Buwog-Zeuge Ramprecht: Kein Groll, nur noch "Mitleid" mit Grasser

GRASSER PROZESS:
Vor der Sommerpause wurde noch einmal Ex-Grasser-Mitarbeiter und Belastungszeuge Michael Ramprecht von der Verteidigung gegrillt.

Dieser Artikel wurde laufend aktualisiert. Die Befragungen von Michael Ramprecht und Investment-Banker Pf. sind beendet.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Verteidigung stellte Antrag auf Abspielen von persönlichen Audio-Aufzeichnungen von Michael Ramprecht. Antrag wurde abgelehnt.
  • Zahlreiche Detailfragen zu Aussagen von Willi Berner und zum Tennisplatz-Gespräch mit Plech ("abgekartetes Spiel")
  • Ramprecht sagte, er hege "keinen emotionalen Groll", finde aber manche der Angeklagten "unsympathisch"
  • Ex-Lehman-Banker Pf. zum zweiten Mal aus London zugeschaltet: Keine Wahrnehmungen zu Einflussnahme Grassers bei Buwog-Privatisierung  
  • Sommerpause im Buwog-Prozess bis 10. September

Im Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere wegen Korruptionsverdachts rund um die Bundeswohnungsprivatisierung und das Linzer Bürohaus Terminal Tower stand heute einmal mehr Belastungszeuge Michael Ramprecht im Zeugenstand. Grasser-Anwalt Norbert Wess setzte seine Befragung fort, die zuletzt durchaus emotional verlief. Ramprecht fühlte sich im Mai durch Wess mehrfach provoziert und reagierte zusehends gereizt. So warf er Wess vor, deshalb wiederholt die gleichen Fragen zu stellen weil bei ihm der "Taxameter" läuft. Grasser hatte in einem Interview vor einigen Monaten vorgerechnet, dass ihn der Prozess bereits mehr als eine Million Euro gekostet habe. Nachdem es im Gerichtssaal zu einem Schreiduell gekommen ist, wurde die Befragung dann abgebrochen. Heute wurde sie fortgesetzt.

Detailfragen zur Grasser-Haider-Skizze

Wess fragt Ramprecht, ob es stimme, dass ihm der Ex-Kabinettschef im Infrastrukturministerium, Willi Berner, zunächst gesagt habe, er solle die Sache mit der Grasser-Haider-Skizze (siehe unten) nicht vor den Ermittlern erwähnen. Ramprecht verweist auf das detaillierte Gedächtnis des Willi Berner, er selbst könne sich nicht daran erinnern.

Ebenfalls nicht erinnern könne sich Ramprecht sich daran, Berner die Handynummer des damaligen Staatsanwalts Norbert Haslhofer gegeben zu haben. Er könne sich auch nicht daran erinnern, "dass mir der Doktor Haslhofer seine Handynummer gegeben hat." Mit Berner, der gestern im Zeugenstand saß, habe er allerdings damals mindestens einmal in der Woche telefoniert.

Der Grasser-Anwalt will weiters wissen, wann Berner seinem Freund Ramprecht die berühmte angebliche Skizze gezeigt hat. Ramprecht bestätigt, dass Berner der Einzige war, der ihn nach seinem Profil-Interview vom 2009 moralisch unterstützt habe. Berner habe ihm gesagt: "Was du gesagt hast ist richtig, da ist ein System dahinter", das sei nur die Spitze des Eisbergs. Wann ihm Berner von der angeblich von Hochegger angefertigten Grasser-Haider-Skizze erzählt habe, wisse er nicht mehr.

Die Richterin wirft ein, dass sie aus Berners Aussage nicht in Erinnerung habe, dass er Ramprecht die Skizze gezeigt habe. Es sei nur von "Erzählen" die Rede gewesen. Wess meint, sich dies gestern so notiert zu haben und beruft sich zudem auf den "Live-Ticker des KURIER". In unserem Live-Blog von gestern steht folgendes: "Schon im Jahr 2006 habe Ramprecht alles auffliegen lassen wollen. Er habe ihm davon abgeraten und schon damals von der Hochegger-Skizze erzählt."

"Emotional durch den Wind"

Berner sagte gestern aus, dass er Ramprecht mit seinem Bericht über die Skizze beruhigen wollte, er habe das als therapeutische Maßnahme betrachtet. Ramprecht bestätigt insofern, dass Berner nicht wollte, "dass ich Schaden nehme, weil er meine Persönlichkeit kennt. Wenn ich einen Weg beginne, gehe ich ihn bis zum Schluss."

