Kurz und Von der Leyen: So kommen wir zum Impfstoff
Freitag, 10.30 Uhr, Brüssel/Wien. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hält eine Videokonferenz mit Kanzler Sebastian Kurz ab. Im Kongresssaal des Kanzleramts sind Medienvertreter über Video – als Beobachter – mit dabei.
Zu Beginn bedankt sich Kurz für das gemeinsame Beschaffen des Impfstoffes durch die EU-Kommission. Es sei „wunderschön, dass wir zum Jahreswechsel mit dem Impfen beginnen können“.
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Von der Leyen erzählt, wie das gemeinsame Vorgehen in der EU zustande kam. Zu Beginn der Pandemie hätten die USA gesagt, was immer sie an Impfstoff entwickeln und produzieren würden, es gelte America first. „Da haben wir Europäer zuerst gedacht, als Einzelländer kommen wir da nie ran, einzeln können wir mit den USA bei den großen Pharmafirmen nie mithalten. Daraufhin haben wir uns zusammengetan und uns unserer Marktmacht als EU besonnen.“
EU-Impfstoff "ist sicher"
Im nächsten Schritt habe die EU zwei Milliarden Euro in die Hand genommen, um, sobald ein Impfstoff gefunden sein würde, dessen Produktion vorzufinanzieren. Von der Leyen: „Wir haben vorweg investiert. Auf diese Weise konnten wir auch das Risiko streuen, wir haben sechs parallele Handlungsstränge aufgebaut. Wir haben jetzt das weltweit breiteste Portfolio an Impfstoffen.“ Es gebe sechs Verträge mit Impfherstellern, durch die Europa Zugriff auf zwei Milliarden Impfdosen haben werde.
Von der Leyen: „Wir werden rund 700 Millionen Menschen impfen können. Wir werden auf dem Westbalkan und in Afrika mitimpfen können. Und wir können wahrscheinlich schon im Dezember in Europa mit dem Impfen beginnen.“
Aus dem Gespräch von der Leyens mit Kurz geht hervor, dass die EU ihre Vorkaufsrechte auf Impfdosen bewusst größer dimensioniert hat, als es die EU-Länder brauchen würden. Man wollte die Nachbarländer, die weniger Geld zur Verfügung haben, an der Marktmacht der EU teilhaben lassen. Kurz betont, dass es ihm ein Anliegen sei, dass die Westbalkanländer mit Impfungen versorgt würden. Der Impfstoff, der in der EU zugelassen wird, werde nicht nur wirksam, sondern auch sicher sein, sagt von der Leyen.
Was bedeutet das EU-Impfprogramm für Österreich? Von der Leyen: „Ihr seid zwei Prozent der Bevölkerung und habt Zugriff auf zwei Prozent der Impfdosen – also auf viel mehr, als ihr wahrscheinlich brauchen werdet.“
Zum Ende des Gesprächs appelliert von der Leyen: „Wir müssen noch Durchhaltevermögen zeigen, aber wir haben jetzt Licht am Ende des Tunnels. Wenn in ein paar Monaten genügend Menschen durchgeimpft sind, dann können wir durchstarten.“
Der Zeitplan zur Impfung
Wenn die ersten Impfdosen in Österreich eintreffen – wie geht es dann weiter? Der Impfstoff von Pfizer beispielsweise muss bei minus 70 Grad Celsius gelagert werden.
Am Freitagnachmittag besucht Kurz die auf Impfstoff-Verteilung spezialisierte Firma Kwizda Pharmadistribution in Leopoldsdorf (Bezirk Bruck/Leitha). „Wir sind ready für die Corona-Impfstoff-Distribution“, sagt Thomas Brosch, Geschäftsführer von Kwizda Pharmahandel und Vorstandsmitglied der österreichischen Arzneimittel-Vollgroßhändler (PHAGO).
Bosch berichtet von einem Aufrüsten der Standorte der PHAGO-Mitgliedsunternehmen. Bis Ende 2020 sei es möglich, rund drei Millionen Impfdosen bei minus 70 Grad zu lagern und in Folge zu verteilen. „Auch alle anderen in Diskussion stehenden Temperaturbereiche können von den über Österreich verteilten 23 Standorten der Arzneimittelgroßhändler abgedeckt werden“, sagt Brosch bei dem halbstündigen Rundgang mit dem Kanzler in der Leopoldsdorfer Firma.
Kurz sagt, Österreich habe sich bei der Impfstrategie stark an EU-Vorgaben angelehnt. Zuerst würden vulnerable Gruppen, also vor allem Pflegeheimbewohner und das Pflegepersonal, geimpft.
Kurz: 70 Prozent Impfrate
Dann kämen Lehrer, Polizisten an die Reihe, und so würde man immer weiter in die Breite der Bevölkerung gehen. Ziel ist, 70 Prozent Durchimpfungsrate zu erreichen. Das werde noch einige Monate dauern. Kurz: „Im Sommer können wir die Pandemie für beendet erklären.“
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