Asylwerber im Burgenland: "Die Zustände sind unvorstellbar"

Asylwerber im Burgenland: "Die Zustände sind unvorstellbar"
400 Asylwerber übertreten pro Tag die burgenländische Grenze, hinterlassen Müll in den Wäldern. Festgenommene Schlepper füllen indes die Justizanstalten.

"Die Zustände sind unvorstellbar, Tag für Tag", sagte Roman Kainrath (SPÖ), Bürgermeister von Lutzmannsburg, zur APA. Polizei und Bundesheer seien an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angekommen. Im Wald würden die Migranten oft Kleidung und Müll zurücklassen. "Die Jägerschaft ist schon verzweifelt, das Gebiet ist wertlos. Sie machte schon eine Müllsammlung, das waren Tonnen an Kleidung", berichtete Kainrath.

Ihm habe auch eine Einwohnerin erzählt, dass sie von einem Flüchtling im Garten überrascht wurde, Weintrauben essend: "Der hat sie nicht gestohlen, der hatte Hunger. Aber diese Einzelfälle verunsichern." Eine andere habe sich bei einem Spaziergang im Wald versteckt, als ihr 15 bis 20 junge Männer entgegenkamen.

400 pro Tag

Jeden Tag werden im Burgenland derzeit 400 Asylwerber, die illegal über die Grenze nach Österreich kamen, aufgegriffen. Über 55.000 waren es in diesem Jahr bereits. Die Polizei hat es aber nicht nur mit Migranten zu tun, es gelang auch, 254 Schlepper festzunehmen. Durch mitunter internationale Kriminalarbeit gelangt man auch an die Hintermänner des Schlepperwesens, erklärte Landespolizeidirektor Martin Huber im Gespräch mit der APA.

Die Zahl der Asylwerber ist hoch. Mit der Situation des Jahres 2015, als innerhalb zweier Monate über 100.000 Menschen über Nickelsdorf nach Österreich kamen, sei die aktuelle aber nicht vergleichbar, so Huber. Seit vor rund 13 Monaten die Covid-Beschränkungen aufgehoben wurden, hält der Migrantenstrom an mit täglich rund 400 Aufgriffen in der Grenzregion. Hotspots sind dabei die Bezirke Oberpullendorf und Neusiedl am See.

472 Festnahmen

Österreichweit gab es dieses Jahr laut Innenministerium 472 Festnahmen von Schleppern. Dies seien ein "Allzeit-Hoch" und bereits 30 Festnahmen mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Bundesweit wurden außerdem seit Jahresbeginn 86.959 Fremde aufgegriffen - dabei handelt es sich nicht um die Zahl der Asylanträge.

Die große Zahl an festgenommenen Schleppern bringt auch die Justiz im Burgenland an die Belastungsgrenze. Die Justizanstalt Eisenstadt ist seit Mai regelmäßig überbelegt. Sie ist für 175 Insassen vorgesehen, zählt aber meist 200 bis 220. Rund 70 Prozent sind wegen Schlepperei in Haft, sagte der stellvertretende Leiter Klaus Faymann. Einen Mehraufwand bedeutet das auch für das Landesgericht Eisenstadt, das neun bis zehn Schlepper-Prozesse pro Woche verhandelt.

"System kommt an seine Grenze"

Dass mehr Häftlinge in der Justizanstalt sind als eigentlich vorgesehen, merke man in vielen Bereichen: beim Essen ebenso wie beim sozialen Dienst und bei den Ärzten, die dadurch mehr angefragt werden. "Das System selbst kommt an seine Grenzen", betonte Faymann. Deshalb werden immer wieder Insassen in andere Justizanstalten überstellt - hauptsächlich verurteilte, teilweise aber auch U-Häftlinge, die auf ihre Verhandlung warten. Nur so könne man wieder Platz für Neuaufnahmen schaffen, meinte Faymann.

Die Fluktuation in der Justizanstalt sei dementsprechend groß, die eigentliche Vollzugsarbeit mit Freizeit- und Bildungsaktivitäten nicht mehr zu schaffen. "Es ist nur noch ein Kommen und Gehen", sagte der stellvertretende Leiter. Während der Flüchtlingskrise 2015 seien die Zahlen noch einmal deutlich höher gewesen, aber: "Es ist nicht mehr meilenweit entfernt."

Eigenes Lagezentrum

Für die Steuerung von 400 Aufgriffen pro Tag wurde ein eigenes Lagezentrum sowie ein Transportmanagement geschaffen, um etwa den Bustransport der aufgegriffenen Asylwerber zu organisieren. Weiters wurde in Nickelsdorf eine eigene Dienststelle eingerichtet, auf der täglich 200 Personen registriert werden können. Möglich ist die Registrierung von 250 bis 300 Personen im Burgenland, die restlichen werden in andere Bundesländer gefahren.

"Skrupellose Schlepper machen falsche Versprechungen", Kampagnen des Innenministeriums im Ausland zur Aufklärung begrüßt Landespolizeidirektor Huber daher: "Alles was man machen kann, muss man machen." Zentral ist für ihn die Polizeiarbeit an der serbisch-ungarischen Grenze. Eine Änderung des Visa-Regimes in Serbien würde Österreich helfen, denn derzeit etwa kämen Inder und Tunesier mit dem Flugzeug Visa-frei nach Serbien, meinte der Landespolizeidirektor außerdem.

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