Strache bleibt nach Kritik bei "Bürgerkrieg"-Aussage

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei seiner Rede zum Nationalfeiertag
FPÖ-Chef Strache zog mit seiner Rede "zur Lage der Nation" viel Kritik auf sich. Auch Kritik von Kanzler Kern, Vizekanzler Mitterlehner, Grünen und Neos wies er zurück.

Mit einer "Rede zur Lage der Nation aus freiheitlicher Sicht" hat Heinz-Christian Strache am Montag Stimmung für kommende Wahlen gemacht. Es wurde eine Art Best-of zeitgenössischer freiheitlicher Politik: Gegen politische Korrektheit, für Meinungsfreiheit, gegen Zuwanderung, CETA und "gekaufte Medien" und für "unser kulturelles Erbe". Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sei "die gefährlichste Frau Europas", die den "Startschuss zur größten Völkerwanderung seit Jahrhunderten" gegeben habe, sagte Strache im Palais Epstein in Wien.

Besonders drastisch wurde es aber, als der FPÖ-Chef die möglichen Folgen dieser Zuwanderung umriss. Einen Bürgerkrieg in Österreich halte er für "nicht unwahrscheinlich": "Durch den ungebremsten Zustrom von kulturfremden Armutsmigranten, die in unsere Sozialsysteme einsickern, wird aber unser von Solidarität und Zusammenhalt getragenes gesellschaftliches Gefüge in seinen Grundfesten erschüttert und macht mittelfristig einen Bürgerkrieg nicht unwahrscheinlich."

Kern: "HC Strache ist kein Patriot"

Auf diese Aussage reagierte am späten Abend auch Bundeskanzler Christian Kern. Auf Facebook sprach er Strache ab, ein Patriot zu sein.

"HC Strache hält in Österreich 'einen Bürgerkrieg mittelfristig für nicht unwahrscheinlich.' Und bezieht daraus die Rechtfertigung jedmöglicher politischer Mittel. Und das bei einer Rede anlässlich unseres Nationalfeiertages!" schrieb Kern. "Johannes Rau, der ehemalige deutsche Bundespräsident, hat treffend formuliert: 'Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt. Ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet.' HC Strache ist kein Patriot!", so der Kanzler im sozialen Netzwerk.

Strache bleibt nach Kritik bei "Bürgerkrieg"-Aussage

Mitterlehner: "Aberwitziger Begriff"

Auch beim Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag wurden Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP) auf die Bürgerkriegs-Visionen des FPÖ-Chefs angesprochen. Kern wiederholte seinen Appell vor Journalisten: "Ja, wir stehen vor großen Herausforderungen. Wir müssen Probleme lösen und nicht zuspitzen, und das tut Strache." Mitterlehner hält den Bürgerkriegs-Sager für einen "aberwitzigen Begriff".

Auch Bundespräsidentschafts-Kandidat Alexander Van der Bellen nahm in einer Pressekonferenz am Dienstag auf Nachfrage Bezug auf Straches Aussagen.

Grüne werfen Strache Angstmache vor

Kritik am Bürgerkriegs-Sager von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kam am Dienstag auch von den Grünen. "Strache sägt mit seinem Bürgerkriegsvergleich wieder einmal am Zusammenhalt in unserer Gesellschaft", erklärte Grünen-Chefin Eva Glawischnig in einer Aussendung.

Menschen, die durch internationale Krisen und Arbeitslosigkeit ohnehin bereits verunsichert seien, würden durch solche "inakzeptable Aussagen weiter zutiefst verängstigt", meinte Glawischnig.

Ähnlich schockiert zeigten sich die Neos. Straches Tiraden spielten mit den dunkelsten Stunden der Ersten Republik, meinte der stellvertretende Klubchef Nikolaus Scherak. Der FPÖ-Chef blicke bewusst "nicht nach vorne in eine friedliche Zukunft, sondern nach hinten in eine gewaltvolle Vergangenheit". Dass die FPÖ das Geschäft mit Wut und Angst betreibe, sei bekannt: "Dass sie allerdings jetzt auch auf das Geschäft mit Gewalt setzt, das ist eine neue, alarmierende Entwicklung."

