Bundesheer: Ukraine-Krieg rückt maroden Zustand wieder in den Fokus

Bundesheer: Ukraine-Krieg rückt maroden Zustand wieder in den Fokus
Bundesheer kann verfassungsmäßigem Auftrag nicht mehr nachkommen. Die Warnungen und Bitten um mehr Mittel wurden von der Politik jahrelang ignoriert.

Der Krieg in der Ukraine hat in einigen europäischen Staaten - allen voran Deutschland - hektische Aufrüstungsankündigungen ausgelöst. Auch die österreichische Politik hat sich schon am zweiten Tag der russischen Invasion für eine Aufrüstung des Bundesheeres ausgesprochen. Davor waren die Verantwortlichen allerdings jahrelang untätig. Dass sich das Bundesheer in einem nicht verfassungskonformen Zustand befindet, ist seit Jahren bekannt.

Kein Ersatz für Saab

Die Warnungen und Bitten um mehr Mittel wurden von der Politik jahrelang ignoriert. Es wurde meistens nur das Nötigste gemacht, in manchen Bereichen nicht einmal das. So wurde zum Beispiel für die aus Altersgründen ausgeschiedenen Saab-105-Jets, die als Schul- und Identifizierungsflugzeug eingesetzt wurden, überhaupt kein Ersatz beschafft.

Kann Auftrag der Verfassung nicht nachkommen

2019 haben sowohl Bundespräsident Alexander van der Bellen als oberster Befehlshaber als auch Generalstabschef Robert Brieger gewarnt, dass das Bundesheer seinem verfassungsmäßigen Auftrag nicht mehr nachkommen kann.

"Das Bundesheer hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten von der eigenständigen Fähigkeit zur Landesverteidigung dramatisch entfernt. Schon bald werden die wesentlichen militärischen Kernfähigkeiten aufgrund der Überalterung nahezu aller wichtigen Waffensysteme nicht mehr vorhanden sein." Durch "die permanente Unterbudgetierung" des Bundesheeres hätten sich "Sicherheitslücken" ergeben, schreib Brieger damals. "Das Bundesheer steht erstmalig seit seinem Bestehen vor dem Scheideweg, ob es seine Kernaufgabe als bewaffnete Macht der Republik Österreich überhaupt noch wahrnehmen kann oder eben nicht."

Der Generalstab verlangte damals eine Anhebung des Heeresbudgets auf mindestens 3,3 Mrd. Euro bis 2022 und ab dann mindestens ein Prozent des BIP bzw. über vier Mrd. Euro, um das Notwendigste abzudecken. Passiert ist das freilich nicht. Das Budget beträgt heute 2,7 Mrd. Euro bzw. 0,6 Prozent des BIP.

Zwei Prozent des BIP nötig

Für eine "vollumfängliche Landesverteidigung" wären zwei Prozent notwendig, stellte Brieger vor drei Jahren fest. Das Bundesheer sei "jetzt schon nicht mehr in der Lage seinen Verfassungsauftrag, Landesverteidigung im Rahmen einer Schutzoperation in einem vertretbaren Maß zu erfüllen", wenn das Budget nicht angehoben werde, werde das Militär "nur mehr einfache Assistenzleistungen erfüllen können und seine militärische Leistungsfähigkeit weitgehend einbüßen", so Brieger.

Der "dringende Investitionsstau" wurde damals mit drei Mrd. Euro beziffert. Ohne Investition werde es in allen Bereichen zu einem Verlust von Fähigkeiten kommen, in der Luftraumüberwachung genauso wie bei der Mobilität und der Ausrüstung. Der Generalstab zeigte auch auf, dass das Bundesheer in den vergangenen 15 Jahren regelrecht leergeräumt und in allen Bereichen halbiert wurde.

Viel eingespart

Neben zahlreichen Liegenschaften wurden seit 2004 41 Prozent der Luftfahrzeuge, 62 Prozent der schweren Waffen, 61 Prozent der geschützten und gepanzerten Fahrzeuge, 56 Prozent der ungeschützten Lkws und 49 Prozent der ungeschützten Pkw eingespart. Der Personalstand sank um 16 Prozent, die Mobilmachungsstärke gar um 50 Prozent und das Jahreskontingent der Grundwehrdiener um 47 Prozent.

Ein drastisches Bild zeigte sich auch bei der Infrastruktur des Militärs. Bei 65 Prozent der Gebäude brauche es größere Instandsetzungen, 25 Prozent der Infrastruktur brauchen kleinere Instandsetzungen, nur zehn der Gebäude sind in einem neuwertigen Zustand.

Verbesserungen wurden seit dem nur punktuell umgesetzt, die Politik hat es bisher verabsäumt, eine echte Kehrtwende einzuleiten.

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