"Sebastian Kurz war Personalpolitik grundsätzlich ein wichtiges Anliegen“, sagt der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid als Zeuge vor Gericht.
Hartwig Löger, damals ÖVP-Finanzminister, hat im Zeugenstand ein „Erinnerungsdilemma“, sagt angesichts des vom Richter vorgehaltenen türkis-blauen Sideletters zur Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrats: „Ich werde diese Unterlage mein Leben lang nicht vergessen.“
War Sebastian Kurz einst als Bundeskanzler und ÖVP-Chef in die Besetzung der Österreichischen Beteiligungs AG informiert oder involviert? Hat er als Auskunftsperson im U-Ausschuss die Wahrheit gesagt – oder eben nicht? Das soll der Prozess gegen Kurz und seinen ehemaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli klären.
Ehe es am 10. Jänner 2024 im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts für Strafsachen weitergeht, haben sich die Österreicher bereits Meinung gebildet. 38 Prozent der von OGM für den KURIER Befragten (1.141 wahlberechtigte Österreicher/Schwankungsbreite +/– 2,9 %) gehen davon aus, dass Sebastian Kurz einen Freispruch erhalten wird.
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Mit einem Schuldspruch rechnen 30 %. "Es gibt einen klaren Meinungsgraben zwischen Links und Rechts“, sagt OGM-Chef und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer angesichts von 63 % der deklarierten ÖVP-Wähler und 42 % der FPÖ-Wähler, die von einem Freispruch ausgehen, während 54 % der Grün-Wähler und 47 % der SPÖ-Wählerschaft mit einem Schuldspruch rechnen. 23 % geben indes an, den Prozess gar nicht zu verfolgen.
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Den Grund, warum Sebastian Kurz sich vor Gericht verantworten muss – Falschaussage – „hält jede dritte befragte Person für ein schweres Vergehen“, erklärt Bachmayer das Umfrageergebnis. Geht es nach Parteipräferenzen, so haben insbesondere Grün-Wähler (54 %) gefolgt von SPÖ- (49 %) und Neos-Wählern (37 %) diesbezüglich ein besonderes Unrechtsbewusstsein.
Unter „übliche Absprachen und Machtspiele“ firmiert der Vorwurf dieser Falschaussage bei 34 % der Befragten – insbesondere für die Neos-Wählerschaft (44 %). Die Wähler der anderen Parlamentsparteien sind diesbezüglich fast eines Sinnes – das Votum changiert zwischen 34 % bei den ÖVP-Wählern und 30 % bei den SPÖ-Wählern.
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27 % geben an, „dass jeder Chef die wichtigsten Positionen mit eigenen Leuten besetzt“. Für „ganz normal“ halten das mehrheitlich deklarierte ÖVP-Wähler (55 %). Weit abgeschlagen in dieser Frage die freiheitlichen Wähler mit 25 %. Neos- und SPÖ-Sympathisanten sind in der Frage fast gleich auf. Ganz anders die Einstellung des türkisen Koalitionspartners. In Relation „nur“ 8 % der Grün-Wähler halten die Besetzung eigener Leute für normal. Bachmayer resümiert: „Knapp zwei Drittel halten Packeleien in der Politik – quer durch alle Parteien – für normal“.
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