BUWOG-Affäre: Warum Anfechtung Grasser schaden könnte

Grassers Anwalt Ainedter hält Einspruchsfrist für unzumutbar kurz.
Einsprüche gegen Anklagen sind eher ungewöhnlich, KHG tut’s trotzdem. Warum?

Laienhaft beschrieben hat ein Rechtsanwalt vor allem eine Aufgabe: Er soll seinen Mandanten verteidigen – mit allen legal zur Verfügung stehenden Mitteln. So gesehen erscheint es fast logisch, dass Manfred Ainedter und andere Rechtsbeistände in der BUWOG-Affäre die Anklageschrift beeinsprucht haben, um Mandanten wie Karl-Heinz Grasser ein Gerichtsverfahren zu ersparen.

Doch so logisch der Vorgang auf den ersten Blick auch sein mag: Insider wundern sich über das Manöver.

Zunächst einmal sind Einsprüche gegen Anklageschriften die Ausnahme. Laut Statistik des Justizministeriums kamen im Vorjahr auf 3801 Anklageschriften nur 269 Einsprüche; und im gesamten Jahr 2015 wurden lediglich 34 erfolgreiche Einsprüche verzeichnet.

Abgesehen von den statistischen Chancen gibt es inhaltliche Argumente, warum KHG & Co die Einsprüche schaden könnten.

Warum, das kann unter anderem Karl-Heinz Plankel, ein Anwalt von Peter Hochegger, und damit einer der Schlüsselfiguren in der BUWOG-Affäre, erklären. Für Plankel ist es nicht weniger als ein "Schuss ins Knie", die Anklage zu bekämpfen.

Im KURIER-Gespräch bringt der Anwalt ein Beispiel: "Wenn ein Angeklagter in seinem Einspruch sagt ,Ich bin unschuldig‘, dann prüft das Oberlandesgericht nicht nur formale, sondern auch inhaltliche Fragen."

Komme das Gericht zu dem Schluss, dass es in der Anklage sehr wohl hinreichende Verdachtsmomente gibt, sei diese Ansicht gleichermaßen "einzementiert". Plankel: "Das Erstgericht würde später kaum gegen die Instanz judizieren. Aus Verteidigersicht ist es daher klüger, die Unschuld in der Hauptverhandlung zu beweisen."

Auch Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, sieht genau dieses Problem: "Aus Sicht der Verteidigung besteht in solchen Fällen das Risiko, dass ein Verdacht durch das Oberlandesgericht bestätigt wird, und dass dies zumindest eine Indiz-Wirkung für ein mögliches Erst-Urteil hat."

Wenn es statistisch und strategisch eher unklug ist, eine Anklage zu beeinspruchen, warum tun Strafverteidiger dies dann trotzdem?

Der offizielle Grund ist bekannt: Ainedter und sein Mandant halten die Einspruchsfrist für unzumutbar kurz (die Anklage zählt 825 Seiten, der schriftliche Einspruch soll binnen 14 Tagen erfolgen).

Das zweite Argument: Der Einspruch bringt – inklusive einer möglichen Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof – Zeit. Und die überlange Verfahrensdauer müsste bei einem allfälligen Schuldspruch als mildernd berücksichtigt werden.

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