Strache weist Kritik zurück

FPÖ-Chef Strache bekräftigte unterdessen seine bei einer Nationalfeiertags-Rede am Montag getätigten Aussagen via Facebook: "Mit der unverantwortlichen Völkerwanderung drohen leider auch in Europa Religions- und Bürgerkriege zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen."

Die Kritik von Bundeskanzler Kern und anderen wies Strache mit einem Vergleich aus der Wetterkunde zurück: "Nicht der ORF-Wetterredakteur, der vor einer Lawinengefahr warnt, ist verantwortlich für die Lawine!" FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl warf Kern zugleich mangelnde "Heimatliebe zu Österreich" vor.

"Schau’ns, der Haze hot jetzt a a Brülln. Steht eam! Schaut fost a bissl intellektuell aus, oder?" Das iPad konsequent auf ihr Idol gerichtet, saß gestern eine rothaarige Zuhörerin im Palais Epstein und filmte ihr Idol "Haze", also Heinz-Christian Strache.

Für gewöhnlich wäre die Bemerkung, die die blaue Parteigängerin ungefragt unter die Sitznachbarn warf, nicht weiter berichtenswert.

Im konkreten Fall ist die Sache aber anders. Denn ausgerechnet das, was die enthusiastische Funktionärin an ihrem Parteichef so schick findet, nämlich dessen optisch angedeutete Intellektualität, wollte der Klub- und Parteichef der Freiheitlichen in seiner "Rede zur Lage der Nation" so gar nicht fein finden, im Gegenteil: Wann immer er auf die Feingeister zu sprechen kam, äußerte sich der blaue Parteichef vornehmlich negativ.

Künstler und Intellektuellen? Sie tummeln sich laut Strache in "dubiosen Vereinen" – vorzugsweise im Gefolge des gegnerischen Hofburg-Gegen-Kandidaten Alexander Van der Bellen, um, so Strache, als Teil einer auf Subventionen hoffenden, "linken Schickeria" dem "System" das Wort zu reden.

Rot-grüner Filz

Aber nicht nur die Intellektuellen sollten im Lichthof des Parlamentspalais’ ihr Fett abbekommen: Der "rot-grün-verfilzte" Staatsfunk ORF, der seinen "Bildungsauftrag mit Propaganda verwechselt" und die FPÖ konsequent schlecht behandelt; die "mächtigste und gleichzeitig gefährlichste Frau Europas, Angela Merkel"; und "der ungebremste Zustrom kulturfremder Armutsmigranten", der das "gesellschaftliche Gefüge erschüttert" und mittelfristig "einen Bürgerkrieg" wahrscheinlich macht.

Man muss das hervorstreichen und betonen: Heinz-Christian Strache wähnt Österreich am Rande des Bürgerkrieges.

Und wenn er am Montag tatsächlich versucht haben sollte, den "patriotischen Staatsmann" (©FPÖ-NÖ-Chef Rosenkranz) zu geben, so gelang ihm das nur bedingt. Insbesondere Visionen und Zukunftspläne blieben in dem einstündigen Vortrag rar. Runter mit den Steuern, mehr direkte Demokratie: Das waren, im Wesentlichen, die inhaltlichen Vorschläge, die im Gedächtnis blieben.

Der Rest? Eine bockbeinige Verteidigung der FPÖ, frei nach dem Motto: Wir, die Freiheitlichen, warnen seit Jahren vor de facto allen Fehl-Entwicklungen – allein man hört uns nicht.

Gehört (und kritisiert) wurde derweil die Entscheidung von FPÖ-Hofburg-Kandidat Norbert Hofer, mit dem Zusatz "So wahr mir Gott helfe" im Wahlkampf aufzutreten. Am Montag hatten sich die Präsidentin der Katholischen Aktion und auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka den evangelischen Würdenträgern angeschlossen, die es bereits am Wochenende für ausnehmend unpassend erachtet hatten, mit Gott einen Wahlkampf zu bestreiten.

Und Strache? Er, der einst mit dem Kruzifix in der Hand Wahlen geschlagen hat, stellte sich hinter seinen Kandidaten und sagte fast trotzig: "Ich sage ganz bewusst, so wahr mir Gott helfe. Denn auf Gott vertraue ich."

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