Blassblaue Handschrift im Regierungspakt

Burgenlands designierter Vize-Landeshauptmann Hans Tschürtz (FPÖ) will die Grenzen stärker kontrollieren, um die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen.
Kleine Einheiten im Asylwesen und Grenzkontrollen gegen Organisierte Kriminalität.

Woran erkennt man die freiheitliche Handschrift im rot-blauen Regierungspakt, den Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und sein künftiger Vize Hans Tschürtz (FPÖ) am Freitag vorgestellt haben?

Dem Asylwesen, das weiter bei der SPÖ ressortiert, wird breiter Raum gewidmet. Wobei: In vielen Punkten waren einander beide Parteien davor schon recht nah. Im rot-schwarzen Pakt von 2010 kam Asyl gar nicht vor, obwohl der Wahlkampf davor vom verhinderten Asylzentrum in Eberau geprägt war.

Mehr als zwei der 38 Seiten des SP-FP-Paktes beschäftigen sich mit der Flüchtlingsfrage – fürs Kapitel Finanzen samt Bekenntnis zur Fortsetzung des Schuldenabbaus reicht eine halbe Seite. Und: Keine einzige Zeile für die Rettung des Uhudlers ...

Ja zum Recht auf Asyl

Inhaltlich enthält das Papier "keine Grauslichkeiten", wie SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos schon im Vorfeld beruhigt hatte – aber viel Unverbindliches. Immer wieder wird die schwarze Innenministerin zum Handeln aufgefordert. Sie solle die "Verteilungsquartiere des Bundes zur raschen Entlastung der Erstaufnahmestellen (...) unverzüglich (...) in Betrieb nehmen" – praktisch, dass es im Burgenland kein Verteilungsquartier gibt.

Die Koalition bekennt sich dazu, dass von Verfolgung und Tod bedrohte Menschen in Österreich und der gesamten EU "Schutz finden müssen". Im Burgenland will man auf "kleine Einheiten" und eine "verträgliche Relation" zur Bevölkerung setzen.

Von Tschürtz‘ früheren Forderungen nach einer fixen Höchstgrenze bei der Flüchtlingsaufnahme und DNA-Proben von allen Asylwerbern findet sich nichts mehr.

Auch das Kapitel Sicherheit, für das Tschürtz zuständig sein wird, wurde entschärft. Geblieben sind verstärkte temporäre Grenzkontrollen und Videoüberwachung, um die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen. "Das Schengen-System wird aber nicht ausgesetzt", erklärte Tschürtz am Samstag bei einer Pressekonferenz mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in Wien (mehr dazu siehe hier).

Auf die KURIER-Frage, zu welchem Thema die erste Volksbefragung stattfindet, antwortete Tschürtz: "Es gibt noch keine Themen." Auf dieses plebiszitäre Element ist er aber besonders stolz.

Rote Mannschaft

SPÖ-Landeschef Niessl, der im Ö1-Mittagsjournal einmal mehr die Koalition als autonomen Willen von Burgenlands SPÖ verteidigte, kündigte für das rote Regierungsteam einen Generationswechsel an – er selbst wird kommende Woche 64, Landesrat Helmut Bieler ist 63, Landesrat Verena Dunst 57. Am Samstag wurden Norbert Darabos (51) wenig Chancen auf den Soziallandesrat eingeräumt, Klubchef Christian Illedits (56) hingegen gute, Erster Landtagspräsident zu werden.

Die FPÖ-Landstraße hat am Samstag mit Einträgen auf ihrer Homepage zum Thema "Überfremdung" aufhorchen lassen. Gefordert wurde etwa, Asyl nur mehr "Staatsangehörigen der an Österreich angrenzenden Staaten" sowie jenen aus "Gebieten der Kronländer der ehemaligen Habsburgermonarchie" zu gewähren. Die Abschnitte wurden mittlerweile gelöscht, aus der FPÖ war vorerst keine Stellungnahme zu erhalten.

Gefordert wurde in den am späten Nachmittag von der Homepage entfernten Einträgen auch die "Rückführung" "der bisher legal aufhältigen Fremden" (Ausnahme: Schlüsselarbeitskräfte) - und zwar ebenfalls jener, die aus nicht an Österreich angrenzenden Staaten oder aus ehemaligen Gebieten der Habsburgermonarchie stammen. Deren Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligungen hätten "ausnahmslos nicht mehr verlängert zu werden", hieß es auf der Homepage der Landstraßer Freiheitlichen, wo FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache den Bezirksparteiobmann stellt.

Sämtliche "bisherige Zuerkennungen des Asylantenstatuses an Angehörige anderer Staaten" seien aufzuheben, hieß es weiter; "laufende Asylverfahren für den genannten Personenkreis" seien "unverzüglich einzustellen". Während des laufenden Asylverfahrens sollten Asylwerber "in gesonderten Zentren, die sie nicht verlassen dürfen", untergebracht werden, so eine weitere Forderung.

Eine Stellungnahme war vorerst seitens der FPÖ nicht zu erhalten - in der FPÖ-Pressestelle verwies man auf den geschäftsführenden Bezirksparteiobmann Dietrich Kops. Dieser war trotz mehrmaliger Versuche für die APA nicht erreichbar.

Im Laufe des Tages - und nachdem die Einträge im Online-Dienst Twitter für Debatten gesorgt hatten - wurden die Einträge auf der Homepage geändert. Die zuvor zu findenden Ausführungen unter dem Titel "Überfremdung" waren verschwunden, zu finden war nur mehr der (schon zuvor vorhandene) Punkt "Einwanderung". Dort heißt es: "Die integrale Zugehörigkeit Österreichs zum deutschen Kulturkreis stellt für uns einen Wert an sich und daher ein erhaltenswertes Gut dar. Nach Maßgabe der österreichischen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse halten wir die Einwanderung nach Österreich prinzipiell für möglich."

Gut und wünschenswert sei eine solche Einwanderung aber nur dann, "wenn es sich um Menschen aus einem mit uns harmonierenden Kulturkreis handelt, diese Menschen über eine entsprechende Berufsausbildung (mindestens über die Qualifikation eines Facharbeiters) verfügen und zur Anpassung und Eingliederung in unsere Kultur gewillt sind." Die Einwanderung von Angehörigen "außereuropäischer Kulturkreise" lehne man ab.

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