Zu Besuch in einer rechten Hochburg Frankreichs: "Ich hasse den Präsidenten"

Zu Besuch in einer rechten Hochburg Frankreichs: "Ich hasse den Präsidenten"
In der malerischen Kleinstadt Villers-Cotterêts scheint die Parlamentswahl längst geschlagen zu sein. Der KURIER fragte vor Ort nach, warum so viele hier den Rassemblement National wählen.

Die Sonne brennt so stark an diesem Junitag im nordfranzösischen Städtchen Villers-Cotterêts, dass sich die Gäste der Bar des PTT ins Innere verziehen. Für den Abend haben sie sich verabredet, um hier gemeinsam fernzusehen, aber nicht etwa die laufende Fußball-EM. 

„Mich interessiert die TV-Debatte“, sagt Sylvain, Ende 50, mit schmaler Brille, einer Kappe auf dem Kopf und freundlichem Lächeln. „Ich will genau hören, was Bardella zur Pensionsreform vorschlägt.“

Zu Besuch in einer rechten Hochburg Frankreichs: "Ich hasse den Präsidenten"

Sylvain, 50, gibt offen zu: "Ich hasse den Präsidenten, weil er sich für etwas Besseres hält und nur Politik für die Reichen macht."

An den Fernsehdiskussionen vor den beiden Runden der Parlamentswahlen, am 30. Juni sowie am 7. Juli, nehmen der Chef des rechtsextremen Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, und Premierminister Gabriel Attal teil, während sich die Vertreter des linken Bündnisses abwechseln. 

Es geht um die Fragen, die die Menschen besonders umtreiben: Kaufkraft, Einwanderung, das Schulsystem – und um die Pensionsreform von Präsident Emmanuel Macron. Trotz monatelanger Proteste erhöhte er Anfang 2023 das Pensionsantrittsalter von 62 auf 64 Jahre. Das haben ihm viele nicht verziehen. 

In Umfragen führt der RN auch deshalb deutlich, wobei unklar ist, ob es für eine absolute Mehrheit reichen wird. In Villers-Cotterêts hat der RN, wie in den meisten Bezirken im nördlichen Département Hauts-de-France, gute Chancen. Seit 2014 hat die Stadt einen rechten Bürgermeister, bei den Präsidentschaftswahlen 2022 erhielt Marine Le Pen hier 56 Prozent der Stimmen.

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