Fischer und Faymann in Traiskirchen: "Lage nicht tragbar"

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (L/ÖVP), BP Heinz Fischer (M) und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sowie Innenministerin Johanna Mikl-Leitner besuchten am Mittwoch "Erstaufnahmestelle Ost" in Traiskirchen. Nur der ORF und ein APA-Fotograf durften dabei sein
Regierungsspitze erstmals im überfüllten Erstaufnahmezentrum. "Jedes Bundesland, das Quote nicht erfüllt, trägt Verantwortung, dass Menschen in Zelten leben müssen."

Das chronisch überfüllte Flüchtlingslager in Traiskirchen, dem zuletzt Menschenrechtsverletzungen attestiert wurden, hat am Mittwoch hohen Besuch bekommen: Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) besichtigten am Vormittag die Erstaufnahmestelle.

"Länder haben solidarische Verpflichtung"

Die Besichtigung der Erstaufnahmestelle fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Medien seien bewusst nicht im Vorfeld informiert worden, um einen entsprechenden Trubel zu vermeiden. Fischer erklärte nach dem Besuch: Die Situation sei in letzter Zeit immer schwieriger geworden, weshalb er die Innenministerin ersucht habe, das Lager besuchen zu können, um einen persönlichen Eindruck zu erhalten. Er habe auch vorgeschlagen, dass Kanzler und Vizekanzler mitkommen. Außerdem habe er das Bedürfnis gehabt, sich zu bedanken, nämlich bei "jenen vielen Menschen, die in Österreich jetzt mithelfen und das Problem von der richtigen Seite sehen", als "Problem der Menschenwürde", meinte Fischer.

"Wir sind laufend über die Situation in Traiskirchen informiert, dennoch war es mir wichtig, mir selbst ein Bild der Lage zu machen", erklärte Faymann anschließend. Die Zustände seien nicht tragbar, man müsse österreichweit ausreichend Plätze schaffen. "Jedes Bundesland, das seine Quote nicht erfüllt, trägt Mit-Verantwortung, dass Menschen auf der Straße, in Zelten oder Bussen leben müssen. Um das in den Griff zu bekommen, müssen die Bundesländer in enger Zusammenarbeit mit dem Bund diese Aufgabe erfüllen", erklärte Faymann, "die Länder haben eine solidarische Verpflichtung, es geht nur miteinander."

"Task-Force" kommt

Die Regierung will nun eine "Task-Force" ins Leben rufen. Geplant sind wöchentliche Meetings nach dem Ministerrat, um die Quartier-Engpässe zu besprechen, sagte Vizekanzler Mitterlehner.

Synonym für Asylchaos

Seit Monaten ist das Lager Traiskirchen in den Medien, der Name mittlerweile Synonym für das Asylchaos. Die Lage im Flüchtlingslager ist mehr als trostlos, wie ein KURIER-Lokalaugenschein gezeigt hat. Bürgermeister Babler vermutet Absicht hinter dem Chaos.

Österreich droht mit Klage

Innen- und Justizministerium wollen zudem den Druck auf die EU erhöhen, die Flüchtlinge besser auf die Staaten zu verteilen. In einem Hintergrundgespräch kündigten die Ressortchefs am Dienstag an, der Kommission eine zweimonatige Frist zur Anpassung der Dublin-Verordnung zu setzen. Sonst werde man sich an den Europäischen Gerichtshof wenden. Die EU-Kommission hat kühl auf die Ankündigung reagiert: "Jetzt ist definitiv nicht die Zeit, um gegeneinender vor Gericht zu ziehen."

Wien hat dem Innenministerium angeboten, die Verwaltung des Asyl-Bundesquartiers in Erdberg zu übernehmen. Dies wäre "ab sofort" möglich, berichtete die zuständige Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Mittwoch im Gespräch mit der APA. Ein entsprechendes Schreiben an den Bund sei bereits ergangen.

Wehsely nannte unter anderem die Situation im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen als Anlass für den Vorschlag. Die Betreuung dort sei sichtlich "keine gute". Und es sei jene Sicherheitsfirma (ORS, Anm.) dort im Einsatz, die auch in Erdberg tätig sei. Auch Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) übte gegenüber dem Ö1-"Morgenjournal" Kritik an dem Modell: "Ich glaube nicht, dass man einer privaten Sicherheitsfirma die Betreuung von Flüchtlingen überlassen soll."

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