Er sei von Grasser enttäuscht gewesen, weil er alles für ihn getan habe. Er sei tatsächlich "emotional durch den Wind gewesen". Ob ihm Berner auch tatsächlich therapeutische Hilfe empfohlen hätte? Vielleicht ein Mal im Spaß, erklärt Ramprecht. Eine solche hätte ihm auch nicht helfen können, meint er.

Die Heimfahrt vom Tennisplatz

Es geht um das berühmte Tennismatch mit Ernst Karl Plech, wo dieser von einem "abgekarteten Spiel" gesprochen habe. Wess fragt, ob er schon wisse, wo sich der befunden hätte. Hier ortet die Verteidigung Widersprüche. Ramprechts bisherige Erzählung war, er habe damals immer ein Navi genützt und daher den genauen Weg nicht gewusst. Sein Bruder habe ihn ab und zu hingebracht. Nach dessen Zeugenaussage habe er ihn getroffen und über den Ort des Tennisplatzes gesprochen. Das habe ihm auf die Sprünge geholfen. Ob ihn sein Bruder auch wieder nach Hause gebracht habe, daran habe er keine Erinnerung.

Und warum? Zum Tennisplatz sei er "neutral hingefahren", daher wisse er, Ramprecht, dass sein Bruder ihn chauffiert habe. "Nach dem Gespräch war meine Welt eine andere", sagt Ramprecht. Er sei "emotional extrem berührt gewesen" von Plechs angeblichen Erzählungen über "mein großes Vorbild" (Karl-Heinz Grasser, Anm.) Für ihn sei "eine Welt zusammengebrochen. Aufgrund dieses "emotionalen Ausnahmezustands" habe er "keine Ahnung, wie ich dort weggekommen bin".

Nächstes Thema: Eine achtstündige Sprachdatei über ein Gespräch mit Plech. Auf welchem Gerät Ramprecht dieses aufgezeichnet habe. Der Zeuge sagt, er habe für interessante Gespräche immer ein Diktiergerät verwendet, erst, als die Handy-Technik bessere Aufnahmen ermöglichte, habe er auch auf Handys zurückgegriffen. Ramprechts Bruder hatte ausgesagt, er habe das Plech-Gespräcm mit dem Handy aufgenommen. Ramprecht erklärt aber, dass dieses Gespräch nichts mit dem Buwog-Verfahren zu tun habe.

Nächster Degenstich der Verteidigung: Ein News-Artikel, wonach Ramprecht bei einem Immobiliendeal Provisionen bezogen habe. Ob es stimme, dass er als damaliger Chef der Bundesbeschaffungsagentur deswegen medial und politisch unter Druck stand? Ramprecht bestätigt. Er hat die Vorwürfe damals und auch heute bestritten. Warum er denn keine medienrechtliche Schritte dagegen unternommen habe. Ramprecht: Es sei ihm nicht wichtig, was in den Medien über ihn geschrieben werde. Ihm sei wichtig, "was meine Familie von mir hält".

Meischberger "unsympathisch", aber "kein emotionaler Groll"

Ob er emotionalen Groll gegen manche Leute hier im Saal hege? "Sie waren mir zuletzt unsympathisch", sagt Ramprecht zu Anwalt Wess, "jetzt nicht mehr, weil Sie so fesch angezogen sind." Meischberger sei ihm allerdings nicht sympathisch, "und ein anderer, der nicht mehr im Saal sitzt." Er hege aber "keinen emotionalen Groll". 

Wess stellt einen Antrag auf Abspielen einiger Audiodateien, die 2010 bei der Hausdurchsuchung bei Ramprecht mitgenommen wurden. Der Verteidiger zählt einige auf , wo es um Ramprechts Familie geht. Er zitiert daraus, wittert Widersprüche zu Aussagen in der Hauptverhandlung und bezieht sich auf das Recht der Verteidigung die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu überprüfen.

Der Staatsanwalt sieht hingegen keinen Zusammenhang zwischen den Tonaufzeichnungen und dem Buwog-Verfahren und spricht sich gegen den Antrag aus.

