Charme-Offensive der Regierung gestartet

Premiere im Ländle: Schon bei der Anreise zu ihrer eintägigen Besuchstour verbreiten der Kanzler und sein Vize demonstrativ gute Laune.
Faymann & Spindelegger: Mit einer Info-Offensive will die Regierung die Stimmung für sich heben. Aber selbst im fernen Westen holt die Koalitionsspitzen die lästige Hypo ein.

Die beiden Anzugträger glucksen und kichern ohne Unterlass, und wüsste die Stewardess nicht, wer da auf Reihe 9 links in ihrer Maschine sitzt, sie würde die zwei für zwei alte Spezis halten. Wem sonst steht in der Morgenmaschine schon der Sinn nach ausgelassenem Scherzen?

Die beiden "Spezis" sind Werner Faymann und Michael Spindelegger. Die Regierungslenker sind unterwegs nach Vorarlberg, und ihre fast demonstrativ gute Laune hat wohl damit zu tun, dass sie die Hypo, den U-Ausschuss, kurzum all die unangenehmen Themen des Wiener Polit-Alltags, jetzt einfach hinter sich lassen – und sei’s nur für ein paar Stunden.

"Ländertage"

Mit dem Kurztrip ins Ländle löst die Regierungsspitze eine alte Ansage ein. Kurz nach dem Regierungsantritt hatten SPÖ und ÖVP versprochen, mehr, besser und vor allem zu zweit kommunizieren – der "neue Stil". Dann kam die Hypo und die "Ländertage"? Vertagt.

Heute und jetzt aber ist man wieder unterwegs, draußen bei den Menschen. Die erste Station: ein alteingesessener Bau-Konzern. 300 Millionen Euro Umsatz, 600 Mitarbeiter – und an der Spitze Vater und Sohn, die ohne Scheu oder Angst mit den Politikern parlieren.

"Wir hätten nichts gegen Vermögenssteuern, wenn im Gegenzug die steuerliche Belastung der Löhne fällt", sagt Junior-Chef Reinhard Schertler. Den Menschen müsse mehr Geld bleiben. "Wir wollen ja, dass sich die Leut’ bei uns das Skifahren leisten können und die Wohnung kaufen, die wir bauen." Von Warschau bis Saragossa sind die Mitarbeiter beschäftigt – ein dankbarer Anknüpfungspunkt für die Regierungslenker. "Offenheit liegt auch uns am Herzen. Wir wollen zur Basis, uns der Diskussion stellen."

Die Fragen, die Spindelegger und Faymann den Mitarbeitern stellen, sind freilich die, wie sie bei allen Betriebsbesuchen kommen: "Wie geht’s? "Wie lange sind Sie schon im Unternehmen?" Das Übliche, Small Talk – aber keine Spur von Bösartigkeiten, Ungeduld oder gar dem Mega-Thema Hypo.

Und dann, mittags, nachdem die Parteichefs gerade die Produktionshalle eines Elektro-Chip-Herstellers durchwandert haben, ist sie plötzlich doch wieder da, die Hypo. "Wie lange werden Sie noch gegen einen U-Ausschuss auftreten?", will ein lokaler TV-Journalist beim Interview wissen – und Werner Faymann sagt hier, im Ländle, was er genauso auch in Wien sagen würde: "Die politische Verantwortung ist klar. Sie liegt bei der FPÖ und den Milliarden-Haftungen, die Kärnten übernahm."

Am Nachmittag machen sich Faymann und Spindelegger zurück auf den Weg nach Wien, in den Alltag. Schlimm? Ist es nicht. Spätestens seit Freitag wissen sie: Die Hypo und der U-Ausschuss sind überall; auch im fernen Vorarlberg.

Ein riesiges neongelbes Löschfahrzeug steht vor der Firmenzentrale, als die Minister aus Wien eintreffen: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Sozialminister Rudolf Hundstorfer, die Sozialpartner in der Regierung, kommen zum Auftakt der Bundesländertour der Regierung ("Erfolgreich. Österreich.") nach Oberösterreich. Sie wollen dabei den Bürgern kommunizieren, was in den kommenden Jahren von der Regierung zu erwarten ist.

Dass die Minister angesichts von Hunderten Millionen Euro in der Hypo Alpe- Adria verbrannten Geldes ihren Tourstart ausgerechnet bei dem Weltmarktführer für Spezial-Löschfahrzeuge, der Leondinger Firma Rosenbauer, haben, sei Zufall, versichern die beiden.

Eine Werksbesichtigung ist ein Heimspiel, nicht nur für den Oberösterreicher Mitterlehner, sondern auch für Hundstorfer. "Griaß eich, Mahlzeit", sagt der ehemalige Gewerkschaftsboss jovial wie immer zu den Arbeitern in den Werkshallen. Er plauscht mit ihnen mal über die Familie, mal über die Arbeitsbedingungen. "Kann ich mich eh auf mei’ Hacklerregelung verlassen", fragt ein besorgter älterer Arbeitnehmer. "Natürlich, da tun wir eh nix verändern", versichert Hundstorfer.

Mitterlehner lauscht unterdessen lieber den Ausführung der Firmenchefs. "Uns geht es grundsätzlich sehr gut", sagt Rosenbauer-Chef Dieter Siegel: "Aber wir brauchen eine wirtschaftsfreundlichere Gesinnung in Österreich." Bedenklich sei für den Firmenboss, dass Österreich schleichend einer De-Industrialisierung gegenüberstehe. Die Politik könne aber helfen, etwa durch rechtlich flexiblere Arbeitszeitregelungen und Senkung der Lohnnebenkosten. "Reden S’ ruhig lauter, er ist eh da", verweist Mitterlehner die Forderung schmunzelnd an Hundstorfer. "Wir verhandeln über Gleitzeitmodelle", versichert dieser.

Wenig später, bei einem Treffen mit Jungunternehmern und Firmenchefs ist die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs ebenfalls großes Thema. "Wir brauchen mehr Geld für Innovation", klagen die Unternehmer. Die Minister versprechen Besserung, "und es geht in Wahrheit nur mit einer Steuerreform".

Wenig später landen die beiden Minister an der FH Oberösterreich in Hagenberg nahe Linz. "Ihr macht’s eine tolle Ausbildung und habt’s dann laut Statistik das geringste Risiko für Arbeitslosigkeit", sagt Hundstorfer, "und als Sozialminister freut mich das."

Und dann kommt sie, die Frage, die die Minister in Wahrheit den ganzen Tag schon erwartet haben: "Was ist mir der Hypo? Und wann gibt es den U-Ausschuss", will ein junger Student wissen. Die Kollegen im Hörsaal spenden Applaus.

Mitterlehner entschuldigt sich anfangs für seine Aussage vor wenigen Tagen gegenüber einem Journalisten ("Wollen Sie mich pflanzen?"). Er sei genervt gewesen von immer den gleichen Fragen:"Und ich gebe zu, ich habe schon glücklichere und intellektuellere Antworten gegeben. Auch meine Töchter waren not amused."

Das Hypo-Thema wird sie wohl noch lange begleiten ...

Kommentare