatte sich die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl Sonntagabend in der ZIB 2 am Sonntag kritisch zur Idee des Freitestens geäußert. Sie habe schon allein mit dem "Terminus Freitesten" ein "Problem".
Sie bezog sich bei ihrer Kritik auf den Umstand, dass ein Schnelltest nur für den jeweiligen Tag Gültigkeit habe. Antigen-Tests unmittelbar vor Veranstaltungen würden demnach "Sinn machen", aber ein Test, der eine Woche alt ist, nicht.
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