Gemischte Bilanzen und drei Minus für FPÖ

APA12510078 - 28042013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: Der Sitzplatz von Spitzenkandidat LHStv. Wilfried Haslauer (ÖVP), anl. der Fernseh-Pressestunde "Landtagswahl 2013" , am Sonntag, 28. April 2013, in Salzburg. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Politik von innen: Drei von vier Landtagswahlen sind geschlagen. Am nächsten Sonntag ist Salzburg dran.

In einer Woche ist wieder Wahlsonntag. Die Meinungsforscher glauben, dass die Wechselwirkung von Tirol auf Salzburg eher gering ist, da Salzburg von einem einzigen, hausgemachten Thema dominiert ist: den Spekulationen mit Steuergeld.

Dieses Thema beherrschte am Sonntag auch die Spitzenkandidaten-Konfrontation im ORF. Die Feindschaft zwischen SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und dem ÖVP-Herausforderer Wilfried Haslauer war greifbar. Haslauer warf der SPÖ vor, einen „Scherbenhaufen“ angerichtet zu haben. Er habe sich in der Regierung nur auf die ÖVP-Ressorts konzentriert und sich zu wenig um die von der SPÖ geführten Bereiche gekümmert. Der ÖVP-Chef behauptete, Salzburg liege derzeit bei 3,1 Milliarden Euro Schulden. Er hofft auf Platz 1.

Grünen-Spitzenkandidatin Astrid Rössler sagte, die Spekulationsgeschäfte reichten bis 2001 zurück und seien von SPÖ und ÖVP gewollt gewesen. Außerdem hätte das „rot-schwarze System“ bewusst die Kontrolle ausgeschaltet. Karl Schnell von der FPÖ assistierte: „Fragen nach Risiko-Geschäften waren unerwünscht. Die FPÖ hat mehrfach im Landtag nachgefragt und wurde von Politikern und Beamten belogen.“

Wie wird Salzburg nach der Wahl regiert werden? Die Parteien-Vertreter vermieden zuletzt klare Koalitionsaussagen. Schnell meinte, die FPÖ werde sich „nicht verweigern“, aber auch „kein Steigbügelhalter für einen Landeshauptmann“ sein. Fix ist, dass Burgstaller zurücktritt, wenn sie nicht mehr Nummer 1 wird. Die Grünen legen sich nicht fest. Laut Bundesparteichefin Eva Glawischnig kommen SPÖ und ÖVP gleichermaßen als Koalitionspartner infrage, nur bei der FPÖ will sie nicht anstreifen.

Die bisherige Bilanz der Landtagswahlen 2013: Für die Bundes-ÖVP ist und bleibt der Sieg von Erwin Pröll in Niederösterreich das wichtigste Atout für die Nationalratswahl im Herbst. Tirol stellt einen Prestigeerfolg gegen die starke, auch bürgerliche Konkurrenz dar. In Salzburg droht der ÖVP ein historischer Tiefstand.

Die SPÖ konnte in Kärnten einen Sieg einfahren und einen Landeshauptmann-Sessel erobern. In Tirol und im stimmenstarken Niederösterreich ist sie jedoch auf historische Tiefstände abgerutscht, in Salzburg droht ihr ein Rekordverlust.

Die Strache-FPÖ hat alle drei Landtagswahlen verloren.

Bilanz des Teams Stronach: Erfolge in Kärnten und Niederösterreich, Scheitern in Tirol.

Tirol hat die ÖVP nicht wie erwartet abgestraft: Günther Platter hat mit seinen Schwarzen laut vorläufigem Ergebnis (ohne Briefwahl) 39,56 Prozent erreicht. Dies ist zwar um etwa ein Prozent weniger als beim letzten Urnengang im Jahr 2008, der Absturz ist aber deutlich sanfter ausgefallen, als ihm vorausgesagt wurde. Nun kann Platter den Anspruch auf den Landeshauptmann-Sessel erheben - obwohl er der VP das schlechteste Ergebnis seit 1945 beschert hat.