Nach einer kurzen Pause geht es weiter mit der Befragung durch Meischberger-Anwalt Jörg Zarbl. Er will wissen, worin sich die einstmals "väterliche Freundschaft" (Ramprecht) zu Plech begründet. Ramprecht bestätigt, ein enges Verhältnis zu ihm gehabt zu haben. Zwei Mal sei er bei ihm eingeladen gewesen, zwei Mal habe er ihn eingeladen. Der Anwalt fragt, ob Ramprecht Finanzierungsbedarf bei einem Wohnungskauf gehabt hätte. Die von Plech angebotene finanzielle Hilfe sei ihm willkommen gewesen, obwohl er über genügend Vermögen verfügt habe.

Plech "emotional" wegen 6:0, 6:0-Niederlage?

Dann fragt Zarbl zu den Tennisspielgewohnheiten Ramprechts. Ob er öfter gegen Plech gespielt habe? Ramprecht erzählt, sie hätten einige Male gemeinsam gespielt, aber weil er Plech einmal 6:0, 6:0 besiegt habe, hätte sich das dann mit der Zeit wieder erledigt. Hier hakt Zarbl ein. Ob der um zwanzig Jahre ältere Plech "emotional aufgebracht gewesen sei ob der klaren Niederlage und deswegen unmittelbar danach gegenüber Ramprecht von einem "abgekarteten Spiel" rund um die Buwog-Vergabe gesprochen habe.
Die Richterin greift ein: Inwieweit "das Spielverhalten Ramprecht gegen Plech" entscheidungsrelevant sei? Zarbl sieht hier sehr wohl einen Zusammenhang und stellt die Frage noch einmal. Ob die klare Niederlage Grundlage für Plechs "Emotionalität" gewesen sei? Ramprecht meint, Plech sei nicht emotional gewesen, aber schon "aufgebaut" wegen der Zu-Null-Niederlage.

Dann will der Anwalt wissen, warum sich Ramprecht so genau an das Datum des Matches erinnern konnte. Ramprecht meint, er habe es gegoogelt. Und wie? Ramprecht, etwas schnoddrig: "Vor dem Bildschirm." Und was er gegoogelt habe? "Ramprecht gegen Plech", sagt der Zeuge. Dies sei nun als Spaß gemeint.

Jetzt zeigt sich die Richterin erbost: "Also, nein, für Späße haben wir keine Zeit." Zuvor hatte Hohenecker schon einmal lachende Journalisten abgemahnt.

Ramprecht, jetzt im Ernst: Er habe nach "Buwog-Prozess" gegoogelt.

Anwalt versucht, Glaubwürdigkeit zu erschüttern

Es geht um angebliche Provisionszahlungen Plechs an dessen Frau. Das habe ihn nicht interessiert, daher wisse er nichts darüber. "Es ist die Entscheidung meiner Frau, was sie tut", sagt Ramprecht. Er wiederholt, dass es eine falsche Entscheidung seiner Frau gewesen sei, in Plechs Immobilienfirma als Maklerin zu arbeiten dass seine Frau. Ob sich Ramprecht nach wie vor, wie damalsm von Plech bedroht fühle? Ramprecht verneint.

Immer wieder fragt die Richterin den Anwalt Zarbl: "Relevant?" Sie lässt einige Fragen nicht zu. Zarbl will Widersprüche zu Ramprechts Aussage, stets gesetztestreu gehandelt zu haben. Zarbl zitiert aus Protokollen zum Buwog-Prozess, die es laut der Richterin noch gar nicht gibt. Der Anwalt meint, er habe sich das "teilweise angehört". Schmunzeln bei Zarbl und anderen Verteidigern.

Wer ihn in Medienfragen beraten habe und ob er eine Medienstrategie gehabt hätte? Diese Frage lässt die Richterin zu. Ramprecht sagt, er hätte keine Medienstrategie verfolgt, Dinge wie das Profil-Interview sehe er heute eher als "Stolperstein".

Dann geht es um Ramprechts Engagement in der Soravia-Gruppe. Ob es stimme, dass er aufgrund Misserfolgs als Minopolis-Geschäftsführer abgelöst wurde. Ramprecht verneint. Es sei darum gegangen, einen Verlust von einer Millionen Euro optmistischer darzustellen. Daraufhin sei er gegangen, er sei "für so etwas nicht geboren", was er Martin Ohneberg auch gesagt habe. Ohneberg und Erwin Soravia hatten bei ihren Zeugenaussagen angegeben, dass Ramprecht äußerst emotional auf die Beendigung seines Engagements reagiert habe.

GRASSER PROZESS: ZARBL / MEISCHBERGER

Meischberger mit Anwalt Zarbl (li.)

