Bundesverwaltungsgericht: Rechnungshof rügt Verfahrensrückstand

Bundesverwaltungsgericht: Rechnungshof rügt Verfahrensrückstand
Richter nicht ausreichend qualifiziert, Personalgremien nicht in Bestellungen eingebunden, Verfahren dauern zu lange. Schwere Kritik am BVwG.

Das Ziel wurde verfehlt. 2014 sei das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) aus dem Asylgericht und 30 Bundesbehörden entstanden. Damit sollten Verfahren beschleunigt werden – ohne Erfolg. Der Rechnungshof (RH) rügt in seinem am Freitag veröffentlichten Bericht, die lange Verfahrensdauer und den Verfahrensrückstand. Überprüft wurden vor allem die Jahre 2018 bis 2021.

Mehrheit der Fälle betreffen Asyl- und Fremdenrecht 

Konkret seien über 15.000 Verfahren offen. Obwohl der Personalstand nach der Fluchtbewegung 2015/2016 um 42 Prozent (auf 200 Richter und Richterinnen) gestiegen ist und in diesem Zeitraum die meisten Verfahren eingingen, ist seit 2017 die Zahl der Verfahren deutlich zurückgegangen. Der Rückstand an offenen Verfahren des Geschäftsjahres 2021 sei so groß gewesen, wie alle neuen Verfahren 2020 und 2021 zusammen.

Der RH kritisiert in diesem Kontext: "Es ist nicht objektiv und zuverlässig feststellbar, ob tatsächlich eine effiziente und effektive Aufgabenwahrnehmung im richterlichen Bereich sichergestellt war."

Zu lange Verfahrensdauer

63 Prozent alle Verfahren werden erst nach der gesetzlichen Frist von sechs Monaten entschieden. (37 Prozent wurden rechtzeitig beendet.) Ebenfalls 37 Prozent der Verfahren dauerten länger als zwei Jahre. Dafür seien vor allem Verfahren im Bereich Asyl- und Fremdenrecht verantwortlich, weil noch Verfahren aus dem Jahr 2015/2016 abgebaut wurden, heißt es in dem Bericht. Daher empfiehlt der RH, Maßnahmen zu setzten, um die besonders belasteten Bereiche "personell und organisatorisch zu unterstützen."

Eine weitere Empfehlung: Weil die Asyl-Antragszahlen und die offenen Asylverfahren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl 2021 gestiegen seien, sollte der BVwG "zeitgerecht" reagiere, um einen neuen Rückstau zu verhindern. Außerdem sollte das BVwG sich selbst als „strategisches Ziel“ definieren, die sechs-Monate-Frist einzuhalten.

Nachbesserung bei Richter-Ausbildung

Bemängelt wird auch die Qualifizierung der BVwG-Richter. Diese müssen zwar eine fünfjährige juristische Berufserfahrung vorweisen, es sei aber nicht "ausreichend
sichergestellt, dass sich diese Personen tatsächlich für das Richteramt" eignen, weil sich diese von den "Tätigkeiten in der Verwaltung unterscheiden" würden.

Der RH empfiehlt daher "für neu eintretende Mitglieder eine Grundausbildung, beziehungsweise verpflichtende Weiterbildung zu schaffen, die den Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit entspricht. Die verpflichtende Teilnahme daran sollte gesetzlich vorgeschrieben sein."

Bedenken bei Bestellung

Die Prüfer und Prüferinnen des RH schließen sich zudem einer Kritik der EU-Kommission am Bestellverfahren der BVwG-Präsidenten und ihrer Stellvertreter an. Das Problem aus Sicht des RH: Obwohl dies in fast allen anderen richterlichen Bestellungen der Fall ist, sind beim BVwG keine Personalgremien in die Bestellung eingebunden.  

Zudem moniert der RH eine hohe Personalfluktuation juristischer Mitarbeiter. Dadurch blieben Planstellen 2020 und 2021 unbesetzt. Um das zu verbessern, empfiehlt der RH, die Attraktivität des BVwG als Arbeitgeber zu steigern. 

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