Bedingt ist dieser historische Tiefstand auch durch das Antreten gleich mehrerer Listen, die mehr oder weniger aus der ÖVP hervorgegangen sind. Vor allem die Liste "Vorwärts Tirol", gegründet von der ehemaligen VP-Landesrätin Anna Hosp, konnte sich gleich bei ihrem ersten Antreten beweisen und erreichte 9,30 Prozent. Fünf Jahre nach ihrem unfreiwilligen Polit-Abschied - Platter hatte sie durch ihre Nicht-Berücksichtigung im VP-Regierungsteam 2008 ins Abseits befördert - hat Hosp somit als Gründerin der Liste ein beachtliches Comeback gefeiert.

Am Montag tagen bereits die Parteigremien. Am Vormittag wurde der VP-Landesparteivorstand einberufen, Platter will bis Ende der Woche nach Sondierungsgesprächen entscheiden, mit welcher Gruppierung konkrete Koalitionsverhandlungen geführt werden sollen. Am Montagnachmittag kommt der SPÖ-Vorstand zusammen. Auch "Vorwärts Tirol" will noch am Montag über das Verteilen der vier errungenen Landtagsmandate entscheiden. Die Grünen tagen erst Dienstagabend, die FPÖ am Sonntag.

Team Stronach scheitert

Den Einzug in den Landtag nicht geschafft hat das Team Stronach: Beim dritten Versuch bei einer Landtagswahl scheiterte Stronachs Team erstmals an der Fünf-Prozent-Hürde - die Partei erreicht nur 3,4 Prozent. Robert Lugar, Team-Stronach-Klubchef im Nationalrat, hat sich über den verpassten Einzug in den Tiroler Landtag nicht überrascht gezeigt. "Aufgrund der Probleme im Vorfeld war nichts anderes zu erwarten. Unseren Siegeszug wird das nicht aufhalten", meinte er in Richtung Nationalratswahl.

Grüne in der Regierung?

Die Grünen konnten mit 12,14 Prozent das erwünschte Ergebnis nicht ganz erreichen. Zwar konnte Ingrid Felipe als neue Spitzenkandidatin den Wert ihres Vorgängers Georg Willi leicht steigern - dessen Bestwert von vor zehn Jahren erreichte Felipe aber doch deutlich nicht. Ob es sich trotzdem für einen Landesratsposten in einer schwarz-grünen Koalition ausgeht, wird sich zeigen (siehe unten).

Ein Minus hat auch die SPÖ hinnehmen müssen - mit 13,84 Prozent erreichen die Tiroler Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Gerhard Reheis ebenso wie die ÖVP einen historischen Tiefstand. Damit verfehlte der 58-Jährige auch sein Vorhaben, Tirols neuer Landeshauptmann zu werden, mehr als deutlich.

FPÖ wurde abgestraft

Die FPÖ unter Spitzenkandidat Gerald Hauser hat bei der Landtagswahl am Sonntag Federn lassen müssen - sie erreicht 9,61 Prozent. Statt eine Trendumkehr einzuleiten, prolongierte die FPÖ in Tirol nach den Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten den Abwärtstrend. Ob Hauser, der als enger Vertrauter von FP-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache gilt, das politisch überleben wird, scheint mehr als fraglich.

Die "Liste Fritz" dürfte es mit einem Ergebnis von 5,64 Prozent auch im zweiten Anlauf in den Tiroler Landtag schaffen - vom Sensationsergebnis vor fünf Jahren ist man aber weit entfernt. Wohl mitverantwortlich ist der etappenweise Rückzug von Parteigründer Fritz Dinkhauser, der als Spitzenkandidat damals 18,4 Prozent der Wähler überzeugen konnte. Seine Nachfolgerin Andrea Haselwanter-Schneider muss trotz Dinkhausers moralischer und rhetorischer Unterstützung froh sein, die Fünf-Prozent-Marke zu überspringen.

Spannend ist es noch für die Liste "Gurgiser&Team", die den Sprung in den Landtag aber laut vorläufigem Endergebnis mit 4,85 Prozent knapp verfehlen dürfte. Noch stehen allerdings die Briefwahl-Stimmen aus.

