So viel Plan A steckt im neuen Koalitionspakt

Bundeskanzler Christian Kern warb intensiv für seinen "Plan A".
Steuerzuckerl für Firmen und kleinere Einkommen; Vermögenssteuern, bitte warten.

Knapp 150 Seiten umfasst Christian Kerns "Plan A", den er am 11. Jänner in Wels bei seiner viel beachteten Grundsatzrede vorgelegt hat. Und der fortan als Kerns Wahlprogramm gelesen wurde.

19 Tage und aufreibende Neuwahldebatten später legt der Bundeskanzler nun gemeinsam mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ein 35-Seiten-Arbeitsprogramm vor, das vor allem zwei Zielen dient: Vordergründig der Senkung der Arbeitslosigkeit, der Ankurbelung der Wirtschaft, der Erhöhung der Sicherheit. Aber auch und vor allem dem Fortbestand der rotschwarzen Koalition.

Dafür hat Kern kräftige Abstriche bei seinem Plan A machen müssen. Erbschafts- und Vermögenssteuern fehlen komplett. Die Abschaffung des Eigenregresses bei der Pflege vermisst man ebenso, wie das Aus der Selbstbehalte für Selbstständige oder schmerzhaftere Strafsteuern für Konzerne, die Gewinne ins Ausland verschieben. Nur die Werbeabgabe soll hier auch für Google & Co gelten.

Klar: "Für Österreich" heißt das neu-adaptierte Regierungsprogramm ganz neutral, nicht mehr "Plan A", auch nicht "Pakt für Österreich", den Finanzminister Hans Jörg Schelling – gewohnt hemdsärmelig – als Antwort auf Kern schließen wollte.

So viel Plan A steckt im neuen Koalitionspakt
ABD0014_20170116 - WIEN - ÖSTERREICH: Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) am Montag, 16. Jänner 2017, im Rahmen seiner Rede zum "Jahresauftakt 2017" in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Ob das Programm das Überleben der Koalition tatsächlich bis Herbst 2018 sichert, ist für Experten mehr als fraglich. "Das sind viele Absichtserklärungen einer Koalition wider Willen. Beiden Seiten war ein Neuwahlabenteuer zu riskant. Es ist eine Überlebensgarantie bis zum Sommer, aber der Streit kann im parlamentarischen Umsetzungsprozeß jederzeit wieder losgehen. Daran ändern auch die Minister-Unterschriften nichts", sagt Politologe Peter Filzmaier.

"Die Lunte brennt weiter", sagt OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer.

Die zentralen "Wirtschaftselemente" des neuen Koalitionspaktes sind:

Prämie für Jobs Betriebe, die neue Jobs schaffen, bekommen mit Stichtag 1. Juli für die kommenden drei Jahre 50 Prozent der Lohnnebenkosten ersetzt. Im Plan A war freilich noch von einer Entlastung um drei Milliarden die Rede, jetzt sind für diesen Schritt 500 Millionen Euro veranschlagt. Wie Missbrauch und Mitnahmeeffekte verhindert werden sollen, ist noch nicht näher bekannt.

2019 Steuerentlastung Ebenfalls von beiden Parteien gefordert, wenn auch in zunächst unterschiedlichen Modellen, wurde das Ende der kalten Progression. Es kommt nun frühestens mit Anfang 2019, dazwischen liegt freilich auf jeden Fall die Neuwahl des Nationalrates. Die jetzige Regierung will: 80 Prozent der Entlastung werden automatisch an alle verteilt und die ersten zwei Steuerstufen an die Inflation angepasst. Wie die restlichen 20 Prozent verteilt werden, entscheidet die Politik jeweils auf Basis eines speziellen "Progressionsberichtes", den die SPÖ einmahnte.

Zuckerl für größere Firmen Für Unternehmen ab 250 Mitarbeiter gilt heuer eine zeitlich befristete Sonderabschreibung von 30 Prozent für den Kauf von Maschinen (dezidiert nicht für Pkw oder Gebäude). Ziel ist es, dass Investitionen vorgezogen werden.

Scheitern erlaubt Das Insolvenzrecht wird modernisiert. Privatpersonen sollen sich künftig schon nach drei statt bisher erst nach sieben Jahren entschulden können. Zusätzlich fällt die Mindestquote von zehn Prozent gänzlich.

Sozialpartner gefordert Im Bereich Arbeitsmarkt sind die meisten SPÖ-Ideen eingeflossen – von der Beschäftigungsaktion für ältere Langzeitarbeitslose bis zum Lehrlingspaket. Freilich wurde vieles aus Kostengründen abgespeckt bzw. an die Sozialpartner ausgelagert (flexiblere Arbeitszeit, Arbeitnehmerschutzes, Mindestlohn von 1500 Euro.)

Brüssel muss mitspielen Noch völlig offen ist, was die angekündigten Verhandlungen mit der EU-Kommission ergeben könnten. Kern und Mitterlehner wollen den Zuzug osteuropäischer Arbeitnehmer nach Österreich beschränken und die Zahlungen von Familienbeihilfe an Kinder im EU-Ausland einschränken. Beides geht nach derzeitigem EU-Recht nicht.

Vage bei Pensionen Mit nur einem Satz ist die Harmonisierung der Pensionssysteme zwischen Beamten und ASVG-Versicherten erwähnt. Zwar gibt es hier einen alten Beschluss der Regierung Schüssel, doch nicht alle Länder sind ihm gefolgt. Beispielsweise hat Wien extrem lange Übergangsfristen bis nach 2040 gewählt. Eine Bund-/Länder-Arbeitsgruppe soll das ab April endlich ins Reine bringen.

Kommentare