Anschober: "Harter Lockdown wirkt", sehr hohe Zahl an Todesfällen

Gesundheitsminister und Intensivmediziner betonen mit Blick auf die kommende Grippewelle, dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen noch deutlich sinken muss.

Lockdown wirkt, Intensivmedizin aber noch hoch belastet

Tag 11 im harten Lockdown: Die Zahl der Neuinfektionen schaffte es zuletzt nicht unter die 5.000er-Schwelle, mehr als 700 Intensivbetten sind belegt.

Zur Situation in den Intensivstationen gab Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Vormittag ein Update. Assistiert wurde ihm dabei von den Intensivmedizinern Klaus Markstaller, Bernd Lamprecht und Günter Weiss.

"Der harte Lockdown wirkt"

4.954 Neuinfektionen, 6.009 Neugenesene: Das ist der aktuelle Stand in Österreich am Freitag. "Das ist ein erster Schritt. Die Zahlen sind nach wie vor dramatisch hoch", sagte Anschober. Es müsse in den nächsten "viel stärker nach unten" gehen.

"Die Zweite Welle ist in voller Wucht in ganz Europa sehr, sehr präsent", sagte Anschober. So eine Infektionsentwicklung wie im November, habe es "in der ganzen Covid-Frage in Österreich noch nicht gegeben." Von 9. bis 15. November kratzte Österreich bei den Neuinfektionen an der 10.000er-Grenze. Erfreulich sei, dass sich die Situation jetzt ein bisschen stabilisiere. In den letzten Tagen habe man die "ersten kleinen Schritte nach unten" wahrgenommen, sagte Anschober: "Der harte Lockdown wirkt."

113 neue Corona-Tote bis Freitag

Der Reproduktionsfaktor sei im November bei hohen 1,2 bis 1,3 Prozent gelegen. Die Folge: Hospitalisierungsraten und die Zahl von Patienten in Intensivbetten sind gestiegen, stabilisieren sich nun aber auch. Mit Freitag wurden 4.405 Hospitalisierungsfälle gemeldet, 703 Personen liegen auf Intensivstationen.

Und: "Wir haben nach wie vor sehr, sehr hohe Zahlen, was die Todesfälle betrifft", so der Minister. Am Freitag wurden 113 neue Corona-Tote gemeldet, wodurch die Zahl auf insgesamt 2.886 steigt. "Das sind jetzt wirklich sehr, sehr wichtige Tage für unsere intensivmedizinischen Einrichtungen." Es reiche nicht nur, die "Katastrophe" Triagen zu vermeiden, so Anschober: "Das hält auch unser Gesundheitssystem nicht lange aus" - vor allem mit Blick auf die bevorstehende Grippewelle.

Kritik gibt es daran, dass fast 40 Prozent aller Todesfälle auf Bewohner von Alten- und Pflegeheimen zurückgehen, obwohl bereits im März angekündigt wurde, dass diese Personengruppe verstärkt geschützt werden soll. Man versuche weiterhin, in Kooperation mit den Trägerorganisationen und den Ländern die Bewohner zu schützen, betonte Anschober und verwies auf die erweiterte Teststrategie und die Einschränkung der Besuche.

Bund bezahlt Massentests - zum "wesentlichen Teil"

Die Kosten für die Massentests werden zum "wesentlichen Teil" vom Bund übernommen. Dieser zahle die Tests und die Grundkosten, sagte Anschober. Der Vorarlberger Landesrat Christian Gantner hatte zuvor in den Vorarlberger Nachrichten gefordert, dass der Bund den Ländern auch die Personalkosten ersetzt. "Wir werden da sicher zu einem Ergebnis kommen", so Anschober.

Die Landesregierung bezahle vorerst die Überstunden für Gemeindemitarbeiter sowie eine Aufwandsentschädigung für das medizinische Personal von 45 Euro pro Stunde und für alle anderen freiwilligen Helfer von 15 Euro, berichtete Gantner. "Wir befinden uns in harten Verhandlungen mit dem Bund, damit er die Kosten ersetzt", sagte er. Über die Kostenstruktur sei schon mit den Landeshauptleuten gesprochen worden, erläuterte Anschober. Wenn es da "Zusatzwünsche gibt", werde das bei der nächsten Landeshauptleute-Konferenz besprochen.

Darauf angesprochen, dass mehrere Bundesländer die Massentest bereits früher als zunächst geplant durchführen wollen, sagte Anschober: "Wir werden uns ansehen, wie entsprechend die Herausforderungen gemeinsam zu schaffen sind." Derzeit gebe es die "Detailabstimmung mit den Bundesländern, auch mit der Stadt Wien", betonte der Minister. Die Stadtregierung hatte am Donnerstagnachmittag angekündigt, kommende Woche, am 2. Dezember, zu starten und die Tests am 13. Dezember abschließen zu

Markstaller: "Keine Katastrophe"

"Wir haben einen dramatischen Zuwachs an Personen auf den Intensivstationen erlebt", sagte Markstaller. Österreich sei mit 2000 Betten intensivmedizinisch sehr gut ausgestattet. Bei der aktuellen Belegung von 35 Prozent der Intensivbetten mit Covid-Erkrankten sei die Situation sehr kritisch, "aber keine Katastrophe". Es gebe nur Verschiebungen von Operationen, die keine weitere Auswirkung auf die Lebensdauer der Patienten haben, meinte Markstaller.

"Wir haben hauptsächlich derzeit auf unseren Intensivstationen Patientinnen und Patienten, die berufstätig sind", meinte Markstaller mit Bezug auf das Wiener AKH. Die jüngste Patientin sei 19 Jahre alt: "Covid-19 ist bei manchen Menschen eine wirklich schwere Erkrankung."

"Normalbetrieb konnte nicht aufrecht erhalten werden"

Lamprecht äußerte sich zur Situation in Oberösterreich. 1.000 Personen befinden sich dort in Spitalsbehandlung, 145 benötigen eine intensivmedizinische Betreuung. "Dass wir Triagen verhindern konnten", das sei nur besonderen Umständen zu verdanken - der Zahl der engagierten Mitarbeiter und der Kooperation zwischen Spitälern. Dennoch sei es nicht möglich gewesen, "gleichzeitig einen Normalbetrieb aufrecht zu erhalten", sagte Lamprecht. Heißt: Eingriffe wie Operationen des Grauen Stars oder Leistenbrüchen mussten aufgeschoben werden. Das heiße nicht, dass sie "aufgehoben" wurden, versicherte Lamprecht.

In Innsbruck sei die Lage ähnlich, sagte Weiss: Man müsse bei den Neuinfektionszahlen um das vier- bis fünffache hinunter, um den Betrieb normal weiterführen zu können und "medizinische Kollateralschäden" zu verhindern - vor allem mit Blick auf die Influenza-Saison.

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