Den Einzug verfehlt haben darüber hinaus auch die Piraten, die Liste "für Tirol" und die KPÖ. Die Wahlbeteiligung (ohne Wahlkarten) liegt bei nur 58 Prozent. 2008 waren noch 65,8 Prozent zu den Urnen geschritten. Mit den Wahlkarten, die erst am Dienstag ausgezählt werden, wird sich die Beteiligung noch etwas erhöhen. Insgesamt haben 27.294 - also etwas mehr als fünf Prozent - der rund 532.000 Wahlberechtigten eine Wahlkarte beantragt.

Überblick: Analysen und Hintergrundberichte zur Tirol-Wahl finden Sie hier.

Die Wahlkampagne der VP-Tirol hat bis nach Italien Wellen geschlagen. „Keine italienischen Verhältnisse“ hieß es auf Plakaten, auf denen Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi einen FIAT 500 gegen die Wand fährt. „Tirol muss regierbar bleiben“, war die zweite Botschaft, die auch der amtierende Landeshauptmann Günther Platter stets wiederholte.

Regieren wird in Tirol auch künftig die Volkspartei. Alle anderen Koalitionsvarianten sind nach dem Wahlergebnis vom Tisch. Günther Platter braucht zwar wieder einen Partner. Den kann er sich aber aussuchen.

Mindestens 19 Sitze

Gemischte Bilanzen und drei Minus für FPÖ
Sowohl SPÖ, Grüne, FPÖ als auch Vorwärts Tirol bringen die nötige Anzahl an Mandaten für eine gemeinsame Regierungsbildung mit. Für eine Mehrheit sind mindestens 19 von insgesamt 36 Landtagssitzen nötig. Die VP schafft es wie bisher auf 16 Mandate, damit gehen sich Mehrheiten mit SPÖ, FPÖ, Grünen oder Vorwärts Tirol aus.

Die VP hat zuletzt mit Schwarz-Grün geliebäugelt. Die Ökopartei blieb unter den Erwartungen und kam nur leicht ins Plus. Spitzenkandidatin Ingrid Felipe schließt eine Koalition mit der Volkspartei nicht aus, betonte gestern aber erneut: „Die VP müsste eine Kehrtwende in ihrer Umweltpolitik machen.“ In der Agrar-Frage sah Felipe zuletzt ein „Einlenken“ der VP. Grüne, SPÖ und FPÖ haben ein Agrar-Rücküber-tragungsgesetz zur Koalitionsbedingung gemacht. Damit sollen Landflächen in der Größe Osttirols (2000 ) zurück an die Gemeinden wandern. Die Agrarbehörde hatte diese in den 1950er- und 60er-Jahren an sogenannte Agrargemeinschaften übertragen.

Dass ein Rückübertragungsgesetz weiter Bedingung für eine Neuauflage der rot-schwarzen Koalition bleibt, machte SP-Spitzenkandidat Gerhard Reheis am Sonntagnachmittag klar: „Dazu gibt es einen Beschluss des Parteitags.“ Eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis komme nicht in Frage: „Ich werde kein Schleppenträger sein.“

Die VP-Splittergruppe Vorwärts Tirol blieb gestern bei ihrer Ansage: Eine Koalition mit einer Volkspartei unter der Führung Günther Platters komme nicht in Frage. Theoretisch möglich wäre auch Schwarz-Blau. Die Variante gilt aber als unwahrscheinlich.

Im Jahr 2008 trat der Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa zurück, weil die ÖVP nur noch auf rund 40 % der Stimmen kam. 2013 kann sein Nachfolger Günther Platter mit ungefähr demselben Ergebnis sehr zufrieden sein. Van Staa scheiterte, weil er seinen internen Konkurrenten Fritz Dinkhauser nicht mehr einbinden konnte, Platter blieb erfolgreich, obwohl auch er die Tiroler Schwarzen nicht zusammenhalten konnte.

Günther Platter ist trotz seiner Zeit in der Bundespolitik kein Landeshauptmann, der hohe Aufmerksamkeit auf sich zog. Und es ist sicher schwieriger, die freiheitsliebenden, um nicht zu sagen sturen Frauen und Männer der Tiroler ÖVP unter einen Hut zu bringen als die gewohnt streng geführten Niederösterreicher.

