Comeback im Nationalrat: Kogler soll es richten – schon wieder

Comeback im Nationalrat: Kogler soll es richten – schon wieder
Erst Parteirettung, dann EU-Wahl – jetzt Nationalratswahl. Werner Kogler ist als Spitzenkandidat alternativlos. Oder?

Das Video dauert 13.33 Minuten – das ist ungefähr 13,3 Mal so lange wie die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne der Generation Smartphone. Sogar die Macher finden es erstaunlich, dass es mehr als 150.000 Mal angesehen und mehrere Tausend Mal geliked und geteilt wurde.

Das Video hat nur einen Protagonisten, der im Kaffeehaus sitzt und aus seinem Leben erzählt: Werner Kogler. Und der funktioniert.

Als Person, als Erzähler, als Wahlkampfmaschine – davon sind die Grünen überzeugt. 14 Prozent holte der Steirer bei der EU-Wahl für die Partei, die vor eineinhalb Jahren aus dem Nationalrat flog und strukturell wie finanziell völlig darniederlag.

Jetzt fühlen sich die Ökos auf Bundesebene im Aufwind – man ist wieder wer. Manche Abgeordnete, die damals ausgeschieden sind und sich einen „normalen“ Job suchen mussten, spüren schon förmlich den Drehsessel im Plenarsaal in der Hofburg unter sich.

Am Wahlabend zeigten die ersten auf – für die hinteren Plätze, wohlgemerkt. Wer an der Front stehen soll, wer für sie den Traum vom Comeback verwirklichen soll, ließ sich aus den Sprechchören bei der Wahlparty ableiten: „Werner, Werner, Werner!“

Voller Rückhalt

Dass sich Werner Kogler drei Tage später noch nicht festlegt, ob er auf sein Mandat im EU-Parlament verzichtet, um gleich den nächsten Wahlkampf anzugehen, ist verständlich. Der 57-Jährige will erst einmal durchschnaufen. Die Zurückhaltung dürfte aber auch einen taktischen Grund haben: Er will, dass man ihn bittet.

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"Rudern statt sudern" ist die Devise

Nach dem Wahldebakel 2017 war Werner Kogler damit beschäftigt, einen Konkurs zu verhindern und die Partei zusammenzuhalten. Ende 2018 gab er dann die Parole aus: "Rudern statt sudern". Es galt, in die Zukunft zu schauen.

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Ex-Grüner als Konkurrent?

Als EU-Veteran Johannes Voggenhuber seine Kandidatur für die Liste Jetzt ankündigte, befürchteten viele, er könnte den Grünen schaden. Die Befürchtung zerschlug sich: Die Umfragewerte für "1 Europa" wurden immer schlechter, am Ende schaffte Voggenhuber nur etwas mehr als ein Prozent der Stimmen. 

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EU-Wahl als Klima-Wahl

"Mutig für Europa" war der Titel des Wahlprogramms der Grünen, die die EU-Wahl zur "Klima-Wahl" machten. Ein Themenschwerpunkt, der laut Analysten goldrichtig war.

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Kaum Zeit für Fußball und Stammlokal

Häufiger als im Café Anzengruber, seinem "zweiten Wohnzimmer" saß Fußball-Fan Kogler zur Wahlkampfzeit im Zug, um durch ganz Österreich zu touren. Hunderte Aktivisten halfen ehrenamtlich mit.

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Promi-Köchin als Nummer zwei

Mit Sarah Wiener konnten die Grünen eine prominente Nummer zwei für die Liste gewinnen: Die Star-Köchin propagierte die "Agrar-Revolution".

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Do-it-yourself Kampagne

Auf Großflächen-Plakate wurde aus Spargründen verzichtet, die kleineren wurden von Aktivisten (und Kogler und Wiener) selbst affichiert. Insgesamt dürften sich die Wahlkampf-Ausgaben auf etwas mehr als eine Million Euro belaufen - mehr als die Hälfte weniger als bei der EU-Wahl 2014.

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Fokus auf Social Media

Das Wahlkampfteam der Grünen konzentrierte sich auf die sozialen Medien, auf eine ausgeklügelte und durchgeplante Kampagne verzichtete man bewusst. "Wer weniger Geld hat, braucht mehr Kreativität", sagt Wahlkampfleiter Thimo Fiesel.

