Warum es für Dominik Wlaznys Bierpartei gut ist, kein Programm zu haben
Selbst in Österreich kommt es nicht alle Tage vor, dass das Antreten einer neuen Partei gleich mit dem Bruch eines Versprechens einhergeht: 1,2 Millionen Euro wollte Dominik Wlazny alias Marco Pogo bis Ende April über die Rekrutierung 20.000 neuer Mitglieder einsammeln, um eine solide Basis für die Kandidatur seiner Bierpartei bei der Nationalratswahl zu haben.
Dieses Vorhaben hat der 37-jährige Musiker und Unternehmer deutlich verfehlt. Trotzdem will er im Herbst antreten. „Unser Glas ist mehr als halbvoll“, sagt er am Dienstag, mehr als die Hälfte des Finanzierungsziels sei erreicht. Und weiter: „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“
Viel mehr war am Dienstag von Wlazny nicht zu erfahren, denn Journalistenfragen waren auf der Pressekonferenz mit Verweis auf einen weiteren Termin am 8. Mai nicht zugelassen.
Wlazny weicht kritischen Fragen aus
Und so bleibt vorerst offen, warum Wlazny seine Ankündigung im Zusammenhang mit der Finanzierung nicht eingehalten hat, wie sein Programm und seine Kandidatenliste aussehen werden.
Von einem „eigenartigen, mit einem Makel behafteten Auftritt“ spricht denn auch Politikberater Thomas Hofer gegenüber dem KURIER. Als Anti-System-Politiker würde er schon sehr parteipolitisch abgebrüht agieren, indem er unangenehme Fragen erst gar nicht zulassen würde.
Das Potenzial, dass Wlazny eine große Zahl an Protest- und bisherigen Nichtwählern hinter sich vereint, sieht der Experte aber durchaus gegeben. Laut Umfragen sind für die Bierpartei aktuell bis zu sieben Prozent und damit ein sicherer Einzug in den Nationalrat möglich.
Dabei weiß man bis dato bis auf ein paar allgemeine Überschriften aus dem linken Ideenfundus nicht einmal, wofür die Bierpartei inhaltlich steht. Was beim Gegner für Kritik sorgt, ist für Hofer aber strategisch durchaus klug: „Solange er kein detailliertes Programm hat, bleibt Wlazny auf inhaltlicher Ebene weniger angreifbar – auch wenn dies demokratiepolitisch natürlich problematisch ist“, sagt Hofer.
Insofern sei er auch gut beraten, Debatten und Interviews eher zu meiden. Dabei würden nur seine Schwächen zu Tage treten, wie die bereits bei seinem Antreten zur Bundespräsidentenwahl vor zwei Jahren der Fall war.
Erinnerungen an das Team Stronach
Dass weniger oft mehr ist, zeigt das Polit-Schicksal eines anderen Quereinsteigers. Hofer erinnert an Frank Stronach, der 2013 durch seine ungelenken bis bizarren TV-Auftritte ein deutlich besseres Abschneiden seiner Partei verunmöglichte.
Bleibt die Frage nach den Kandidaten. Am 8. Mai werde es laut Wlazny „mehr Gesichter“ zu sehen geben. Hofer würde es für einen geschickten Ansatz halten, Repräsentanten verschiedener Berufs- und Gesellschaftsschichten als Mitstreiter zu präsentieren.
Wobei es gleichzeitig riskant sei, auf politisch unerfahrene Kandidaten zu setzen: „Da braucht es schon ein gewisses Maß an Disziplin und Message Control.“ Ansonsten drohe etwa das Schicksal der MFG, die an inneren Streitigkeiten zugrunde gegangen sei.
Vom Image her eher im linken und großstädtischen Milieu angesiedelt, werde das Antreten der Bierpartei naturgemäß eher SPÖ, Grünen und Neos schaden. Hofer kann sich aber auch vorstellen, dass sie als Anti-System-Partei im gewissen Maß auch den Höhenflug der FPÖ abbremst.
Spitzt sich allerdings der Wahlkampf auf eine Duell-Situation um die vorderen Ränge zu, könnte das zulasten Wlaznys und der anderen Kleinpartien gehen.
Verhindern Bierpartei und KPÖ Dreierkoalition?
Zu ihnen gehört auch die KPÖ, die sich nach ihren Erfolgen in Graz, Salzburg und Innsbruck seit Menschengedenken wieder Chancen auf den Einzug in den Nationalrat ausrechnen darf. Sitzen im Herbst sowohl Kommunisten wie auch Bierpartei im Parlament, wird eine Koalitionsbildung schwierig. Dann sei „nicht einmal sicher, dass sich eine Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Grünen oder Neos ausgeht“, postete zuletzt Politologe Laurenz Ennser-Jedenastik auf X.
Ein Szenario, das auch Hofer für denkbar hält. Genauso, dass in dieser Konstellation auch FPÖ und ÖVP keine Mehrheit mehr zustande bringen.
Bleibt die Frage, warum Wlazny, der gerade zuletzt öffentlich weniger als Politiker, sondern vor allem in seinem angestammten Metier als Kabarettist und Musiker präsent war, überhaupt in den Nationalrat will. „Ich will ihm Engagement und Veränderungswillen keineswegs absprechen“, sagt Hofer. „Ein Schuss gesundes Markenbewusstsein wird aber schon auch dabei sein.“
Kommentare