Van der Bellen: "Wir blicken mit Spannung in die USA"
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hofft, dass die US-Außenpolitik auch in Zukunft vom Wunsch "nach enger multilateraler Zusammenarbeit und gegenseitigem Respekt" geprägt sein wird. "Wir blicken mit Spannung in die USA, wo Präsident Donald Trump die Regierungsgeschäfte übernommen hat", so Van der Bellen am Donnerstag beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Corps in der Wiener Hofburg.
Trump habe während des Wahlkampfs als auch nach seiner Wahl "zahlreiche pointierte Aussagen" getätigt, erinnerte der neue Bundespräsident bei seinem ersten Auftritt vor den in Wien akkreditierten Botschaftern und weiteren Diplomaten. Angesichts weltweiter Krisen und Konflikte würden sich viele "die Frage stellen, wie die künftige US-Außenpolitik aussehen wird".
Österreich als "Brückenbauer"
Van der Bellen betonte aber, dass Österreich auch an guten Beziehungen mit der Russischen Föderation sehr gelegen sei. Allerdings dürfe "uns das nicht daran hindern, die Einstellung der Unterstützung der bewaffneten Formationen in der Ostukraine zu fordern". Gleichzeitig erinnerte der Bundespräsident auch die Ukraine daran, "ihre Verpflichtungen im Rahmen der Minsker Abkommen zu erfüllen".
Van der Bellen wies im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt ("Die Entwicklungen in der Ostukraine erfüllen uns mit großer Sorge") und in Gegenwart von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) darauf hin, dass Österreich als "neutrales Land mit einer reichen Erfahrung als Dialogplattform und Brückenbauer" heuer den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehabe. "Wir sind davon überzeugt, dass die OSZE als bewährtes Dialogforum von 57 Mitgliedsstaaten ein geeignetes Instrument ist, um dem Vertrauensverlust, den wir in diesen Tagen auf den verschiedensten Ebenen wahrnehmen, entgegenzusteuern und Hoffnung auf ein neues Miteinander zu vermitteln."
EU werde nicht an Reformen vorbeikommen
Der frühere Grünen-Chef verlieh auch seiner Sorge um den Zustand der Europäischen Union Ausdruck. Die EU blicke "auf ein beispiellos schwieriges Jahr" zurück. Angesichts von hoher Arbeitslosigkeit in vielen Mitgliedsstaaten, dem geplanten Austritt Großbritanniens sowie von Radikalisierung und Terrorismus habe sich der in den Vorjahren entstandene Vertrauensverlust in die EU noch einmal vertieft, konstatierte das Staatsoberhaupt.
Die EU habe aber trotz multipler Krisen in allen Bereichen in enorm kurzer Zeit entschlossen reagiert und wirksame Maßnahmen ergriffen, unterstrich Van der Bellen. Etwa im Bereich Migrationspolitik. "Wir haben einen Treuhandfonds für Afrika geschaffen, ebenso eine europäische Grenz- und Küstenwache, die Einführung eines neuen EU-weiten Reise- und Informationssystems wird verhandelt, das gemeinsame europäische Asylsystem wird reformiert, die europäische Sicherheitsagenda zur Bekämpfung von Terrorismusbedrohungen und ein europäischer Verteidigungsaktionsplan werden abgearbeitet." Allerdings werde die EU nicht an tief greifenden Reformen vorbeikommen.
Die europäische Debatte werde heute weniger von der Diskussion über institutionelle Reformen bestimmt als vielmehr von der Bewältigung der akuten Krisen und drängenden Probleme, meinte das Staatsoberhaupt. "Die Bürgerinnen und Bürger erwarten Zusammenarbeit und Zusammenhalt sowie bessere Ergebnisse von der EU."
Österreichische Beziehungen zur Türkei
Bezüglich der jüngsten Entwicklungen in der Türkei erklärte der 73-Jährige, diese sei und bleibe ein wichtiger Partner für Europa, sei es in den Bereichen Wirtschaft, Migration, Sicherheit oder regionalen Fragen. Eine auf demokratischen Prinzipien basierte Türkei sei daher sehr wichtig, "nicht zuletzt um die Stabilität in der Region zu gewährleisten".
Österreich habe den Putschversuch vom vergangenen Sommer unmissverständlich verurteilt und erkenne den Kampf der Türkei gegen den Terrorismus an, sagte der Bundespräsident. Österreich sei aber sehr beunruhigt "über die dramatischen Entwicklungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechte und Grundfreiheiten".
Zur prinzipiellen Sicherheitsdebatte im Zusammenhang mit der Terrorismus-Bekämpfung mahnte Van der Bellen, dass ein demokratischer Rechtsstaat "schwach" werde, wenn er sich durch Terror dazu hinreißen lasse, seine eigenen Grundsätze der vermeintlichen Bekämpfung des Terrorismus zu opfern. "Nur dann hätten die Terroristen einen Sieg errungen."
Österreich unterstützt Zwei-Staaten-Lösung
Bezüglich des israelisch-palästinensischen Konflikts erklärte der Bundespräsident, eine "verhandelte Friedenslösung" auf Basis von UNO-Resolutionen und des Völkerrechts würde einen entscheidenden Beitrag zu Stabilität in der Region leisten. "Österreich und die EU werden weiterhin mit allen Kräften die Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung unterstützen."
Zum Flüchtlings-Thema erinnerte Van der Bellen, dass Österreich immer wieder die Bereitschaft unter Beweis gestellt habe, Menschen in Not zu helfen. Diese Grundhaltung sei jedoch im Zusammenhang mit der Gewährung von Asyl auf Dauer nur möglich, wenn gleichzeitig die Ursachen für Migration energisch bekämpft und Belastungen gerecht und fair verteilt würden. "Genau das ist auch im Jahr 2017 das Ziel des maltesischen Ratsvorsitzes, das Österreich unterstützt."
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