Foglar fordert „grundlegende Kurskorrektur der EU“

Foglar fordert „grundlegende Kurskorrektur der EU“
Bei einer Diskussionsveranstaltung kritisierte der ÖGB-Präsident die bisherigen Lösungsmaßnahmen für die Schuldenkrise

"Wir wollen mehr Europa, wir wollen aber mehr von einem anderen Europa“, sagte Erich Foglar, der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) Dienstagabend bei einer hochrangig besetzten Diskussionsveranstaltung zum Thema: „Europas Zukunft – Sparen statt Wachsen?“ Der ÖGB lud gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik zu der Debatte kurz vor dem EU-Gipfel ein. Bisherige Maßnahmen der EU zur Lösung der Finanz- und Schuldenkrise sind für Foglar „zu langsam, zu zögerlich und unzureichend“ gewesen. „Es war ein einseitiges Kaputtsparen, Wachstum und Beschäftigung wurden vernachlässigt, der Druck auf Löhne und Sozialstandards nahm zu, die Arbeitslosigkeit stieg an.“ Vom bevorstehenden EU-Gipfel erwartet sich der ÖGB-Chef eine „Richtungsentscheidung, eine grundlegende Kurskorrektur der EU-Politik“. Neben Haushaltsdisziplin – „dazu bekenne ich mich“ – verlangt er eine Politik, die Wachstum fördert, die Arbeitslosigkeit bekämpft, mehr Geld in Bildung investiert und Vermögenssteuern einführt.

Kein Gehör

Foglar kritisierte, dass Gewerkschaften und Sozialpartner von den EU-Spitzen nicht gehört werden. Als „Wertschätzung“ bezeichnete er das Kommen von Bundeskanzler Werner Faymann und seine Rede. „Faymann war einer der wenigen Regierungschefs, der unsere Forderungen für Wachstum, für die Einführung der Finanztransaktionssteuer und für das europäische Sozialmodell unterstützt hat.“ Mehr Europa – und darüber herrschte Konsens unter den Diskutanten – bedeutet künftig auch Abgabe von nationaler Souveränität an Brüssel. Dieser Prozess müsse aber behutsam vor sich gehen. „Fairness und Gerechtigkeit dürfen dabei nicht zu kurz kommen“, sagte Faymann. „Europa ist nicht nur eine Wettbewerbszone.“ Neben dem Bundeskanzler, der auch die neue Architektur Europas erklärte ( siehe Artikel oben ) und Foglar diskutierten Nicolas Schmit, Luxemburgs Minister für Arbeit, Beschäftigung und Einwanderung, Siemens-Vorstandsmitglied Eveline Steinberger-Kern und Madeleine Mahovsky, Kabinettschefin von Währungskommissar Olli Rehn. Entschieden wies Mahovsky den Titel der Veranstaltung zurück: „Es geht um Sparen und Wachsen, wir brauchen beides.“ Für Steinberger-Kern setzt „Wachsen auch Innovation und Kreativität“ voraus. Schmit betonte, dass „Wachstum ein Instrument der Konsolidierung ist“. Es brauche ein „neues Verständnis für Sparen und Wachsen“. Der Luxemburger appellierte an die EU-Granden, die Probleme in den Griff zu bekommen: „Die Lage ist extrem ernst.“ In der Debatte im vollen Gewerkschaftssaal ging es auch um den „demokratische Unterbau“ für den Souveränitätstransfer. Bisher fehle dieser. Das EU-Parlament müsse gestärkt, die EU-Spitze demokratisch gewählt und kontrolliert werden.

Steuergerechtigkeit

Ein großes Anliegen war vielen die Steuergerechtigkeit in der EU. Wie könne es sein, dass reiche Griechen mehr als 200 Milliarden Euro auf Schweizer Banken liegen haben ohne dafür Steuern zu zahlen? Angesprochen wurde auch die hohe Jugendarbeitslosigkeit in manchen Staaten – in Griechenland und Spanien sind mehr als 52 Prozent der bis zu 25-Jährigen ohne Job. Dazu Foglar: „Eine Generation, die ihrer Chancen und Lebensgrundlagen beraubt ist, ist sozial explosiv.“

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