Kurz wurde damals, im Juni 2020, gefragt, ob er in die Bestellung des damaligen Finanz-Generalsekretärs Thomas Schmid als Chef der neu gegründeten ÖBAG involviert bzw. ob er darüber informiert war. Der damalige Kanzler begann seine Antwort mit einem „Na“, was ihm als „Nein“ ausgelegt wurde.
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28 Zeugen ohne Ergebnis
Bei den Ermittlungen geht es aber nicht um Wortklaubereien. Die These der WKStA lautet, dass Kurz viel mehr wusste und viel stärker involviert war, als er bereit war, vor dem U-Ausschuss zuzugeben. 28 Zeugen wurden dazu einvernommen, allerdings konnte niemand diese These bestätigen (der KURIER berichtete). Das Verfahren gegen den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner wurde erst kürzlich eingestellt, weil kein Zeuge gefunden wurde.
In der Causa Kurz gibt es von Ex-ÖVP-Intimus Schmid eine Unmenge an Chats und ein Geständnis, mit dem er den ehemaligen Kanzler in mehreren Punkten schwer belastet. Ob die WKStA Schmid für glaubwürdig genug hält, ist noch unklar. Den angestrebten Kronzeugenstatus hat er jedenfalls noch nicht.
Kurz war im Juni 2020 im U-Ausschuss, im März 2021 starteten die Ermittlungen der WKStA, im Jänner 2023 waren diese abgeschlossen. Das ist fast fünf Monate her – was dauert da so lange?
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Öffentlich relevant
Die Causa Kurz ist ein sogenanntes „clamoroses“ Verfahren – eines, das öffentlich relevant ist. Und solche Causen haben, sind sie einmal ausermittelt, einen langen Weg vor sich.
Zunächst schickt die Staatsanwaltschaft einen Bericht über ihr Vorhaben – Anklage oder Einstellung – an die zuständige Oberstaatsanwaltschaft (OStA), dann geht der Bericht ins Justizministerium und verschwindet dort in einem „schwarzen Loch“, wie ein Justiz-Kenner es ausdrückt. Wo genau sich der Bericht zu welchem Zeitpunkt befindet, weiß niemand so genau. Befasst sind die Sektion Einzelstrafsachen mit ihrer Leitung und diversen Referenten sowie die Justizministerin selbst.
Warum der Bericht zur Causa Kurz so lange im Ministerium lag, ist unklar. Möglich, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen WKStA, OStA und Sektion gab. Wenn eine Weisung geplant ist, dauert es logischerweise länger, als wenn das Vorhaben einfach abgesegnet wird.
Rat vom Weisungsrat
Die nächste Station ist der Weisungsrat. Zumindest dort gehe es relativ rasch, sagt Werner Pleischl, ehemaliger Vorsitzender und Generalprokurator.
Welche Aufgabe hat der Weisungsrat? Er berät die Justizministerin – aktuell Alma Zadić (Grüne) – eben unter anderem in Fällen, die von besonderem öffentlichen Interesse sind. Aktueller Vorsitzender des Weisungsrats ist der Leiter der Generalprokurator, Franz Plöchl – der Ende August in Pension geht. Das Justizministerium hat die Stelle ausgeschrieben, einen Nachfolger gibt es laut KURIER-Informationen noch nicht. Plöchl hat im Weisungsrat wiederum vier Stellvertreter – jeweils Generalanwälte. Dazu kommen je zwei weitere Mitglieder und Ersatzmitglieder.
Der Weisungsrat tagt im Schnitt zwei Mal pro Monat. Jeder liest die Berichte, dann wird diskutiert und schließlich entschieden, ob man dem Vorhaben „beitritt“ oder nicht, schildert Pleischl. In seltenen Fällen werde die Sektion ersucht, weitere Unterlagen beizuschaffen. „Dann wird noch einmal beraten. Im Prinzip wird jeder Fall, der nicht sehr umfangreich ist, in wenigen Wochen erledigt.“
Im Grunde verfasst der Weisungsrat also ein Gutachten mit einem Rat an die Justizministerin. Und auch wenn die letztendliche Entscheidung der Ministerien obliegt: An Empfehlungen des Weisungsrats habe sich seit der Einrichtung durch Wolfgang Brandstetter seines Wissens noch jeder Minister gehalten, sagt Pleischl.
Dann tritt der Bericht den Rückweg über die Sektion und die OStA zur WKStA an. Am Ende wird auch die Öffentlichkeit informiert. Der KURIER bleibt dran.
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