Wie viel kostet die Bildungskarenz?
Lagen die Ausgaben für die Maßnahme 2019 noch bei rund 210 Millionen Euro, sind sie 2023 auf rund 515 Millionen Euro angestiegen. Die Bildungskarenz, die vom AMS bezahlt wird, verursacht also immer höhere Kosten. Von 2019 bis 2023 ist die Zahl jener Personen, die in Bildungskarenz gehen, von 14.500 auf 25.000 Menschen gestiegen.
Wie wirkt sich die Bildungskarenz auf das weitere Erwerbsleben aus?
Personen, die das Weiterbildungsgeld bezogen haben, sind danach häufiger arbeitslos als solche, die das nicht machen – auch, wenn das WIFO nur einen „moderaten, negativen Effekt“ sieht. Was sich ebenso bestätigt: Häufig parken Arbeitgeber Personen über die Bildungskarenz beim AMS, die ohnehin entlassen werden sollen. Über die Hälfte der Personen kehrt nach der Weiterbildung nicht mehr zum Arbeitgeber zurück.
Welche Reformschritte will Kocher setzen?
Erstens soll der Mindestbetrag, den man täglich in der Bildungskarenz erhält, von 14,53 auf 31,18 Euro steigen – als Anreiz für Geringverdiener. Zudem fordert Kocher eine verpflichtende Bildungsberatung während der Karenz und mehr Seminare mit Anwesenheitspflicht. Als Studienleistung soll man künftig 16 statt 8 ECTS pro Semester erbringen. Wer nicht zu Prüfungen antritt, müsse das Weiterbildungsgeld zurückzahlen. Und: Eine Bildungskarenz im Anschluss an die Elternkarenz soll „im Regelfall“ nicht mehr möglich sein. Dazwischen müsste zumindest ein paar Wochen gearbeitet werden. Prinzipiell findet Kocher die Bildungskarenz aber gut und ist gegen eine Abschaffung.
Werden die Grünen dem Paket zustimmen?
Eher nicht. Grünen-Sozialsprecher Markus Koza ist „strikt“ gegen jede Verschärfung und kann sich nur eine Anhebung des Tagsatzes vorstellen. Kochers Vorschläge sind zwar mit den Sozialpartnern abgestimmt, nicht aber mit den Grünen.
Was sagen Experten?
Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria hat zuletzt eigene Ideen für eine Reform der Bildungskarenz vorgelegt. Ökonomin Carmen Treml empfiehlt etwa, dass die Betriebe mindestens die Hälfte des Weiterbildungsgeldes selbst bezahlen sollen. Kochers Vorschläge halte sie für zu vage, so Treml zum KURIER: „Mir fehlt, wie die Unternehmen in die Pflicht genommen werden können. Warum der Mindestsatz des Ausbildungsgeldes angehoben werden soll, ist auch unklar. Die WIFO-Studie zeigt, dass die meisten Personen mit der Höhe des Weiterbildungsgeldes zufrieden sind.“ Dass mehr ECTS abgelegt und Prüfungen zumindest angetreten werden müssen, sei ein richtiger Schritt: „Aber auch das reicht als Verschärfung nicht. Man kann überlegen, ob nicht schon jene das Geld zurückzahlen sollen, die beim zweiten Antritt die Prüfung nicht schaffen.“
Das WIFO empfiehlt die Effektivität der Bildungskarenz und Bildungsteilzeit zu optimieren. Etwa durch die Zertifizierung der Weiterbildungsangebote, die Unterstützung der Teilnahme von weniger bildungsaffinen Gruppen und älteren Personen sowie "die Stärkung einer zielkonformen Nutzung".
Wie reagieren die politischen Mitbewerber?
Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker hält Kochers Vorschläge für unzureichend. "Das einzig Konkrete an Kochers Vorschlägen ist die Verdoppelung des Weiterbildungsgeldes. Er will also das System teurer und noch attraktiver machen", meint Loacker. Die Kernprobleme, dass die Bildungskarenz zweckentfremdet und vor allem von jungen, gut ausgebildeten Menschen beansprucht werde, lasse Kocher unberührt. "Die Bildungskarenz wurde auch nicht erfunden, um die Babypause von Jungeltern zu verlängern. Doch auch diesem Problem widmet sich Kocher nur halbherzig, anstatt diesen gesetzlich erlaubten Missbrauch sofort abzudrehen", sagt Loacker.
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