BVT-Skandal: Kickls Generalsekretär in Erklärungsnot

Peter Goldgruber verteidigt sich mit Paragrafen, die Opposition will ihn anzeigen und fordert seine Suspendierung

Im Untersuchungsausschuss rund um die Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) musste sich am Dienstag Peter Goldgruber, mächtiger Generalsekretär im Innenministerium, den Fragen der Abgeordneten stellen. Doch je länger die Befragung dauerte, desto mehr kam der Jurist sprichwörtlich ins Schwimmen. Peter Pilz fordert sogar seine Suspendierung. Der Druck auf den Generalsekretär wächst nach seiner Aussage.

Goldgruber versuchte sich mit allerlei Beamten-Paragrafen und Anzeigepflichten zu verteidigen, sprach von „anderen Wahrnehmungen“ von Beteiligten und redete seine Rolle klein. Doch genau „seine“ Paragrafen wurden ihm dann von den Befragern mit voller Wucht an den Kopf geworfen. Seine Antworten fielen oft schmallippig aus, besonders unangenehmen Fragen versuchte er mit „Erinnerungslücken“ auszuweichen.

BVT-Skandal: Kickls Generalsekretär in Erklärungsnot

Listenführer Peter Pilz

Goldgruber hat viele Dinge gesagt, die nicht stimmen und im Widerspruch zu Dokumenten und anderen Aussagen stehen“, wetterte Pilz. Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper will gegen Goldgruber eine Anzeige wegen des Verdachts der Falschaussagen bei der Staatsanwaltschaft einbringen.

BVT-Skandal: Kickls Generalsekretär in Erklärungsnot

Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper

Goldgruber hatte die Hausdurchsuchung durch die Vermittlung von mutmaßlichen Belastungszeugen mitausgelöst, Pilz nannte es „Zeugenlieferungsservice“. Der Wiener Anwalt Gabriel habe ihn über den Stadthauptmann der Wiener City in seine Kanzlei gebeten, und der zweitmächtigste Mann des Innenressorts kam dem nach – angeblich, ohne zu wissen, worum es ging.

Lansky habe ihm dort das 40 Seiten starke Konvolut anonymer Anzeigen gegen Mitarbeiter des BVT und BMI übergeben. Lansky habe ihm auch noch gesagt, dass er glaube, dass bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft bereits ein Ermittlungsverfahren anhängig sei.

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Anwalt Gabriel Lansky übergab Goldgruber in seiner Kanzlei das Anzeigenkonvolut, ohne den Urheber zu nennen

Goldgruber habe danach mit der zuständigen Staatsanwältin ein Treffen vereinbart und das Konvolut übergeben. Dass das BVT jahrelang gegen Lansky in der Causa Aliyev/Kasachstan ermittelt hatte, will Goldgruber nicht gewusst haben. „Den Gedanken an eine Revanche Lanskys“ habe er zwar gehabt, aber verworfen.

Auch mit dem angeblichen Hauptzeugen W. traf er sich, um mit ihm über dessen Karenzierung und nur ganz nebenbei über das Konvolut zu reden. Doch die Karenzierung von W. war bereits im Dezember 2017 genehmigt worden, wie Jan Krainer ( SPÖ) aufdeckte.

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SPÖ-Nationalrat Jan Krainer

Mit der vermeintlichen Belastungszeugin P., die mittlerweile auch karenziert ist, trafen sich Kickl, Goldgruber und Kabinettsmitarbeiter Udo Lett sogar im FPÖ-Parlamentsklub.

Bei der Entbindung der Zeugen von der Amtsverschwiegenheit dürfte dann aber ein grober Schnitzer passiert sein: Zum Zeitpunkt ihrer Aussagen lag keine schriftliche Entbindung von der Amtsverschwiegenheit bei der Staatsanwältin vor. An der angeblich mündlichen Entbindung gibt es erhebliche Zweifel.

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ÖVP-Nationalrat Werner Amon hegt schwerwiegenden Verdacht gegen Goldgruber

So hegt der ÖVP-Nationalrat Werner Amon anhand von Unterlagen den Verdacht, dass zumindest eine schriftliche Entbindung erst nach der Razzia verfasst wurde. Im schlimmsten Fall wären die vier Hauptaussagen nichtig, also rechtlich unbrauchbar. Und ohne Entbindung hätten sich die BVT-Beamten mit ihren Aussagen sogar strafbar gemacht.

Goldgruber beharrt darauf, dass die Zeugen von ihm beziehungsweise seinem Mitarbeiter Udo Lett mündlich entbunden wurden. Am Ende müssen das wohl die Gerichte klären. Vieles drehte sich um die Widersprüche in seinen Aussagen. Die Oppositionsparteien hegen den Verdacht, dass Kickl, Goldgruber & Co die Razzia nutzen wollten, um an die BVT-Ermittlungsakten gegen Rechtsextremisten zu kommen. So soll Goldgruber einen Monat vor der Razzia von BVT-Chef Peter Gridling brisante Auskünfte gefordert haben.

Ob das BVT gegen Burschenschaften ermittelt? Und wo im Bereich Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt werden. „Ich kann es nicht ausschließen“, räumte Goldgruber zögernd ein. Antworten habe er keine erhalten. Danach kam es zur Razzia.

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Udo Lett ist im Generalsekretariat des BMI für das Thema Nachrichtendienste zuständig und betreute die BVT-Belastungszeugen

Dass ausgerechnet Sybille G., die wortgewandte Neonazi-Ermittlerin des BVT, nach der Razzia in die Sportabteilung des BMI verräumt hätte werden sollen oder ihr die Pension nahegelegt wurde, versucht Goldgruber mit dem „unaufgeräumten Zustand“ in G.s Büro zu rechtfertigen.

„Die Idee mit der Sportabteilung kam nicht von mir, sie war aber unbesetzt“, sagte Goldgruber. „Es sind in ihrem Büro Akten erledigter Verfahren herumgelegen, die dort nicht hingehörten.“ Spannend wird es heute, wenn BVT-Direktor Peter Gridling und sein Vize Dominik Fasching aussagen werden. Letzterer schickte Lett im Frühjahr ein eMail, bevor eine Razzia bei einem FPÖ-Mann und den Identitären anstand. Lett leitete das Mail an Goldgruber weiter, der solche Vorwarnungen später untersagt haben will.

BVT: Goldgruber weist Vorwürfe von sich

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