Falsches Spiel mit Bildungkarenz: Anzeige gegen Online-Institut

Der Fall hatte vor wenigen Wochen für Aufsehen gesorgt: Die 32-jährige Barbara Bozek aus dem Waldviertel erhielt vom niederösterreichischen Arbeitsmarktservice (AMS) die Aufforderung, 12.600 Euro zurückzuzahlen. Es war jenes Geld, das sie aus der Arbeitslosenversicherung für eine Weiterbildung erhalten hatte. Als Zuschuss für eine Bildungskarenz, die sie nach ihrer Elternkarenz in Anspruch genommen hatte.
Die junge Mutter, die Kurse für Mentaltraining und Kinesiologie gebucht und absolviert hatte, fiel aus allen Wolken. Sie war der Meinung, alles richtig gemacht zu haben, und wird jetzt dennoch zahlen müssen. Der Grund: Das Wiener Institut, das diese Kurse anbietet, hat die Erfordernisse für das Weiterbildungsgeld nicht erfüllt.
Mittlerweile ist Barbara Bozek nicht die einzige Person, bei der das AMS vorstellig geworden ist. Insgesamt sind es österreichweit 60 Fälle, die das AMS gesammelt hat. Die meisten davon stammen aus Niederösterreich. Und alle hatten bei besagtem Online-Institut Kurse belegt. Der Akt umfasst 41 Seiten und über 80 Beilagen und wurde diese Woche der Taskforce Sozialleistungsbetrug (SOLBE) übergeben, damit diese gegen das Institut Anzeige erstattet.
Kein Selbstlernen-Studium möglich
Doch was ist passiert? Der Haken ist die Art und Weise, wie diese Kurse abgelaufen sind. Das Institut hatte zwar bei der Anmeldung für die Bildungskarenz festgehalten, dass man alle Kriterien erfüllt und sich teilweise auch als Partner des AMS ausgegeben, wie Barbara Bozek erklärte, tatsächlich waren es aber nur Selbst-Lernkurse. Sprich: Es konnten keine interaktiven Kurselemente (Einheiten mit Trainern, Gruppendiskussionen, Prüfungen, etc.) nachgewiesen werden. Die sind aber notwendig, damit solche Kurse zu den Vorgaben der Bildungskarenz passen. Das ist seit dem Jahr 2013 ein Vorgabe. Konkret: Ungefähr 25 Prozent der Kurszeiten müssen für solche interaktiven Programme verwendet werden. Damit soll ausgeschlossen werden, dass man sich einfach ein Skriptum besorgt oder herunterlädt und das als Weiterbildung deklariert. AMS-Vorstand Petra Draxl: "Im Erlass ist genau geregelt, dass reine Selbstlern-Zeiten nicht zulässig sind."
Das Institut ist auch kein Partner des AMS, wie vielfach vermutet worden war. Bei der Bildungskarenz gibt es keine Vertragspartner. Da geht es nur um den Weiterbildungszuschuss, um den Rest müssen sich die betroffenen Personen kümmern. Petra Draxl: "Wir prüfen auch nicht die Kurs-Institute, wir haben keine vertraglichen Verbindungen mit den Instituten." Vielmehr wird auf die Angaben vertraut, die bei der Anmeldung gemacht werden.
Ungereimtheiten entdeckt
Dass dieses eine Institut jetzt im Visier ist, war einem Zufall geschuldet. Eine Frau hatte bis Jahresende Geld für eine Bildungskarenz erhalten, das Abschlusszertifikat wurde aber bereits für November ausgestellt. Also gab es eine Rückforderung für ein Monat in der Höhe rund 450 Euro. Die Frau meldete Einspruch an und das AMS begann ob dieser Ungereimtheiten zu recherchieren. Draxl: "Das alles hatte bei uns den Alarmpegel steigen lassen." Am Ende kam man zur Erkenntnis, dass das Institut die jene Voraussetzungen erfüllt hat, die ein Weiterbildungsgeld rechtfertigen. Kundinnen und Kunden, von denen jetzt Zuschüsse zurückgefordert werden, findet man in ganz Österreich. Die meisten Fälle gibt es allerdings in Niederösterreich.
Geprüft wird derzeit nur bezüglich des einen Instituts. Für eine generelle Überprüfung von Anbietern der Online-Kurse ist das AMS derzeit nicht aufgestellt. Petra Draxl: "Unser Problem ist, dass wir die Träger des Weiterbildungsgelds in der Bildungskarenz nicht automatisiert abrufen können."

Eine der beanstandeten Rechnungen für eine Ausbildung zur Aromaberaterin
Einspruch gegen Rückzahlungen
Glücklich ist man im AMS nicht, dass jetzt zu solchen Maßnahmen gegriffen werden muss. Man könne mit der 32-jährigen Mutter, die jetzt 12.600 Euro zurückzahlen soll, mitfühlen. Draxl: "Das ist äußerst unerfreulich für diese Person, es ist aber auch für uns eine unerfreuliche Tatsache.“ Aber es gehe um Gelder aus der Arbeitslosenversicherung, da müsse man konsequent sein. "Wir wissen, dass das für Frauen schrecklich und dramatisch ist, aber das Arbeitslosengeld kennt keine Kulanzlösung", sagt die Chefin des AMS. Wobei sie auch betont, dass eine Bildungskarenz nach der Elternkarenz nicht als eine Möglichkeit gesehen wird, um die Kinderbetreuung zu verlängern. Draxl: "Das Weiterbildungsgeld soll nicht der Ersatz für fehlende Kinderbetreuung sein."
Wie die Betroffenen - meist Frauen - jetzt mit den Rückzahlungen umgehen, wird unterschiedlich sein. Einige haben bereits mit Hilfe der Arbeiterkammer Einspruch erhoben. Somit landet das beim Bundesverwaltungsgericht. Sollte das auch zur Erkenntnis kommen, dass zurückgezahlt werden muss, dann bleibt noch die Möglichkeit, Ratenzahlungen anzubieten.
Keine neues Gesetz für Bildungskarenz
Die Art und Weise, wie in Österreich mit der Bildungskarenz umgegangen wird, hatte zuletzt auch der Rechnungshof kritisiert. Beim AMS hätte man sich auch gerne neue gesetzliche Regeln gewünscht. In der Koalition konnte darüber aber keine Einigung erzielt werden. Somit bleibt es der künftigen Regierung belassen, ob sie sich das alles noch einmal genau anschaut. Das AMS hat aus diesem Fall folgende zwei Konsequenzen gezogen: Man wird noch offensiver kund machen, welche Voraussetzungen notwendig sind, damit ein Weiterbildungsgeld kassiert werden kann. Und man wird auf einen Erlass drängen, der die Frage der Online-Kurse genauer regelt.
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