Neue Flüchtlingswelle: Spanien fordert EU-Hilfe
Leer stehende Lagerhallen, Sportanlagen, still gelegte Fischkutter in den Häfen: An der Südküste Spanien füllt sich derzeit jedes verfügbare Notquartier. Die tägliche Ankunft von Hunderten Flüchtlingen überfordert die lokalen Behörden. In der Küstenstadt Algeciras ließ man die Menschen erst gar nicht an Land. Sie mussten Tage auf dem Rettungsschiff, das sie geborgen hatte, ausharren.
Spanien, einst zu Beginn des Jahrtausends das erste europäische Land, das eine Flüchtlingswelle über das Mittelmeer erlebt hatte, wird erneut zum Brennpunkt der Mittelmeerroute. Seit Jahresbeginn verzeichnet man wieder mehr Ankünfte als Italien, Tendenz (siehe auch Grafik) stark steigend. Die erst seit Juni im Amt befindliche Regierung des Sozialisten Pedro Sanchez wiegelte über Wochen beharrlich ab: Es gebe keinerlei Engpässe bei Unterbringung und Versorgung der Asylwerber. Doch in internen Papieren, wie die Tageszeitung El Mundo berichtet, spricht das Innenministerium klar von einer „Notsituation“. Man rechnet mit Ankünften von mehr als 10.000 Menschen in den kommenden drei Monaten, solange es gute Bedingungen für eine Überfahrt über das Mittelmeer gibt. Dazu kommt die akute Verschärfung der Situation in den spanischen Exklaven in Marokko, Ceuta und Melilla, dort haben erst in der Vorwoche etwa 600 Menschen die fünf Meter hohen Grenzzäune überwunden und spanisches Hoheitsgebiet und damit die EU erreicht.
Politisches Hick Hack
Am Montag schließlich wandte sich Sanchez doch an Brüssel. In einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte er Hilfe in der aktuellen Notlage. Die EU solle ihre Zusage vom Flüchtlingsgipfel im Juni einlösen, die am stärksten betroffenen Mitgliedsstaaten stärker zu unterstützen.
Spaniens rechte Opposition nützte die Krise umgehend, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Pablo Casado, der neue Chef der konservativen Volkspartei PP, sprach von der notwendigen „Verteidigung der Grenzen“ und dass „Spanien nicht Millionen von Afrikanern aufnehmen“ könne. Fast gleichlautend auch Albert Rivera, Chef der rechtsliberalen Ciudadanos, der eigens nach Ceuta gereist war, um dort „die Sicherheitskräfte zu unterstützen“. Europäische Wohlfahrtsstaaten könnten einfach nicht „Millionen von Afrikanern absorbieren. Gehen wir ehrlich mit dieser Frage um“.
In den betroffenen Gebieten weiß man sich unterdessen nicht anders zu helfen, als viele der Flüchtlinge nach ein paar Tagen aus den überfüllten Quartieren zu entlassen, um Neuankömmlingen Platz zu machen. Sie werden mit der Aufforderung, das Land zu verlassen, verabschiedet – und tauchen danach unter. Sklavenarbeit als Erntehelfer auf den Plantagen Andalusiens gibt es genug.
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