Asylgipfel: Länder ließen Kanzler abblitzen

Bundesregierung, Landeshauptleute und Vertreter von Hilfsorganisationen kamen am grünen Tisch im Kanzleramt auf keinen grünen Zweig im Konflikt um Flüchtlingsquartiere
Vier Stunden wurde über die Verteilung der Asylwerber debattiert, das Ergebnis ist mager: Den Bezirksquoten-Plan des Kanzlers lehnten die Länder ab. Sie versprachen, 6500 neue Plätze zu schaffen.

Mehr als vier Stunden lang saßen einander Regierung und Länderchefs Mittwochabend im Kanzleramt gegenüber. Mit dabei waren auch Vertreter von Hilfsorganisationen und der Präsident des Gemeindebundes. Und dennoch konnte der Konflikt um eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen nicht gelöst werden. Die ÖVP-geführten Länder lehnten den Vorschlag von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) für Bezirksquoten ab. Sie sagten lediglich zu, bis Ende Juli 6500 neue Plätze für Asylwerber schaffen zu wollen.

Hitzige Debatten

Schon vor dem Gipfel hatten sich Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer (ÖVP) und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) gegen Bezirksquoten ausgesprochen. In der Sitzungen traten noch mehr Teilnehmer dagegen auf, erfuhr der KURIER. Die Stimmung dürfte nicht gut gewesen sein. Selbst Faymann sprach von einer „eher gewittrigen Diskussion“. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sagte, es seien „intensive Gespräche“ gewesen. Dass das Treffen nicht gerade harmonisch verlaufen ist, zeigte sich auch darin, dass die Länderchefs, angeführt von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, mit grimmigen Mienen und ohne Kommentare das Kanzleramt verließen.

Kanzler verärgert

Der Kanzler hatte ursprünglich vorgeschlagen, man solle in 80 Bezirken und 15 Statutarstädten – je nach Einwohnerzahl – 100 bis 500 Flüchtlinge unterbringen. In jedem Bezirk sollte es unter der Leitung des Bezirkshauptmannes eine Steuerungsgruppe.
Faymann wirkte verärgert darüber, dass die Länder seinem Vorschlag nichts abgewinnen konnten. Dabei hatte selbst Vizekanzler Mitterlehner noch am Montag gemeint, er gehe davon aus, dass durch die größere Nähe auf Bezirksebene eine Dynamik mit positiver Richtung entstehen werde.

Die Länder sahen diese „positive Richtung“ offenbar nicht. Man argumentierte, das Problem würde sich durch die Bezirksquoten nur von einer auf die andere Ebene verlagern (Stichwort Länderquoten), es würde dadurch aber nicht gelöst.

Druck beim Gipfel

Faymann will sich heute auf einer weiteren Ebene für eine andere Quote einsetzen: Beim heute startenden EU-Gipfel in Brüssel will er nochmals auf eine EU-weite Quote für die Verteilung der Flüchtlinge drängen – auch wenn das immer aussichtsloser scheint (siehe Seite 3). Zudem sollen andere EU-Länder wie etwa Italien aufgefordert werden, Fingerprints von den Flüchtlingen zu nehmen – und sie nicht einfach durchzuwinken (damit nicht mehr feststellbar ist, wie sie in die EU gekommen sind).


Mikl hält an Linie fest

Mikl-Leitner ist indes ob des Vorgehens der Ungarn empört. An ihrer Entscheidung, „sich bei den Asylverfahren auf Dublin-Fälle (ein Asylverfahren muss dort durchgeführt werden, wo der Asylwerber zuerst in die EU eingereist ist) zu konzentrieren“, ändere sich aber nichts, sagte die ÖVP-Ressortchefin gestern.
Sie geht davon aus, dass das Problem rasch gelöst werde. Tatsächlich ruderten die Ungarn bereits wieder zurück (siehe Seite 3). Mikl-Leitner betonte dennoch, „als letzte Maßnahme“ seien für sie „Grenzkontrollen nicht auszuschließen“.

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