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Grüner Aktionismus

Am Freitag vor der Wahl erklommen Grüne - darunter Wahlkampfleiter Fiesel, ein Tiroler - einen Baukran vor dem Parlament. Mit einem Banner erinnerten sie inmitten der Ibiza-Affäre an ihre Herzensangelegenheit: Das Klima.

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Wahlkampf-Finale in bester Stimmung

"Spirit in the sky": Zu diesem Oldie tanzten Kogler, Wiener und Listendritte Monika Vana beim Wahlkampf-Finale auf der Mahü - und schickten wohl noch einige Stoßgebete gen Himmel. Kogler warnte bis zum Schluss, man dürfe sich dem Wiedereinzug ins EU-Parlament nicht zu sicher sein.

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Wahlerfolg: 14 Prozent

Erleichterung und Freude in der Grünen Wahlzentrale: Die erste Trendprognose zeigte am Sonntag 13,5 Prozent an, im Endergebnis wurden es 14 Prozent. Das dürfte drei Mandate im EU-Parlament bedeuten: Für Kogler, Wiener und Vana. Sollte Kogler wegen der Nationalratswahl verzichten, rückt der Steirer Tom Waitz (li.) nach.

Nur dann könne er sich des vollen Rückhalts sicher sein, heißt es aus seinem Umfeld. Kogler ist ein gewiefter Stratege und Kommunikator – und da kennt er kein Pardon.

So überraschte er mitten im EU-Wahlkampf in einem KURIER-Interview mit der Ansage, es wäre vielleicht gescheiter gewesen, die Partei wäre damals, nach der Wahlniederlage 2017, in Konkurs gegangen. „Wichtig ist die grüne Idee. Und die hätte auch in einer ganz neuen Partei weiterleben können, mit einer glatteren Struktur und einer deutlich flotteren Vorgehensweise“, sagte er da.

Ungeschriebene Gesetze

Dafür, dass er den Wiederaufbau in die Hand nahm, stellte er Bedingungen: Etwa, dass junge Kräfte in den Vorstand müssen – den Nachwuchs hatten die Grünen zuvor sträflich vernachlässigt. Dass es keine reine Listenwahl mehr gibt, die zu Kampfabstimmungen und Streit geführt hat (siehe Ausscheiden von Peter Pilz), ist eines seiner ungeschriebenen Gesetze.

Für die Nationalratswahl sollen einige Listenplätze für Kandidaten garantiert sein, die der Vorstand vorher aussucht. Bei den anderen Parteien ist das Usus, bei den Grünen herrscht aber Basisdemokratie. Herrschte.

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Rudi Anschober, Landerat in Oberösterreich, könnte in die Nationalratswahl ziehen

Diese Woche ließ Kogler die einzelnen Gremien beraten. Dabei kristallisierte sich ein Plan B heraus. Sollte Kogler ablehnen, könnte Oberösterreichs Langzeit-Landesrat Rudi Anschober (Bild oben) den Frontmann machen. Er sei nicht abgeneigt, heißt es; aufdrängen werde er sich aber auch nicht.

Damit endet die Liste an jenen, die bekannt genug und bereit wären, schon. Die Jungen, die man für die Nationalratswahl 2022 aufbauen wollte, dürften noch nicht reif sein.

Gesucht wird "jemand, der Inhalte verkörpert"

Partei-Stratege Thimo Fiesel, der den EU-Wahlkampf mit Minimalbudget und einer Heerschar an ehrenamtlichen Aktivisten leitete (siehe Bildergalerie oben), ist bei der Frage nach der Spitzenkandidatur aber ganz entspannt: Natürlich sei Kogler als „glaubwürdiger und kerniger Kämpfer“ ein zentraler Faktor für den Erfolg gewesen.

Die Grünen waren aber immer eine Partei, die vorrangig für ihre Inhalte gewählt wurden“, sagt er. Das bestätigen Wahlanalysen.

Für ein erfolgreiches Comeback in den Nationalrat hat Fiesel folgendes Rezept: „Unsere Inhalte sind hochaktuell: saubere Umwelt und saubere Politik. Jetzt brauchen wir jemanden, der das verkörpert. Die Mischung aus erfahrenen und frischen Kräften an der Front wird entscheidend sein.“ Kogler selbst sprach am Wahlabend von einer „Teamlösung“.

Ob er Teil dieses Teams sein wird, will man spätestens in zwei Wochen verkünden. Noch vor dem Sommer wird die Liste formal beim Bundeskongress fixiert.

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