Warum ein rechtsextremer Verschwörungssender ins Parlament einziehen darf

Warum ein rechtsextremer Verschwörungssender ins Parlament einziehen darf
Auf1 verbreitet rechtsextreme Verschwörungstheorien und darf nun bei der Nationalratswahl aus dem Parlament senden. Die Bundesstelle für Sektenfragen warnt.

Es ist von „widerlichem Unfug“ die Rede. Und sei eine „klare Fehlentscheidung“, schreibt Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter am Montag auf X. Und auch Grünen-Mediensprecherin Eva Blimlinger meint, „es gehe gar nicht“. 

Die Politikerinnen reagierten damit auf eine Entscheidung des Parlaments, wonach der rechtsextreme Verschwörungssender Auf1 am Sonntag zu den Nationalratswahlen aus dem Medienzentrum des Hohen Hauses senden darf. Das berichtete der Standard. Begründet wurde dies von Seiten der Parlamentsdirektion mit der „breiten Interpretation“, was ein Medium sei und was nicht.

„Es ist damit zu rechnen, dass die politische vereinnahmte und von Verschwörungstheorien geprägte Berichterstattung von AUF1 durch eine Zulassung legitimiert wird“, sagt Felix Lippe von der Bundesstelle für Sektenfragen gegenüber dem KURIER. 

Im Zuge eines Online-Monitoring-Berichts zum Telegram-Netzwerk der Corona-Protestbewegung hat er sich intensiv mit dem österreichischen Sender Auf1 beschäftigt. Und warnt: Insbesondere Chefredakteur Stefan Magnet verbreite allumfassende Verschwörungstheorien, „dass eine globale Elite künstlich erschaffene Krisen nutzt, um ein totalitäres Weltsystem zu errichten“, sagt er. Problematisch sei auch, dass sich der Sender nach außen hin seriös gebe und so einen falschen Eindruck erwecke.

Knapp 300.000 Abonnenten auf Telegram 

Innerhalb kürzester Zeit konnte Auf1 eine enorme Reichweite aufbauen und zählt heute zu den größten Medien im rechtsextremen Verschwörungsmilieu im deutschsprachigen Raum. 2021 wurde der Sender während der Corona-Pandemie von Stefan Magnet gegründet. Zeitweise sendete ein Regionalsender das Programm – rechtswidrig, wie die österreichische Medienbehörde KommAustria feststellte. Der Versuch, in Deutschland über Satellit zu senden, scheiterte. Der wichtigste Kanal ist aber ohnehin Telegram, wo der Sender 288.221 Abonnenten hat. Es gibt ein Studio in Berlin, auch in der Schweiz will man Fuß fassen.

Warum ein rechtsextremer Verschwörungssender ins Parlament einziehen darf

Herbert Kickl hat Auf1 bereits mehrere Interviews gegeben 

Auf1 steht laut eigenen Angaben für „Alternatives Unabhängiges Fernsehen, Kanal 1“. Themen sind vor allem Migration, Corona und die Klimakrise. So ist von einer „gezielten Überfremdung Europas“ die Rede, von der Impfung als „Gen-Experiment“ oder dem „Klima-Schwindel“.

Klassischen Medien werden Lügen vorgeworfen und der russische Angriff in der Ukraine verteidigt. Auf1 bedient so ziemlich jede derzeit gängige Verschwörungserzählung.

Kickl gibt immer wieder Interviews

Die Nähe des Internetkanals zur FPÖ ist unumstritten. Parteichef Herbert Kickl gibt dem Verschwörungsmedium regelmäßig Interviews. Zudem soll Stefan Magnets Werbeagentur 2022 Aufträge in Höhe von 140.000 Euro von der oberösterreichischen FPÖ bekommen haben. Das berichtete das Nachrichtenmagazin profil. 

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht heißt es, dass die „Neue Rechte“ gezielt Medien wie Auf1 etabliere, um rechtsextremistische Propaganda zu verbreiten, „die nicht nach journalistischen Kriterien überprüft“ werde. 

Stefan Magnet war Mitglied des „Bundes freier Jugend“ (BfJ), einer Jugendorganisation, die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als neonazistisch eingestuft wurde. Magnet trat mit Neonazi Gottfried Küssel auf und nennt Martin Sellner, Gründer der rechtsextremen Identitären Bewegung, ein „Medienmultitalent“.

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