Auslands-Image: Österreich ist viel erspart geblieben
Für Österreichs Ruf im Ausland ist dieses Wahlergebnis ein Jackpot. Normalerweise wäre der Sieg eines gemäßigten Kandidaten in einem kleinen EU-Land nicht viel mehr als eine Randnotiz in den internationalen Medien geworden. Wegen des Brexit und des Trump-Siegs waren jedoch die Augen der ganzen Welt auf die österreichische Präsidentschaftswahl gerichtet. Würde Österreich das nächste Land sein, das kippt? Und das erste westeuropäische Land sein, das einen Nationalisten zum Staatsoberhaupt wählt?
Sogar das japanische Fernsehen beschäftigte sich mit der Hofburg-Wahl. Vielfach, vor allem auch von britischen Medien, wurde erwartet, dass sich die Welle des nationalistischen Populismus fortsetzt.
Internationale Pressestimmen zum Sieg Van der Bellens
Doch Österreich bricht den Trend. Wählt pro-europäisch und gegen Abschottung. Ausgerechnet Österreich, das Land des Kurt Waldheim und des Jörg Haider. Unsere ganze Vergangenheit hätten wir bei einem Hofer-Votum wieder mit-serviert bekommen.
Und, noch schlimmer für Österreichs Ruf: Ein FPÖ-Sieg bei der Bundespräsidentenwahl wäre für lange Zeit nicht aus den europäischen Schlagzeilen verschwunden. Ein österreichischer Spitzendiplomat sagte dem KURIER vor wenigen Tagen, die heimischen Botschafter hätten sich im Fall eines Hofer-Siegs darauf eingestellt, dass Österreich in den großen Wahlkämpfen 2017, in Frankreich und in Deutschland, zum politischen Spielball geworden wäre. Die anti-europäischen Rechtspopulisten hätten Österreich als Vorzeigeland herumgereicht, die pro-europäischen, gemäßigten Mitte-Parteien hätten Österreich in ihren Wahlkämpfen als abschreckendes Beispiel dargestellt. "Da hätte uns die beste diplomatische Sprachregelung nichts geholfen, um unseren Ruf zu retten, dieser Welle wären wir machtlos gegenübergestanden", sagte der Botschafter.
All das hat sich Österreich mit dem klaren Votum gegen ein FPÖ-Staatsoberhaupt erspart. Viele Wähler scheinen das ähnlich eingeschätzt zu haben wie die Diplomatie: Rund 60 Prozent der Wähler von Alexander Van der Bellen geben an, dass sie ihre Entscheidung wegen des Rufs im Ausland und der pro-europäischen Haltung getroffen haben.
Der Jubel war voreilig, die Erleichterung in Brüssel ist groß. Österreich hat den Dominoeffekt gebrochen. EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker will sich, sobald das Ergebnis offiziell ist, dazu äußern.
Innerösterreichisch fühlt sich die Regierung insofern gestärkt, als "ein Auftrag zu Neuwahlen aus diesem Ergebnis nicht abzulesen ist". Innerhalb der ÖVP geht diese Runde an Parteichef Reinhold Mitterlehner, was ebenfalls Rückhalt für die Bundes-Koalition bedeutet.
Die Regierung ist ja – wie berichtet – am Freitag am Abend beim Heurigen Zahel in Mauer in Wien-Liesing gewesen, um die interne Gruppendynamik zu verbessern. Das österreichische Hausmittel gegen den Streitvirus dürfte gewirkt haben. Von 18 Uhr bis 21.30 Uhr dauert die Gruppentherapie beim Heurigen, berichtet wird von einer "guten, amikalen Stimmung wie bei einer vorgezogenen Weihnachtsfeier".
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