Die Aufklärung der Causa Buwog habe gute Präventionsarbeit geleistet, sagt Bettina Knötzl, Transparency International, aber es liege noch viel im Argen.
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16 Jahre dauerte das Buwog-Verfahren, eine der größten Korruptionscausen der Zweiten Republik. Bettina Knötzl, Präsidentin des Beirats von Transparency International und Rechtsanwältin in Wien, über Verlockungen der Macht und Wiederholungsgefahr.
KURIER:Haben wir aus der Buwog-Causa gelernt? Geht so etwas heute noch?
Bettina Knötzl: Gehen tut sehr viel, erlaubt ist es nicht. Wir haben gelernt: Wenn es ans Licht kommt, wird es abgeurteilt. Solche Skandale leisten eine gute Arbeit zur Schärfung des Bewusstseins – und daher für die Korruptionsprävention. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber sie mahlen.
Schwächt die Tatsache, dass das Verfahren so lange gedauert hat, diesen Effekt ab? Viele erinnern sich ja gar nicht mehr, was damals bei der Buwog-Privatisierung vorgefallen ist.
Die Verfahrensdauer ist unerträglich. Einerseits für die Beschuldigten, für die sie eine wahnsinnige Belastung ist. Andererseits für die Bevölkerung, wenn sie das Gefühl bekommt, da geht nichts weiter. Auch Großverfahren sollten unter zehn Jahren machbar sein.
Ein Finanzminister hat sein Wissen zu Geld gemacht. Wie konnte das passieren?
Macht korrumpiert – das beginnt mit kleinen Verlockungen, denen man erliegt. Wenn man dann nicht erwischt wird, ermutigt das zum Hinlangen im immer größeren Stil. Die Gier ist ein Luder. Deshalb braucht Macht Kontrolle, und die bekommen wir durch Transparenz. Wenn ich weiß, dass mein Tun beobachtet wird – von den Medien, dem Parlament, der Justiz – bin ich weniger geneigt, etwas Falsches zu tun.
Brauchen wir schärfere Gesetze gegen Korruption?
Wir haben strenge Anti-Korruptionsgesetze, die ein derartiges Verhalten nicht erlauben. Wir müssen das Denken und das Bewusstsein verändern. Politiker bekommen Macht anvertraut, damit sie das Land führen und uns Gutes tun. Der Steuerzahler wünscht es nicht, dass jemand diese Macht zu seinem persönlichen Vorteil ausnutzt.
Was hält unseren aktuellen Finanzminister davon ab, beim nächsten Bieterverfahren wieder so etwas zu tun?
Man kann nicht verhindern, dass jemand, der es darauf anlegt, strafrechtswidrig agiert. Ausschreibungen können hingezimmert werden auf denjenigen, der aus Sicht der Politik den Auftrag bekommen soll. Auch Insider-Informationen können leicht weitergegeben werden. Dazu kommt das Problem der Freunderlwirtschaft, wo sich die Zugehörigen der Old-Boys-Clubs gegenseitig Geschäfte zuschieben. Wir müssen Politiker frühzeitig erziehen. So, wie es in den Politik-Akademien Trainings für Rhetorik gibt, muss es auch Schulungen für ethisches Verhalten geben.
Ex-Lobbyist Peter Hochegger hat geschildert, wie er zwischen Konzernen und politischen Parteien vermittelt hat. Die vorige Regierung hat bei der Parteienfinanzierung nachgeschärft, aber reicht das?
Die Gesetzeslage hat sich verbessert, aber es ist immer noch vieles möglich. Vom Sponsoring für den Fußballverein bis zur Großspende, die man kanalisiert. Wir haben gerade einen Leitfaden für sauberes Sponsoring herausgegeben, weil wir sehen, dass da noch immer viel im Argen liegt.
2004 wurden 62.000 Wohnungen aus dem Eigentum des Bundes in einem Bieterverfahren an ein Konsortium (Immofinanz etc.) verkauft. Wie sich später herausstellte, wusste das Konsortium, was es bieten muss, um den Zuschlag zu bekommen.
Den Tipp soll Lobbyist Peter Hochegger von PR-Berater Walter Meischberger bekommen haben – und der vom damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Für die Vermittlung soll dann eine Provision in Höhe von einem Prozent des Verkaufspreises (961 Millionen Euro) geflossen sein. Die 9,6 Millionen Euro sollen sich Grasser, Meischberger und Hochegger geteilt haben.
Was erwarten Sie sich von der SPÖ-Justizministerin?
Wir erwarten eine rasche Einführung einer unabhängigen Weisungsspitze (alias General- bzw. Bundesstaatsanwaltschaft) als wichtigen Schritt im Kampf gegen Korruption. Wir haben definitiv ein systemisches Problem. Dennoch können wir in Österreich stolz auf unsere Justiz sein – die Aufarbeitung von Korruptionsskandalen ist in vielen Ländern gar nicht möglich.
Braucht die WKStA mehr Ressourcen?
Ja. Auch wenn wir eine Budget-Enge haben, dafür müssen Mittel frei gemacht werden. Wir haben alle gesehen, dass diese überlangen Verfahren ein unerträglicher Zustand sind. Das muss verbessert werden.
(kurier.at, lin)
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