27 Dinge, die man über die EU-Wahl wissen muss

27 Dinge, die man über die EU-Wahl wissen muss
Fun Facts. Warum die EU-Wahl auch in Südamerika stattfindet, die Frauenquote nur langsam steigt und die Italiener heute am längsten ausschlafen dürfen

Von Christian Böhmer, Bernhard Gaul und Charlotte Pichler

Heute, Sonntag, findet in allen 27 EU-Staaten die Wahl zum EU-Parlament statt. In der EU werden inzwischen wesentliche Entscheidungen für unser aller Leben getroffen, daher ist es enorm wichtig, welche Parteien künftig das Sagen haben und welche Mehrheiten nach der Wahl möglich sind.

Was Sie sonst noch alles zur EU-Wahl wissen sollten:

Ein weltweites Unikum: Das EU-Parlament ist die weltweit einzige direkt gewählte transnationale Versammlung.

Kleine Länder haben mehr: Das EU-Parlament zählt 720 Abgeordnete, und es gilt der Grundsatz der degressiven Proportionalität. Was bedeutet das? Größere Länder stellen im Parlament verhältnismäßig weniger Abgeordnete als kleine. Die meisten Abgeordneten hat Deutschland (96), die wenigsten die Länder Zypern, Luxemburg und Malta mit 6.

20 kommen aus Österreich: Österreich hat ein Kontingent von 20 Abgeordneten – und über diese entscheiden die österreichischen Wahlberechtigten. Das sind zum Stichtag 6.372.177 Personen. Rechnerisch ergäbe das ein Mandat für je fünf Prozent der Stimmen, tatsächlich sind es etwas weniger – wegen der Weißwähler und der Stimmen für Parteien, die den Einzug nicht schaffen.

Jüngste Wähler: Wahlberechtigt ist in Österreich jeder, der spätestens am Wahltag 16 Jahre alt ist. Das „Sweet Sixteen“-Wahlrecht gilt jedoch nur für vier von 27 Mitgliedsstaaten. Darunter ist zum ersten Mal auch Deutschland. In allen anderen Staaten müssen die Wähler mindestens 17 bzw. 18 Jahre alt sein. In Ungarn können Verheiratete unabhängig vom Alter wählen.

Sehr viele Wähler: In ganz Europa dürfen 359 Millionen Menschen über die Zusammensetzung des EU-Parlaments abstimmen.

Qual der Wahl: Auf dem Stimmzettel in Österreich stehen sieben Parteien. Neben den fünf im Parlament vertretenen sind das außerdem die KPÖ (Kommunistische Partei) und die corona-maßnahmenkritische Liste DNA. Beide haben es geschafft, österreichweit 2.600 Unterschriften zu sammeln, um zu kandidieren.

Was erlaubt ist: Eine Stimme ist auch dann gültig, wenn man den Stimmzettel zu einem Papierflieger faltet.

Was nicht erlaubt ist: Es ist streng verboten, das Wahlkuvert künstlerisch zu verzieren. Es droht eine Strafe von 218 Euro.

Wahlentscheidungshilfe: Wer sich heute noch immer nicht sicher ist, wem er bei der EU-Wahl seine Stimme geben soll, der kann sich online bei den Entscheidungshilfen ivote.at, palumba.eu, wahlrechner.at oder wahlchecker.at inspirieren lassen.

Entscheidung im Weltall: Der Wähler, der vertikal am weitesten entfernt von Europa das EU-Parlament mit gewählt hat, heißt Alexander Gerst: Er war 2014 Astronaut auf der ISS-Raumstation – und konnte dank eines speziellen eMail-Systems seine Stimme von der Raumstation aus abgeben.

Was das EU-Parlament so tut: Das EU-Parlament formuliert Vorschläge zur europäischen Gesetzgebung und ist Kontrollorgan für den Haushalt und Institutionen der EU-Kommission und des Rates der EU. Außerdem wählt es den Präsidenten bzw. die Präsidentin der EU-Kommission. Zurzeit ist das die Deutsche Ursula von der Leyen.

Mit einem ... auf zwei Kirtagen: Das Europäische Parlament hat zwei Sitze: einen in Brüssel, einen in Straßburg. Alle bisherigen Versuche für eine „single seat“-Institution, also ohne Straßburg, scheiterten am Veto aus Frankreich.

Alle fünf Jahre wieder: Das EU-Parlament wird alle fünf Jahre neu gewählt. 1979 fand die Wahl zum ersten Mal statt.