"Mitleid" für Grasser

Zarbl fragt nach Alfred Gusenbauer und Hans-Peter Haselsteiner, ob er diese persönlich kenne. Die Richterin fragt wieder nach der Relevanz. Der Anwalt führt geschäftliche Querverbindungen zu Willi Berner ins Treffen. Ob gewisse Aussagen in diesem Zusammenhang als "Dankeschön" aufgefasst werden könnten. Die Frage wird so nicht zugelassen.

Die abschließende Frage dreht sich um eine Aussage Berners von gestern, wonach Ramprecht nach der Beendigung der Zusammenarbeit eine "enttäuschte Liebe" zu Grasser empfunden hätte. Ramprecht sagt lediglich, er sei enttäuscht gewesen. Heute empfinde er eher "Mitleid".

Abspielen von Audio-Aufzeichnungen abgelehnt

Nach einer halbstündige Pausem verkündet die Richterin die Entscheidung des Senat süber den Antrag von Anwalt Wess auf Abspielen von Audioaufzeichnungen im Gerichtssaal. Grundsätzlich sei die Prüfung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen durch die Verteidigung zulässig. Diese müsse sich aber darauf beziehen, ob der Zeuge "zu verfahrenswesentlichen Fragen falsch ausgesagt hat". Die von der Verteidigung angesprochenen Tonaufzeichnungen erscheinen dem Senat aber nicht ausreichend relevant, weil sie sich nicht direkt aufs Verfahren beziehen. Daher sei dieser Antrag abgelehnt worden.

Die Befragung Ramprechts ist somit beendet.

Ex-Lehman-Banker gibt noch einmal Auskunft über Privatisierung

Danach findet noch eine Befragung per Videoschaltung aus London statt. Befragt wird ein weiteres Mal der ehemalige Lehman-Brothers-Banker Pf. Bei der letzten Befragung des Deutschen monierten mehrere Anwälte - wie auch die Journalisten - eine schlechte Tonqualität. Pf. hat damals die Republik beim Privatisierungsverfahren zu den Bundeswohnungsgesellschaften beraten. 

Auch heute gestaltet sich der Verbindungsaufbau via Skype etwas holprig. Man hört Pfeiftöne, die eher an den Film "Das Boot" erinnern, als an eine Gerichtsverhandlung. Die Fragen stellt jetzt der Vertreter des Vertreters der Privatbeteiligten, also der beim Bieterprozess unterlegenen CA Immo. Diese hatte im Jahr 2004 zunächst die Nase vorn, und wurde in einer zweiten Bieterrunde noch vom Österreich-Konsortium rund um die Immofinanz übertrumpft. Dessen Gebot lag mit 961 Millionen Euro nur um rund eine Million Euro höher. Um den angeblichen Informationsfluss vor dieser Entscheidung dreht sich im Grunde das gesamte Buwog-Verfahren.

Wer hat letztlich entschieden?

Der Privatbeteiligtenvertreter fragt, wer schließlich über den Zuschlag entschieden habe. Ob die Auswahlkommission die Entscheidung für eine zweite verbindliche Angebotsrunde gefällt habe? Diese Entscheidung sei in der Sitzung vom 7. Juni 2004 gefallen, sagt Pf.. Dies sei auf Vorschlag von Lehman von den Anwesenden entschieden worden, also die gesamte Runde und "ein Stück weit der Minister". Wer der "spezifische Entscheider" gewesen sei, könne er nicht sagen. Niemand habe "die alleinige Kompetenz" für diese Entscheidung innegehabt.

Auf Nachfrage sagt er, man sei der Meinung gewesen, dass die zweite Bieterrunde ein richtiger Schritt sei. Der damalige Finanzminister Grasser sei auch dieser Ansicht gewesen. Rein formell hätte nach der ersten Runde ein Zuschlag erfolgen können, sagt Pf. Man sei generell "zufrieden" mit der Angebotshöhe gewesen. Warum der mit den Vorgängen vertraute Zeuge Heinrich Traumüller davon gesprochen habe, dass die Angebote nicht zufriedenstellend gewesen seien, dazu kann der Zeuge aus London nichts sagen.

Warum Lehman eine zweite Runde empfohlen habe? Pf.: Man habe noch Potenzial bei den Angeboten gesehen, weil die CA Immo zum Beispiel eine Finanzierungsgarantie hatte.

