"Zynisch und verantwortungslos": NGOs vermissen Hilfe vor Ort

Wieviel investiert Österreich in Hilfe vor Ort? Die heimische Entwicklungshilfe im KURIER-Faktencheck.

Europa muss sich abschotten – zumindest wenn es nach den rechtspopulistischen Wortführern in der Asyl-Debatte geht. Beim Thema Grenzschließung sind sich Innenminister Herbert Kickl ( FPÖ) und seine deutschen bzw. italienischen Amtskollegen Horst Seehofer und Matteo Salvini einig. Als Nachsatz zu dieser Forderung heißt es normalerweise, man müsse die „Hilfe vor Ort“ verstärken.

Aber was ist dran an diesem Versprechen? Wenn man sich die offiziellen Zahlen der kürzlich ausgerufenen „Kooperation der Tätigen“ anschaut: nicht viel.

Die EU schreibt vor, dass öffentliche Entwicklungshilfeleistungen (ODA) 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens betragen müssen. In Österreich waren es 2017 gerade einmal 0,3 Prozent (1,09 Milliarden Euro). Im Vergleich ist Italien mit 0,29 Prozent (5 Milliarden) nah an Österreich. Deutschland konnte die Vorgaben 2016 erfüllen, 2017 waren es wieder nur 0,66 Prozent (21,9 Milliarden) – die Quote soll 2018 weiter auf 0,59 Prozent sinken. Vom EU-Ziel ist man noch immer weit entfernt.

Die Gelder der Entwicklungshilfe werden in verschiedene Töpfe aufgeteilt – wichtig sind für die österreichische Hilfe vor Ort die Agentur für Entwicklungszusammenarbeit ADA und der Auslandskatastrophenfonds. Die Mittel der ADA waren 2017 mit 93 Millionen Euro dotiert und werden laut Budgetplan nur in einem geringfügigen Ausmaß erhöht. Der Auslandskatastrophenfonds wurde sogar von 20 Millionen auf 15 Millionen Euro gekürzt.

Was die knappen Mittel für die Menschen vor Ort bedeuten, weiß Christoph Pinter, Chef des Wien-Büros der UN-Flüchtlingsorganisation (UNHCR): „Wir sprechen hier von grundlegenden Hilfeleistungen, die wir als UNHCR dann nicht mehr finanzieren können.“ Pinter erinnert an das Regierungsprogramm, in dem sich Österreich zu einer stärkeren Hilfe vor Ort bekennt.

Heftige Kritik an den geringen Mitteln äußert auch der Vorsitzende des NGO-Dachverbandes Globale Verantwortung, Dietmar Schreiner. Hilfe vor Ort sei in Österreich „zu einem Schlagwort verkommen“, der ohnehin bescheidene Beitrag zur Entwicklungshilfe sei weiter gesenkt worden. „Das ist schlichtweg zynisch und verantwortungslos.“

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