Europa liegt auch in Südamerika: Die Europäische Union ist nicht nur in Europa: Auch die französischen Übersee-Départements Französisch-Guayana, die Karibikinseln Martinique und Guadeloupe sowie im Indischen Ozean Réunion und Mayotte, außerdem die Kanaren, Ceuta und Melilla als Teile Spaniens und die portugiesischen Inselgruppen der Azoren und Madeira sind Teil der EU.

Die Macht der Sieben: Die EU-Abgeordneten sind in Fraktionen zusammengeschlossen – nicht nach Nationalität, sondern nach politischer Zugehörigkeit. Derzeit gibt es sieben Fraktionen. Mindestens 23 Abgeordnete sind erforderlich, um eine Fraktion zu bilden.

Wie wählen die anderen? Alle Wahlergebnisse sind auf results.elections.europa.eu/de/

Europarat ist nicht EU: Der Europarat wurde im Mai 1949 gegründet, ihm gehören 46 Staaten mit über 700 Millionen Bürgern an, er ist ein Forum für Debatten über allgemeine europäische Fragen und hat rein gar nichts mit der Europäischen Union zu tun.

Wahlbeteiligung: Belgien hatte 2019 mit 85,5 Prozent die höchste Wahlbeteiligung (dort herrscht Wahlpflicht), die Slowakei (keine Wahlpflicht) im mit 22,7 Prozent die geringste. In Österreich lag sie bei 59,6 Prozent.

Sie können ausschlafen: Die Wahllokale sperren am Sonntag zwischen 6 Uhr und 8 Uhr auf. In den meisten Wahllokalen muss die Stimme bis 16 Uhr abgegeben werden. Die Wiener können sich bis 17 Uhr Zeit lassen. In Vorarlberg schließen die Wahllokale bereits gegen 13 Uhr.

Bei uns ist es vorzüglich: Die EU-Mitgliedsstaaten können sich bei der Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Wahlsystemen entscheiden: In manchen Staaten wählen die Bürgerinnen und Bürger nur Parteien, die dann selbst einen Kandidaten aufstellen (geschlossenes Listensystem). In den meisten werden die Kandidaten jedoch direkt gewählt (Vorzugslistensystem).

Indien ist größer als 27 Staaten: Die Europawahlen sind die zweitgrößten demokratischen Wahlen der Welt. Indien ist das einzige Land, in dem noch mehr Menschen ein Parlament wählen bzw. wahlberechtigt sind, nämlich derzeit rund 969 Millionen Menschen.

EU vs. USA vs. BRICS: Die EU ist mit 14,8 Prozent Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung nur auf Platz 3. Vor uns liegen mit 15,5 Prozent die Vereinigten Staaten. Viel größer ist der (lose) BRICS-Staatenbund, also Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, mit einem Anteil an der Weltwirtschaft von 31,8 Prozent.

Es wird nur langsam weiblicher: Die Frauenquote an Abgeordneten im Parlament ist seit der ersten Europawahl 1979 von 16,3 % auf 40,4 % 2019 angestiegen.

Keine Überraschung hier: Die deutsche Bild-Zeitung erklärte das Wahlplakat der FPÖ zum „ekelhaftesten Wahlplakat 2024“.

Italien kann richtig ausschlafen: Mit der Veröffentlichung der Wahlergebnisse müssen alle Mitgliedsstaaten auf Italien warten. Dort schließen die Wahllokale erst um 23 Uhr. Mit der Veröffentlichung wartet man, bis alle Mitgliedsstaaten abgestimmt haben, weil Wählerinnen und Wähler nicht durch die Ergebnisse in anderen Ländern beeinflusst werden sollen.

Die Könige von Europa: Apropos Demokratie: In Belgien (Philippe, König der Belgier), Dänemark (Frederik X.), Luxemburg (Großherzog Henri), Niederlande (Willem-Alexander), Spanien (Felipe VI.) und Schweden (Carl XVI. Gustaf) ist die Regierungsform eine parlamentarische Monarchie. Der Monarch hat aber im Gegensatz zur konstitutionellen Monarchie nicht die Möglichkeit, die Regierung abzusetzen, und übt in der Regel wenig bis gar keinen Einfluss auf die Staatsgeschäfte aus.

Worum es eigentlich ging: Wichtige Themen im Wahlkampf waren der Krieg in der Ukraine, Bekämpfung des Klimawandels, der illegalen Migration und des Green Deals. Und in Österreich der Charakter von Lena Schilling.

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