Jetzt will der Anwalt noch wissen, ob die Summe 960 Millionen Euro in irgendeiner Weise durchgesickert sei? "Nach meiner Wahrnehmung nicht", sagt der Zeuge. Auch das Land Kärnten hatte als potenzieller Käufer der ESG Villach eine Vertraulichkeitserklärung unterschrieben. Dass der damalige Landeshauptmann Jörg Haider im Bieterprozess aufgetreten wäre, habe der Zeuge nicht wahrgenommen. Auch zu einer allfälligen Weiterleitung vertraulicher Informationen habe er keine Wahrnehmung. Den Namen Detlev Neudeck, damals Kärntner Wohnbaureferent (FPÖ), kenne er, er habe "wahrscheinlich" einmal mit ihm zu tun gehabt. Ob er bei der entscheidenden Sitzung anwesend war, könne der Investmenkbanker nicht mehr sagen.

Hintergrund dazu: Die Staatsanwaltschaft wirft Grasser vor, die nötige Kaufsumme über seinen Trauzeugen, Ex-FPÖ-Generalsekretär Meischberger, gegen Schmiergeld verraten zu haben. Beide bestreiten dies, Meischberger behauptet, den Tipp von Haider erhalten zu haben.

Keine Wahrnehmung zu möglicher Beeinflussung

Abschließend stellt die Verteidigung noch kurze Fragen. Grasser-Anwalt Ainedter hat zunächst Probleme, das Mikrofon zu finden, und fragt dann den Zeugen, ob der Vergabeprozess als solches korrekt abgelaufen sei? "Ja."

"Hat sich Grasser im Wesentlichen an die Empfehlungen von Lehman gehalten?" Auch das bejaht Pf., er habe keine Erinnerungen an Abweichungen.

Die letzte Frage vor der Sommerpause kommt von Meischberger-Anwalt Zarbl: "Hat Grasser versucht, die Vergabe in Richtung des Bieters zu beeinflussen?" Pf. hat keine Wahrnehmung dazu und wird danach verabschiedet. Die Verbindung wird getrennt und die Richterin sagt, es freue sich wohl jeder hier schon auf die Sommerpause. In diesem Sinne wird die Verhandlung geschlossen - bis 10. September.

GRASSER PROZESS: GRASSER / WESS / AINEDTER.

Grasser mit seinen Anwälten Wess und Ainedter (re.)

Juristische Scharmützel zu Beginn

Vor der Befragung Ramprechts stellte Wess mehrere Anträge. Dabei ging es um die gestrige Aussage des zweiten Belastungszeugen Willi Berner. Dieser erklärte dass er sich vor seiner Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft mit dem damals zuständigen Staatsanwalt Norbert Haslhofer in einem Kaffeehaus getroffen habe. Er habe vorher klären wollen, ob Haslhofer vertrauenswürdig und an Aufklärung interessiert sei, denn schließlich gebe es auch bei den Staatsanwälten Seilschaften.

Berner hatte außerdem ausgesagt, dass er Ramprecht zunächst gebeten habe, nichts von der Skizze zu sagen, referiert Wess und legt als Beleg einen Auszug aus einem Liveticker vor. "Wahrlich erstaunlich" findet Wess außerdem, dass auch Gutachter Altenberger, der damals noch nicht beauftragt gewesen sei, bei diesem "einstündigen Kick-off-Termin" im Café Landtmann dabei gewesen sei. Berner hatte gestern gesagt, das sei die Bedingung des damaligen Staatsanwalts gewesen.

Wess beruft sich auf eine Dokumentationspflicht in der Strafprozessordnung, damit alle am Prozess Beteiligten den gleichen Wissensstand haben. Die Mitarbeiter von Wess hätten aber zu den Telefonaten zwischen dem Staatsanwalt und Berner und das Kaffeehaus-Treffen nichts im Akt gefunden. Daher beantragt er die Vorlage aller diesbezüglichen Unterlagen beim Gericht, so Wess. Auch die Auszüge aus dem Live-Ticker möchte Wess in den Akt aufnehmen lassen. Richterin Marion Hohenecker, die zwischendurch auch seufzt, lehnt letzteres ab, unter Hinweis auf den bereits ohnehin jeden Rahmen sprengenden Akt mit mehr als 4000 Ordnungszahlen. Außerdem sei jeder bei der Befragung Berners dabei gewesen. Und etwas süffisant fügt Hohenecker hinzu, dass die Verteidigung sonst immer die Korrektheit der Live-Ticker in Frage gestellt hätte.