Aber Platter gelang es, sich als stabile Kraft zu präsentieren. Das ist in unseren unsicheren Zeiten auch etwas wert. Jetzt wird es spannend, ob er die begabte frühere ÖVP-Politikerin Anna Hosp ins bürgerliche Lager integrieren kann. Regieren wird Platter aber mit der geschwächten SPÖ oder den gestärkten Grünen.

Mal sehen, ob Frank Stronach durch sein Scheitern in Tirol etwas lernt. Bei kurzer Analyse wird ihm klar werden, dass Politik komplizierter ist, als Befehle ausgeben, Inserate schalten und Plakate kleben lassen.

Heinz-Christian Strache wusste schon vor seiner Tirol-Niederlage, dass die FPÖ im Herbst um die Stronach-Wähler kämpft, aber er sicher nicht ums Kanzleramt.

Unnötig war Platters Aktion, in aller Öffentlichkeit zu wählen. Man kann schon davon ausgehen, dass sich Kandidaten selbst wählen. Aber für das Recht auf die geheime Wahl wurde lange gekämpft, es ist wichtiger als ein Gag am Wahltag. Und die erstaunlich niedrige Wahlbeteiligung von rund 55 % wird er so auch nicht heben.

ÖVP-Bundesobmann Michael Spindelegger hat sich in einer ersten Reaktion zufrieden mit dem Ergebnis der Tirol-Wahl gezeigt. "Die ÖVP Tirol hat die 16 Mandate gehalten und bleibt die stabile Kraft im Land, Landeshauptmann Günther Platter wurde bestätigt", hielt er fest. Die "selbsternannten Herausforderer" der Volkspartei hätten ihre Wahlziele deutlich verfehlt. "Es hätte durchaus auch Charme, Schwarz-Grün zu probieren", sagte Spindelegger außerdem am Montag. Es stelle sich aber noch die Frage, "wie kommt man mit den Inhalten zusammen".

Die ÖVP sei nun "fast dreimal so stark wie die nächstfolgende Gruppierung", rechnete Spindelegger vor. Trotz einer historischen Listenvielfalt hätten die Tiroler "ihre Stimme für eine stabile Regierung abgegeben". Für den Parteichef und Vizekanzler ist damit klar: "Das Jahr der ÖVP gewinnt unaufhaltsam an Fahrt."

SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann ist nicht erfreut über die voraussichtlich rund 13 Prozent - und damit einen historischen Tiefstand -, die seine Partei bei der Landtagswahl in Tirol eingefahren hat. Zugleich stärkte er dem Tiroler Parteichef Gerhard Reheis demonstrativ den Rücken. "Zufrieden kann man nicht sein, wenn man ein Minus hat", so der Bundeskanzler im ORF-Fernsehen. Doch Reheis, erst seit dem Herbst vergangenen Jahres an der SP-Spitze, habe zu wenig Zeit gehabt, die Tiroler zu überzeugen. "Ich halte ihn für einen guten Mann."

Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig hat sich am Sonntagnachmittag nach den ersten Hochrechnungen sehr zufrieden gezeigt. "Das ist ein sehr schöner Aufwärtstrend", sie als Parteichefin hätte sich nichts anderes wünschen können. Schwarz-Grün wäre möglich, so die Rahmenbedingungen stimmen. Spitzenkandidatin Ingrid Felipe sei in diesem Umfeld eine "junge, erfrischende Persönlichkeit, die noch viel vor sich hat".

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hat das Abschneiden seiner Partei bei der Tirol-Wahl am Sonntag in einer ersten Reaktion als "erwartbar" bezeichnet. Die FPÖ befinde sich in einer "Erneuerungs- und Stabilisierungsphase", erklärte er in einer Aussendung und sah seine Partei gar in einer "Talsohle", die aber mit dem heutigen Ergebnis "durchschritten" sei. Kickl verwies zudem darauf, dass trotz Verlusten die Mandatszahl im Tiroler Landtag voraussichtlich gehalten werden könne.

Kommentare