Koalition: Nächster Streit wegen VP-Inserat?

Christian Kern und Reinhold Mitterlehner
Die Volkspartei inserierte: "Das neue Regierungsprogramm trägt die Handschrift der ÖVP." Christian Kern und Reinhold Mitterlehner reagieren gelassen und dementieren Gerüchte über vorgezogene Wahlen.

Fünf Tage haben die Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP um ein neues Regierungsprogramm gedauert. Am Tag nach der Einigung schien zwischen den Koalitionspartner alles in Ordnung zu sein. So haben Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in der "ZiB2" übereinstimmend dementiert, dass es eine geheime Nebenabsprache über vorgezogene Wahlen im kommenden Herbst gibt.

Der SPÖ-Chef meinte, er sehe mit Staunen, was alles unterstellt werde, könne aber versichern: "Das ist nicht so." Mitterlehner nannte solche Spekulationen "an den Haaren herbeigezogen".

Angeheizt wird die Debatte jedenfalls durch ein Inserat der ÖVP. Die Partei feiert das erneuerte Regierungsprogramm, weil es "die Handschrift der ÖVP" trage. Klubchef Reinhold Lopatka legte Montagabend im ORF 2 gleich nach, indem er den Aufmacher der aktuellen Standard-Ausgabe in die Kameras zeigte, von dem abzulesen ist, dass die Koalition viele ÖVP-Positionen übernehme. Daher werde es seinen Abgeordneten am Dienstag im Nationalrat auch leicht fallen, dem Paket zuzustimmen, sagte Lopatka.

Koalition: Nächster Streit wegen VP-Inserat?

Kern warnt vor Zünden der Lunte

Bundeskanzler Kern warnt mögliche Quertreiber, das neu überarbeitete Regierungsabkommen zwischen SPÖ und ÖVP zu torpedieren. Nicht nur Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und er seien gefordert, sondern "viele rundherum, von den Ländern, von den anderen Ministern, von den Abgeordneten", sagte Kern im Ö1-Morgenjournal.

Treibe man die Zusammenarbeit der beiden Großparteien auf die Spitze und hinterlasse hier bewusst "verbrannte Erde", stehe Österreich vor einer Zäsur. "Weil dann wird die nächste Regierung mit Sicherheit nicht mehr aus SPÖ und ÖVP bestehen", so der Bundeskanzler. "Alle, die besonnen sind und das Interesse haben, in unserem Land eine pragmatische Politik der Ausgewogenheit zu haben, die müssen sich ganz gut überlegen, ob sie hier die Lunte an einem Pulverfass anzünden oder nicht."

https://twitter.com/ReinholdLopatka/status/826186368556625921
Reinhold Lopatka (@ReinholdLopatka

Innenminister Sobotka stichelt

"Überrascht" war der schwarze Klubchef, dass die SPÖ den Verschärfungen Überwachungen betreffend zugestimmt habe. Diese seien ja sehr weitgehend und würden bei Umsetzung die strengsten Regeln in Europa sein. SP-Klubobmann Andreas Schieder wollte in die Diskussion, wer sich nun durchgesetzt habe, nicht einsteigen: "Es ist ein Programm für Österreich."

Auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte nach der Einigung gestichelt, es handle sich im Wesentlichen um ein ÖVP-Programm: "Das sind Qualifikationen, die nicht besonders relevant sind." Bundeskanzler Christian Kern reagierte eher gelassen und sagte, dass viele Punkte des neuen Pakts wohl nicht in einem SPÖ-Programm stehen würden. Aber: Viele Punkte wären auch nicht bei der Volkspartei zu finden. Es seien Überschneidungspunkte, für die sich beide Koalitionsparteien interessieren.

Mitterlehner verstand wiederum Kritik daran, dass Themen wie die Arbeitszeitflexibilisierung an die Sozialpartner ausgelagert wurden, nicht. Der Vizekanzler erinnerte in der "ZiB2" daran, dass Gewerkschaft und Kammern eine Deadline bis Mitte des Jahres hätten, sich entsprechend einzubringen. Der Gesetzesentwurf der Regierung sei fertig und könne jederzeit umgesetzt werden, wenn es bis Ende Juni von den Sozialpartnern kein Ergebnis gebe.

Koalition: Nächster Streit wegen VP-Inserat?

Nationalrat berät erneuertes Regierungsprogramm

Das am Montag von der Koalition abgesegnete erneuerte Regierungsprogramm wird bereits am Dienstag dem Nationalrat zur Ansicht vorgelegt. Im Rahmen einer Regierungserklärung sollen den Abgeordneten die Inhalte des Papiers präsentiert werden. Im Anschluss sollen sich zumindest die Mandatare der Koalition in einem unverbindlichen Entschließungsantrag zu dem Paket bekennen.

Das großteils mit zeitlichen Vorgaben ausgestattete Programm kostet vier Milliarden Euro, gegenfinanziert wird durch Einsparungen und erhoffte Effekte. 2,8 Milliarden Euro sollen durch Einsparungen, Minderausgaben und Umschichtungen aufgebracht werden.

Als ein grundlegendes Ziel wird formuliert: "Wir wollen unser Land wirtschaftlich nach vorne bringen, die Klein- und Mittelbetriebe unterstützen, der Industrie bessere Rahmenbedingungen bieten und auf diesem Weg zusätzliche 70.000 Arbeitsplätze schaffen, über die konjunkturell entstehenden hinaus." Was bringen die aktualisierten Maßnahmen der Regierung? Eine Analyse finden Sie hier.

Für das 35-seitige Arbeitsprogramm hat Kern kräftige Abstriche bei seinem Plan A machen müssen. Wieviel davon wirklich in dem neuen Koalitionspakt steckt, erfahren Sie hier.

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