Auch die aktuellen Staatsanwälte im Buwog-Verfahren nimmt sich Wess vor. Sie hätten zum Beispiel nicht dokumentiert, dass es am 24. Juli 2012 ein Telefongespräch des Zeugen Heinrich Traumüllers mit Staatsanwalt Gerald Denk gegeben hätte. Auch in diesem Fall beantragt die Verteidigung Grassers die Vorlage oder Beischaffung durchs Gericht.

"Sie möchten noch einmal von vorn beginnen?"

Wess beantragt überdies, dass den Angeklagten zu diesen Themen noch Befragungen eingeräumt werden. Die Richterin, fast etwas genervt: "Also, Sie möchten noch einmal von vorn beginnen?" Wess meint, das könne er so noch nicht sagen. Richterin: "Also nicht zwingend von vorn anfangen?"

Die Verteidiger von Peter Hochegger und Walter Meischberger und Karl Petrikovics schließen sich dem Antrag an. Petrikovics-Verteidiger Otto Dietrich sagt, es gehe auch um den Verdacht auf Amtsmissbrauch. Die weiteren Anwälte schließen sich großteils den Anträgen an, ein paar behalten sich das vor.

Staatsanwalt Alexander Marchart darf dazu Stellung nehmen. Er wittert eine Verzögerungstaktik. Die Protokolle zu Telefonaten zwischen Traumüller und Denk befänden sich seit 2012 im Akt, das könne auch die Verteidigung nachlesen. Marchart liest aber gleich selbst aus den Protokollen vor.

Im damals bereits laufenden Stammverfahren zur Immofinanz habe Altenberger außerdem bereits einen Gutachterauftrag gehabt, sagt Marchart. Dann weist er noch darauf hin, Grasser selbst habe erzählt, mit potenziellen Zeugen gesprochen zu haben.

Ramprecht erhob 2009 in einem Profil-Interview, nachdem die Zahlungen bei der Bundeswohnungsprivatisierung bekannt wurden, schwere Vorwürfe gegen seinen früheren Chef im Finanzministerium, Karl-Heinz Grasser. Im Zeugenstand erneuerte Ramprecht auch seine Aussage, dass Mitangeklagter Ernst Karl Plech bei einem privaten Tennismatch ihm gegenüber von einem "abgekarteten Spiel" gesprochen habe.

Die Angeklagten, für die die Unschuldsvermutung gilt, weisen diese Vorwürfe zurück.

Die Skizze

Berner war damals im ersten Jahr der schwarz-blauen Bundesregierung von Wolfgang Schüssel (ÖVP) Kabinettschef von Infrastrukturminister Michael Schmid (FPÖ). Hochegger habe ihm bei einem Gespräch im Kaffeehaus des Hotel Imperial in Wien eine Skizze aufgezeichnet, dass es zwei Stränge von Personen gebe - einerseits Grasser, Walter Meischberger, Ernst Plech und ihn - und auf der anderen Seite der damalige FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, Berner, sowie weitere Haider-Vertraute. Diese Personen sollten über "Fees" an den Großprojekten mitschneiden, das Geld solle in eine von Hochegger gegründete liechtensteinische Gesellschaft fließen, deren Namen er nicht mehr wisse.

Ihm sei klar gewesen, dass es da um illegale Geschäfte gehe, sagte Berner. Er habe abgelehnt, dabei mitzumachen. Die Staatsanwaltschaft sieht die Aussage von Berner als Beweis für einen gemeinschaftlichen Tatplan von Grasser, Meischberger, Hochegger und Plech, sich durch Korruption bei Staatsprojekten zu bereichern. Alle vier weisen dies jedoch entschieden zurück. Hochegger sagt, er habe nie so eine Skizze gezeichnet und Berner auch nie so ein Angebot gemacht.

Berner hat für seine Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft die angebliche Skizze nachgezeichnet. Hier eine KURIER-Abschrift aus dem Gerichtssaal (KEIN ORIGINAL!)

Buwog-Zeuge Ramprecht: Kein Groll, nur noch "Mitleid" mit Grasser

Ein Ende des Prozesses ist jedenfalls nicht absehbar. Am Mittwoch wurden die Termine bis Weihnachten 2019 bekannt gegeben, auf den heute 102. Prozesstag sollen heuer noch 31 weitere Verhandlungstage folgen. Ein Angeklagter ist bereits verstorben, zwei Angeklagte sind seit langem aus gesundheitlichen Gründen vorerst nicht mehr verhandlungsfähig. Die Befragung von Berner konnte nicht abgeschlossen werden, er muss noch einmal kommen

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