Ob zum Guten oder zum noch Schlechteren: Das Ergebnis der US-Wahlen wird die derzeit – unterkühlten – Beziehungen zwischen EU und USA verändern, sagt Anthony Gardner, früherer US-Botschafter für die EU.
KURIER: Können die Beziehungen überhaupt noch schlechter werden, wenn Präsident Trump wieder gewählt werden sollte?
Anthony Gardner: Warum sollte sich Trump besser benehmen, wenn er keine Wiederwahl mehr fürchten muss und fast keine Grenzen bei seiner Außenpolitik hat? Das wird er eben nicht! Weil seine Sanktionspolitik gegenüber China gescheitert ist, wird er sich mehr gegen Europa wenden. Er wird sagen: Oh, wir haben ein Handelsdefizit gegenüber Europa. Das muss weg! Er wird Europa noch mehr Sanktionen androhen, und er wird sich ganz besonders gegen Deutschland richten. Es würde also alles noch schlimmer werden.
Ist Trumps Kurs anti-europäisch oder ist er einfach „America first“?
Wohl beides. Das Problem mit Trump ist, dass er keine Ahnung hat, was die EU ist und was sie tut. Er sagt: Die EU ist schlimmer als China, nur kleiner. Er sieht sie als eine Art deutsche Erfindung, zum Zweck, die USA beim Handel zu übertrumpfen. So absurd das anmutet, zeigt es doch, wie seine Administration die EU sieht.
Anders herum: Würden sich die Beziehungen zu Europa mit einem US-Präsidenten Biden bessern?
Sie würden dramatisch besser werden! Am Tag eins seiner Präsidentschaft würden wir eine Ankündigung hören, dass sich die USA wieder dem Pariser Klimaabkommen anschließen. Und: Biden ist entschlossen, über die nächsten zehn Jahre 2.000 Milliarden Dollar zu investieren, um die US-Wirtschaft viel grüner zu machen.
Die USA würden auch versuchen, den Iran-Atomdeal zu retten. Und wir werden hören, dass die USA wieder ihre Alliierten, die NATO und die EU und die multilateralen Institutionen respektieren und mit ihnen arbeiten werden.
Würden auch die von Trump eingeführten Strafzölle gegen europäische Produkte wieder fallen?
Ich bin sehr optimistisch, dass eine Biden-Administration die Zölle auf Stahl und Aluminium wieder streichen wird. Sie hätten nie eingeführt werden dürfen, das war ein Missbrauch von Macht. Auch die Strafzoll-Drohung gegen importierte Autos aus Europa wird verschwinden.
So behandelt man Alliierte nicht. Wir müssen im Gegenteil viel enger mit der EU zusammenarbeiten. Die EU ist eine Handelssupermacht. Gemeinsam können wir viel größeren Druck gegen China aufbauen.
Würde auch ein Präsident Biden die EU unter Druck setzen wie Trump, wenn es darum geht, die Europäer vom Kauf von Huawei-Technologie abzubringen?
Nein, wie Trump die europäischen Partner behandelt hat, ist absolut inakzeptabel. Nämlich sie zu bevormunden, zu beleidigen und mit Sanktionen zu drohen. So behandelt man nicht einmal Feinde. Aber die Skepsis gegenüber Huawei – die teilen Republikaner und Demokraten.
Was glauben Sie – wird Biden gewinnen?
Ich bin vorsichtig optimistisch. Aber vor vier Jahren war ich so überrascht, dass ich dieses Mal nicht zu früh zu hoffen wagen.
Kommentare